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Der verlorne Sohn

Der verlorne Sohn

Titel: Der verlorne Sohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Gustel oder die Karline, wenn sie mir bis dahin nicht zu alt und dumpfig geworden sind. Also, wie steht es mit den zwei Glas Bier?«
    »Die hast Du gewonnen!«
    »Aber trinken darf ich sie leider nicht. Meine Zeit ist vorbei. Ich muß zur Fütterung.«
    »So? Wen füttert Ihr denn?«
    »Die Gefangenen!«
    »Ach so! Ich dachte, andere Kreaturen! Na, füttern werdet Ihr sie wohl, aber nudeln nicht! Da Du das Bier jetzt nicht trinken kannst, so will ich Dir lieber das Geld geben. Hier hast Du einen Gulden.«
    »Sapperlot! Das ist zu viel!«
    »Nimm es nur! Vom Gevatter Deines Vaters, also von Deinem Pathen kannst Du es schon annehmen! Nicht?«
    »Ja, das denke ich auch. Also einen Gruß an die Eltern! Sie mögen immerhin erfahren, welche Geheimnisse man mir anvertraut und welche Kenntnisse ich schon besitze. Adieu.«
    »Adieu, Christian! Laß es Dir wohl ergehen im königlichen Dienste!«
    Sie trennten sich. Der Schmied hatte das, was er wissen wollte, viel, viel leichter erfahren, als er es für möglich gehalten hatte. Er kehrte mit dem nächsten Zuge nach der Heimath zurück. Auf dem Bahnhofe kaufte er sich eine Eisenbahnkarte, welche er mit nach Hause nahm.
    Dort angekommen, begab er sich mit seinem Sohne nach einem Kämmerchen, in welchem sie nicht belauscht werden konnten.
    »Ich bringe gute Botschaft,« sagte er. »Uebermorgen früh halb sechs Uhr fährt der Brandt in Begleitung des Wachtmeisters nach dem Zuchthause. Er ist zu lebenslänglichem Kerker begnadigt, ohne es zu wissen. Er wird es erst dort erfahren.«
    Der Sohn kratzte sich hinter den Ohren.
    »Daran sind wir schuld, Vater,« meinte er. »Wir müssen ihn unbedingt retten!«
    »Natürlich!«
    »Aber wie? Es wird wohl nur unterwegs gehen!«
    »Sonst nicht. Mein Plan ist fertig.«
    »Aber gefährlich wird es sein. Wir wagen das Leben und riskiren noch obendrein selbst das Zuchthaus!«

    »Das haben wir schon hundert Mal gethan! Zwei erfahrene Pascher, wie wir sind, werden es wohl fertigbringen, einen Menschen aus dem Coupee zu holen!«
    »Wie willst Du das anfangen? Das Abspringen während des Fahrens ist gefährlich. Ihr könnt Hals und Beine brechen, und dann steht die Sache noch schlimmer als vorher.«
    »So springen wir eben nicht im Fahren ab!«
    »Also während des Haltens auf einem Bahnhofe? Bist Du toll?«
    »Hat Dein Vater schon einmal etwas wirklich Tolles, Unsinniges unternommen? Ich dachte, Du würdest mich besser kennen! Höre mich einmal an! Die Strecke, welche Brandt fährt, hast Du stellenweise öfters auch schon benutzt?«
    »Sogar sehr oft!«
    »Kennst Du die Strecke zwischen Brandenau und Liebenstein?«
    »O, so gut wie meine Tasche! Hinter Brandenau geht es durch einen langen Tunnel und dann eine weite Strecke durch den Wald.«
    »Gut! Hinter dem Tunnel macht die Bahn eine ziemlich weite Curve, und dann geht sie schnurgerade über eine halbe Stunde lang durch den Wald. Hinter dieser Curve hast Du Dich rechtzeitig einzufinden.«
    »Ich? Was habe ich da zu thun?«
    »Ich weiß, daß dort im Walde viele große, einzelne Steine liegen. Ehe der Zug kommt, begeht der Bahnwärter die Strecke. Er darf Dich nicht sehen. Sobald Du den Zug kommen hörst, legst Du einen solchen Stein auf die Schienen.«
    »Donnerwetter! Soll der Zug verunglücken?«
    »Bei Leibe nicht! Die Bahn ist hinter der Curve so schnurgerade, daß der Maschinist den Stein zur rechten Zeit sehen wird und also halten kann. Das ist es grad, was ich will.«
    »Ah so! Ich verstehe! Du willst mitten im Walde mit ihm abspringen?«
    »Ja. Habe ich ihn einmal zwischen den Bäumen, dann soll ihn kein Mensch ergreifen. Dafür stehe ich ein.«
    »Wie ist meine Instruction weiter?«
    »Ich mache Dir ein Packet zusammen. Das nimmst Du mit und verbirgst es am Dachsberge, welcher nur eine halbe Stunde weit von jener Curve entfernt liegt. An der Seite des Dachsberges steht eine riesige Eiche, welche Du kennen wirst?«
    »Oh, sehr gut!«
    »Bei ihr treffen wir zusammen. Das Packet enthält Kleidungsstücke und allerlei Anderes für Brandt, wodurch wir ihn unkenntlich machen werden.«
    »Und dann?«

»Das wird sich erst finden, wenn wir wissen, was Brandt zu thun beschließt.«
    »Ich denke, daß er vor allen Dingen seine Eltern sehen will, um von ihnen Abschied zu nehmen.«
    »Das befürchte ich auch. Wir müssen uns also vorsehen. Die Hauptsache bei Allem ist, daß Du, nachdem Du die Kleider versteckt hast, auf Deinem Posten bist. Fehlst Du zur geeigneten Zeit, so kann Alles verloren sein,

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