Der verlorne Sohn
höchst neugierig.«
»Na, sehr einfach: Der Fürst des Elendes ist Spiritist.«
Bis jetzt hatte sich der Schmied verstellt; nun aber sagte er die Wahrheit, als er fragte:
»Spiritist? Was ist das? Das weiß ich gar nicht.«
»Sie haben noch nichts vom Spiritismus gehört?«
»Nein.«
»Von Leuten, welche Spiritisten genannt werden?«
»Nie.«
»Sie werden Spiritus trinken,« bemerkte da sein Sohn außerordentlich geistreich.
»Da irren Sie sich, mein Lieber!« lachte Arndt. »Spiritus ist ein fremdes Wort und bedeutet eigentlich Geist oder Seele. Spiritisten sind Leute, welche mit Geistern Umgang pflegen. Es giebt jetzt Solcher sehr Viele!«
»Sie wollen uns foppen!«
»Nein. Was hätte ich denn davon?«
»Es giebt keine Geister. Es kommt kein Verstorbener wieder. Noch Niemand hat einen gesehen.«
»Da irren Sie sich ganz bedeutend. Es ist freilich nicht ein jeder Mensch geeignet, mit Geistern zu verkehren. Wer aber diese Gabe hat, für den ist es sehr leicht. So Einen nennt man ein Medium. Das heißt nämlich Mittelsperson, weil durch ihn jeder Andere auch mit den Geistern verkehren kann. Ein jedes Medium hat einen bestimmten Geist; dieser Geist beantwortet ihm alle Fragen. Und weil der Geist Alles weiß, so ist es kein Wunder, wenn auch das Medium Alles erfährt, was es wissen will. Der Fürst des Elendes ist ein solches Medium.«
Die beiden Schmiede blickten einander mit großen Augen an. Sie wußten nicht, ob sie schimpfen oder lachen sollten.
»Das glauben Sie nicht?« fragte Arndt.
»Nicht eher, als bis ich ein solches Medium sehe!«
»Hm! Ah! Na, da könnte Rath geschaffen werden!«
Er blickte sich sehr vorsichtig um, ob er außer von den Zweien auch von Anderen noch gehört werde.
»Wollen Sie etwa sagen, daß auch Sie ein Medium sind?« fragte der Alte höchst gespannt.
»Ja, obgleich es noch nicht lange her ist, daß ich zu den Spiritisten gehörte. Ich glaubte erst auch nicht daran, bin aber sehr bald überzeugt worden, daß es kein Schwindel ist.«
»Und von einem solchen Medium kann man Alles erfahren?«
»Alles, geradezu alles, denn der Geist sagt es ihm.«
»Ist man dabei?«
»Natürlich, denn nur Anwesende können Fragen stellen.«
»Sieht man den Geist?«
»Nein, das ist ja unmöglich.«
»Aber man hört ihn?«
»Nur das Medium hört ihn, die Anderen hören ihn aber nicht, sondern nur die Antwort des Mediums. Man muß nämlich fragen; der Geist antwortet dem Medium und dieses giebt die Antworten laut wieder.«
»O, Sakkerlot, muß das schön sein! Ich möchte da doch einmal mitmachen! Ist das schwer?«
»Nein, sondern sogar sehr leicht. Es müssen nämlich drei Personen sein, drei, sechs, neun, zwölf. Die Zahl muß sich durch die Drei theilen lassen, weil diese die heilige Zahl ist.«
»Weiter ist nichts von Nöthen?«
»Nur noch Etwas, nämlich die Beschwörungsformel aus Faust’s dreifachem Höllenzwang.«
»Wer die doch wüßte.«
»Ich kenne sie.«
»Also wirklich, Sie sind ein Medium? Sie haben einen Geist, der Ihnen antwortet?«
»Ja. Der Geist muß verwandt mit Einem sein. Der meinige ist meinem Oheim seinem Vater und seiner Frau ihrem einzigen Enkelsohne sein Geist. Diese Verwandtschaft ist zwar etwas sehr weitläufig, doch das thut nichts.«
Der Schmied rechnete gar nicht nach, daß es da nur Arndt’s eigener Geist war. Er befand sich in einer Lage, welche ihm die Bekanntschaft eines Mediums sehr wünschenswerth machte, und darum fragte er: »Wie viel hat man für so Etwas zu bezahlen?«
»Gar nichts. Der Geist antwortet nur, wenn man keine Bezahlung nimmt. Schon hieraus müssen Sie erkennen, daß die Sache weder Betrug noch Schwindel ist.«
»Ah! Wenn Sie einmal so gut sein wollten –«
»Hm! Die Sache hat dennoch ihre Bedenken!«
»Welche?«
»Die Nerven, die Nerven! Ich weiß nicht, ob sie eine jede Antwort vertragen können.«
»O, was das anbelangt, so brauchen Sie gar nicht bange zu sein! Geht es am Tage oder nur des Nachts?«
»Auch am Tage, wenn man nämlich die Laden zumacht. Licht muß brennen, aber auch nur duster.«
Er sagte das, um den Beiden eine scharfe Beobachtung seines Gesichtes möglichst zu erschweren.
»Ah, wollen Sie uns den Gefallen thun? Haben Sie Zeit?«
»Zeit hätte ich; aber –«
»Was, aber?«
»Man muß allein und ungestört sein.«
»Wir haben oben ein Stübchen, wohin Niemand kommt.«
»Wird man nicht lauschen?«
»Nein.«
»Das ist gut, denn sonst würde der Geist nicht antworten. Aber es gehören
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