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Der verlorne Sohn

Der verlorne Sohn

Titel: Der verlorne Sohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Röhren und Gummischläuchen, durch die es anderwärts zu laufen hat, ehe es in die Kehle kommt. Sie sind hier fremd, wie es scheint? Wenigstens habe ich Sie noch nicht gesehen.«
    »Möglich, obgleich ich weit umherkomme.«
    »Was für ein Landsmann sind sie denn?«
    »Aus der Hauptstadt.«
    »So? Aus der Residenz? Das hätte ich nicht errathen.«
    »Warum nicht?«
    »Sie sehen mehr nach dem Lande aus.«
    »Das ist sehr leicht möglich, denn mit was man umgeht, das pflegt Einem anzuhängen.«
    »Was sind Sie denn?«
    »Holzhändler.«
    »So, so! Da kommen Sie wohl in Geschäften in diese Gegend?«
    »Ja. Die Gebirgswaldungen sind holzreich; da giebt es eher einmal einen guten Kauf als bei uns in der Nähe der großen Städte, wo die Wälder selten sind.«
    »Es ist auch nicht mehr wie früher. Der Staat kauft nach und nach alle Privatwaldungen an sich, und die Regierung forstet anders, viel sparsamer als der Private.«
    »Das ist wahr. Aber grad mit der Regierung habe ich sehr gern zu thun. Kauft man von ihr, so weiß man genau, was man bekommt. Da giebt es keinen Schwindel.«
    »Möglich, obgleich es Viele giebt, die nicht an diese Solidität glauben wollen, zum Beispiel die Demokraten.«
    »Meinetwegen! Ich lasse Jedem seine Meinung.«
    »Das ist das Richtige. Da kommt man niemals in Conflict. Aber da muß ich sie einmal Etwas fragen. Wir leben hier so abgeschieden. Fremde kommen selten, und in unsern kleinen Zeitungsblättern steht auch nicht viel. Da ist man froh, wenn man einmal Einen trifft, der auch andere Gegenden gesehen hat.«
    »Fragen Sie nur! Ich stehe zu Diensten!«
    Die beiden Frauen hatten sich in die Küche zurückgezogen, der Sohn aber war geblieben. Er merkte, daß der Vater das Gespräch auf ein für sie Beide wichtiges Thema bringen wollte, und trat daher näher herbei.
    »Da war vor einiger Zeit,« sagte der Schmied, »ein Handelsmann bei uns, auch aus der Residenz, er erzählte von einem – einem – – na, wie nannte er ihn nur? Von einem Manne, der ein wahrer Schinderhans sein soll.«
    »In der Hauptstadt?«
    »Ja. Sie wollten ihn fangen, kriegten ihn aber nicht.«
    »Also ein Spitzbube? Ein Räuber?«
    »Ja.«
    »Er wird den Riesen Bormann gemeint haben.«
    »Nein. Der Name war anders.«
    »So hat er am Ende gar von dem Hauptmanne gesprochen.«
    »Hauptmann? Hauptmann? Ja, so hat er ihn genannt, wie ich glaube. Nicht? Du hast’s doch auch gehört.«
    »Ja,« nickte der Sohn. »Hauptmann nannte er ihn.«
    »Nun, was ist denn das eigentlich für ein Kerl?«
    »Hm! Wer das wüßte!« antwortete Arndt. »Aber kein Mensch weiß es ja!«
    »Ist er denn wirklich so ein verwegener Kerl?«
    »Ja. Er scheint eine sehr zahlreiche Bande zu besitzen, denn es vergeht fast kein Tag, an welchem nicht irgendeine Schlechtigkeit von ihm begangen wird.«
    »So mag man ihn doch fassen!«
    »Wo denn? Die Polizei mag sich alle ihre vielen Beine weglaufen und alle ihre Augen und Ohren aussehen und aushorchen – er ist eben nicht zu kriegen.«
    »Ich wollte es nicht glauben; ich hielt es für unmöglich, in so einer Stadt. Aber der Handelsmann erzählte doch, daß dieser Hauptmann jetzt einen Feind erhalten habe?«
    »Einen? Unsinn! Der Hauptmann hat tausend Feinde. Jeder ehrliche Mann muß sein Feind sein.«
    »So meinte ich es nicht. Es soll ein Mann aufgetaucht sein, der ebenso geheimnißvoll ist, wie der Hauptmann selbst. Er hatte einen so sonderbaren Namen.«
    »Ach so! Sie meinen wohl den Fürsten des Elendes?«
    »Ja, ja. Das wird der eigenthümliche Name gewesen sein. Ist es denn wahr, daß es einen solchen giebt?«
    »Ja, gewiß!«
    »Wer ist es denn?«
    »Da fragen Sie mich zu viel,« antwortete Arndt lachend. »Kein Mensch weiß, wer der Fürst des Elendes ist.«
    »Er soll gerade das Gegentheil von dem Hauptmanne sein?«
    »Das ist wahr. Er thut nur Gutes.«
    »Er soll Alles wissen und erfahren?«
    »Das hört man so. Für Einen, der das nicht versteht, ist es fast unbegreiflich, daß dieser Fürst des Elendes gerade Alles erfährt, was er wissen will.«
    »Für Einen, der es nicht versteht, sagen Sie? Das klingt ja gerade so, als ob Sie es verständen?«
    Arndt machte eine geheimnißvolle Miene, nickte nachdenklich mit dem Kopfe und antwortete:
    »Na, es giebt so Vieles unter der Sonne, was Tausende nicht begreifen, obgleich es sehr einfach ist. Wenn der Fürst des Elendes so ziemlich allwissend genannt werden kann, so klingt das wunderbar; für mich aber ist es kein Wunder.«
    »Da machen Sie mich

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