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Der verlorne Sohn

Der verlorne Sohn

Titel: Der verlorne Sohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Drei dazu. Sie und ich, wir sind nur Zwei.«
    »Mein Sohn macht mit.«
    »Ist der auch fest und muthig?«
    »Gerade so wie ich.«
    »Na, da könnten wir es ja versuchen. Ich thue es nicht mit einem Jeden; aber Sie sind brave und wißbegierige Leute; da will ich doch einmal eine Ausnahme machen. Es wäre da nur noch ein Bogen Papier nöthig.«
    »Papier habe ich oben.«
    »Schön! So ist Alles beisammen.«
    »Wollen wir hinaufgehen?«
    »Ja. Doch vorher will ich austrinken und bezahlen.«
    »Lassen Sie doch diese Kleinigkeit!«
    »Nein; ich darf nichts geschenkt nehmen, sonst würde ich doch keine Antwort erhalten.«
    Die zwei Schmiede waren fast fieberhaft erregt. Wenn dieser Fremde die Wahrheit sagte, so waren sie jetzt im Stande, Dinge zu erfahren, die ihnen von der allergrößten Wichtigkeit sein mußten. Sie führten ihn in ein kleines Oberstübchen, welches nur ein Fenster hatte. Der Laden wurde verschlossen und die Lampe angebrannt, deren Docht Arndt so weit zurückschraubte, daß Alles nur im Duster lag.
    »Kennen Sie das Tischrücken?« fragte er.
    »Ja,« antworteten Beide.
    »Haben Sie es selbst mitgemacht?«
    Auch das wurde bejaht.
    »Nun, so ganz ähnlich haben wir die Hände zu legen. Es muß eine Kette geschlossen werden, so daß unsere Finger rundum sich berühren. Jetzt das Papier!«
    Es wurde gebracht. Er zog seinen Bleistift hervor und malte seltsame Charactere darauf, ganz ohne Bedeutung, so wie sie ihm gerade einfielen. Als er damit fertig war, legte er es auf die Mitte des Tisches und bemerkte:»Jetzt legen wir die Hände an einander! So! Wenn ich die Nähe des Geistes fühle, können Sie fragen, was Sie wollen; er wird mir leise antworten, und ich sage es Ihnen laut.«
    »Wer soll fragen? Ich oder mein Sohn?«
    »Das ist ganz gleichgiltig, Sie oder er.«
    »Da werde doch lieber ich fragen.«
    »Schön! Also jetzt still!«
    Die nun eintretende Stille, das Düstere der Beleuchtung, die fremden Zeichen auf dem Papiere, das Abenteuerliche der ganzen Scene, wirkte so sehr auf die beiden Schmiede, daß es ihnen wirklich ganz geister-, ganz gespensterhaft zu Muthe wurde.
    Erst nach längerer Zeit gab Arndt das Zeichen, und mit stockender Stimme gab der Alte eine Frage, welche sich auf seine Familienverhältnisse bezog. Arndt hatte seine Jugend hier verlebt; er kannte diese Verhältnisse ganz genau, und so fiel die Antwort zur größten Ueberraschung der Beiden vollständig treffend aus.
    Arndt gebrauchte die Vorsicht, nach der Frage einige Augenblicke nach der Seite hinzulauschen, als ob da ein unsichtbares Wesen stehe, von welchem er die Auskunft zugeflüstert erhalte. Es folgten mehrere ähnliche Fragen, und jedes Mal fiel die Antwort streng nach der Wahrheit aus. Nach und nach entfernte sich der Fragende von den Familienverhältnissen, kam auf Weiteres und Verschiedenes und endlich auch – scheinbar unbemerkt – auf das Thema, welches für ihn die Hauptsache war. Er hatte keine Ahnung, daß er von dem fremden Holzhändler aus der fernen Residenz vollständig durchschaut werden könnte.
    »Giebt es wirklich einen Hauptmann in der Hauptstadt?« fragte er.
    »Ja, es giebt einen.«
    »Wer ist es?«
    »Ein großer Herr, ein Baron.«
    Der Alte erschrak; er hütete sich, diese Erkundigung fortzusetzen. Er fragte lieber:
    »Kennst Du den Waldkönig?«
    »Ich kenne mehrere.«
    »Wo wohnen sie?«
    »Hier, in Obersberg, bei Schacht Gottes-Segen und an anderen Orten.«
    Es fiel ihm gar nicht ein, nach den Namen zu fragen. Es wurde ihm angst und bange. Es war schwer, zu fragen, da ja der Fremde die Antworten auch bekam. Aber es mußte gewagt werden: »Wird hier an der Grenze geschmuggelt?«
    »Ja.«
    »Wann wieder?«
    »Heute.«
    »Zu welcher Zeit?«
    »Zwei Uhr nach Mitternacht.«
    Vater und Sohn blickten sich betroffen an. Eine solche Genauigkeit war großartig. Es gab keinen Zweifel: nur ein Geist konnte so antworten.
    »Wird es gelingen?«
    »Bei Verbrechen darf kein Geist so antworten; auch ist es ihm da verboten, einen Namen zu nennen.«
    Das war dem Alten außerordentlich lieb. Wenn bei Verbrechen kein Name genannt wurde, so konnte er ja ohne alle Sorge seine Fragen aussprechen.
    »Was ist heute auf dem Kirchhofe geschehen?«
    »Es wurde ein Grab geöffnet.«
    »Wer lag darin?«
    »Niemand.«
    »Wo ist die Leiche hin?«
    »Gestohlen worden.«
    »Von wem?«
    »Von einem Vater und seinem Sohne.«
    »Wohin wurde sie geschafft?«
    »In ein brennendes Schloß.«
    »Warum?«
    »Um sie mit einem lebenden Kinde

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