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Der verlorne Sohn

Der verlorne Sohn

Titel: Der verlorne Sohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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auf. Er stand den beiden riesenstarken Männern bei verschlossener Thür allein gegenüber, aber in seiner Hand glänzte bereits jene goldene Kugel, mit deren Hilfe er den Bruder des Riesen Bormann und noch Andere niedergestreckt hatte.
    »Der Fürst des Elendes?« rief der Alte. »Donnerwetter! Unser größter Feind!«
    »Ja, Ihr Feind, da Sie einer der Waldkönige sind, aber doch auch Ihr Freund, der es gut mit Ihnen meint.«
    »Gut!« lachte der Schmied. »Sie verfolgen die Pascher wohl aus lauter Güte? Uebrigens ersuche ich Sie, mich nicht unter die Waldkönige zu versetzen! Ich bin ein ehrlicher Mann und kein Schmuggler!«
    »Wirklich? Warum schreiben Sie Dieses hier?«
    Er drehte den Docht der Lampe empor, daß es heller wurde, und hielt ihm seine eigene Unterschrift vor:
    »Gelesen. Wird geschehen. Wolf, Schmied in Helfenstein.«
    »Alle Teufel, der Brief!«
    Mit einer blitzschnellen Bewegung langte der Alte nach demselben, aber Arndt war doch noch schneller und zog die Hand zurück, indem er ruhig antwortete: »Dieser Brief ist mein.«
    »Woher haben Sie ihn?«
    »Das brauche nur ich zu wissen.«
    Der Alte gab seinem Sohne einen Wink, in Folge dessen sich dieser an die Thür stellte, so daß Arndt nicht entkommen konnte; dann drohte er: »Herr, diese Quittung verlange ich zurück!«
    Arndt steckt sie trotzdem ein und antwortete:
    »Es ist allerdings möglich, daß ich sie Ihnen freiwillig gebe, mit Gewalt entreißen Sie mir dieselbe aber nicht.«
    »Oho! Sehen Sie uns an! Wir sind Zwei. Kommen wir Ihnen wie Schwächlinge vor! Wenn Sie nicht gehorchen, ist Ihnen Ihr Brod gebacken!«
    Arndt stieß ein kurzes, lustiges Lachen aus und sagte:
    »Sie vergessen, daß ich der Fürst des Elendes bin. Glauben Sie nicht, daß Sie mir gewachsen sind!«
    »Seien Sie, wer Sie wollen! Jetzt sind Sie in meiner Gewalt; Sie müssen gehorchen! Heraus mit dem Briefe!«
    »Pah! Gewalt führt zu nichts. Ich bin erbötig, mit Ihnen zu unterhandeln.«
    »Ich unterhandle nicht. Ich will den Brief. Geben Sie ihn nicht augenblicklich heraus, so schlage ich Sie nieder!«
    »Oder ich Sie Zwei!«
    »Das wollen wir sehen! Also jetzt –«
    Er trat drohend auf Arndt zu.
    »Gut! Jetzt! Hier!«
    Ein goldener Blitz zuckte an dem Gesichte des jungen Schmiedes vorüber, und im nächsten Augenblicke lag dieser starr wie ein Todter am Boden. Der Alte sah es und hielt vor Schreck ein. Dann aber brüllt er los: »Himmeldonnerwetter! Er ist todt! Hallunke, ich erwürge Dich!«
    Er drang auf Arndt ein. Dieser faßte seinen Arm, und – der Schmied stand still. Er fühlte einen eisernen Griff, dem er nicht widerstehen konnte.
    »Sie sehen, daß Sie nicht allein der Starke sind!« lachte Arndt. »Ich habe Sie nicht zu fürchten!«
    »Mensch! Sie sind ein Teufel!«
    »Nein, ich bin nur der Fürst des Elendes; es ist meine Gewohnheit, die Leute ganz in ihrer eigenen Manier zu behandeln. Sie wollten von Güte nichts wissen, nun wohl, so habe ich mich wehren müssen!«
    »Und meinen Sohn erschlagen!«
    »Nein, er ist nur betäubt! Nach einiger Zeit wird er erwachen und keine Folgen spüren. Legen Sie ihn dort auf die Bank! Dann setzen Sie sich wieder zu mir. Ich habe mit Ihnen zu sprechen.«
    Diese Worte und das ganze Auftreten des Sprechers machten einen unwiderstehlichen Eindruck auf den Schmied. Er untersuchte seinen Sohn, fand, daß derselbe unverletzt sei und ruhig athmete und trug ihn nach der Bank. Dann nahm er an dem Tische Platz, vor sich hinknirschend: »Gut, ich werde es versuchen! Aber treiben Sie den Spaß um Gotteswillen nicht zu weit!«
    »Keine Sorge! Ich bin jetzt in sehr ernster Stimmung.«
    Er zog eine Zigarre hervor, steckte sie in Brand und sagte dann in freundlicherem Tone:
    »Herr Wolf, ich habe gewisse Gründe, Ihnen freundlich gesinnt zu sein – –«
    »Davon merke ich nichts!«
    »Lassen Sie mich ausreden! Ich bin heute in der allerbesten Absicht zu Ihnen gekommen.«
    »Das wollen Sie mir weiß machen? Und doch nennen sie sich den Fürsten des Elendes!«
    »Ich bin er auch!«
    »Meinetwegen! Mich bringt das nicht zum fürchten. Sie sind eben auch ein Mensch. Gut, daß ich Sie einmal sehe. Auf diese Weise werden wir uns klar.«
    »Das ist eben mein Wunsch. Sie wandeln auf höchst gefährlichen Wegen, mein Lieber, und ich –«
    »Was geht Sie das an?« brauste der Alte auf.
    »Gut, es soll mich nichts angehen; aber ganz unberücksichtigt darf ich es doch nicht lassen, wenn Ihr Weg sich mit dem meinen kreuzt. Also, ich wiederhole,

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