Der verlorne Sohn
meine Legitimation ja in den Händen gehabt. Uebrigens habe ich Aller Ehrenwort, das tiefste Stillschweigen einzuhalten. Herr Assessor von Schubert, Sie werden in dieser Angelegenheit viel Arbeit erhalten.«
Der Angeredete verbeugte sich tief und antwortete unter glückstrahlendem Gesichte:
»Durchlaucht geben mir so sehr Gelegenheit, mir das Vertrauen meiner Oberbehörde zu erwerben, daß ich nicht genug dankbar sein kann!«
Dann wurden sie Alle außer Alma und dem Obersten entlassen. Dieser Letztere war bis jetzt im Zimmer hin und her gegangen.
»Wer hätte das gedacht!« sagte er.
»Nun endlich kennen Sie den Mörder,« meinte der Fürst. »Sie werden besser von Brandt denken.«
»Durchlaucht, wenn ich diesen Kerl hier hätte, ich zerruppte ihn vor Reue, daß ich ihm unschuldiger Weise die Hölle gewünscht habe. Soll auch ich Schweigen bewahren?«
»Natürlich!«
»Meine Frau und meine Tochter –?«
»Erfahren es auch später zeitig genug.«
»Na, ganz wie Sie wollen! Aber haben Sie wirklich die Absicht, diesen Baron Franz von Helfenstein immer noch länger laufen zu lassen?«
»Lange nicht mehr. Die Falle ist bereits fertig. Ich brauche sie ihm nur vor die Füße zu legen, so läuft er ganz sicher hinein.«
»Nur zu, nur zu! Dann werde auch ich ein Wort mit dem Schurken sprechen, da ich für jetzt noch still sein muß. Nun aber darf ich mich empfehlen. Oder bekomme ich die Erlaubniß, Fräulein von Helfenstein begleiten zu dürfen?«
»Bitte, mir das Fräulein noch kurze Zeit zu überlassen. Es giebt noch Einiges zu besprechen.«
»So? Gute Nacht, meine Herrschaften! Hoffentlich sehe ich Sie schon morgen wieder bei mir!«
Alma hatte bis jetzt auf ihrem Sessel keine Bewegung gemacht. Als aber Hellenbach die Thür zugemacht hatte, fuhr sie auf, kam herbei und warf sich mit einem Schrei an die Brust des Fürsten. Er drückte sie an sich und flüsterte ihr zu: »Nicht wahr, es war fast zu viel!«
Ein heftiges Schluchzen war die Antwort.
»Komm, Kind, ruhe Dich aus!«
Er zog sie auf den Divan neben sich nieder und nahm ihr Köpfchen an sein Herz. Sie weinte lange, lange Zeit vor sich hin, dann wurde sie endlich ruhiger.
»Jetzt erst habe ich eingesehen, wie und was Du gelitten haben mußt!« sagte sie.
»Ja, ich war sehr unglücklich, meine Alma, doch ist es zu meinem Heile gewesen. Gott hat mich dafür in anderer Weise gesegnet. Hätte die Baronesse den armen, bürgerlichen Försterssohn lieben dürfen?«
»Ich hätte nicht darnach gefragt. Du wärst avancirt. Vielleicht wärst Du heute –«
»Polizeiminister, nicht?« lächelte er.
»Warum nicht?«
»Nun, so ist es doch immerhin besser. Was sagst Du zu Deiner einstigen Zofe, Alma?«
»Sie ist ein teuflisches Wesen.«
»Ja. Aber sie hat jetzt ausgestanden, was Tausende nicht überstanden hätten. Und weißt Du, wer daran schuld war?«
»Nein. Wer war es?«
»Ich.«
»Ah, Du? Daß sie in diese Lethargie versank?«
»Ja. Es war das, wie ich mich einmal rühmen will, ein Meisterstückchen von mir. Ich mußte sie mit Haß und Rachsucht gegen ihren Mann erfüllen, damit sie an ihm zur Verrätherin werde; darum veranlaßte ich ihn, sie nach Rollenburg zu schaffen.«
»Gab er ihr auch das Gift auf Deine Veranlassung hin?«
»Nein. Nun aber ist sie seine größte Feindin geworden.«
»Du meinst, daß sie ihr Geständniß nicht bereuen wird?«
»Nein. Sie wird von ihrer Rache nicht lassen.«
»Es war entsetzlich, was ich hörte! Armer, armer Vater! Ich sehe ihn noch im Blute vor mir liegen! Und weißt Du, was mich am Tiefsten betrübt?«
»Sage es, mein Leben!«
»Daß Robert wirklich verbrannt ist.«
»Noch glaube ich es nicht.«
»Sie sagte es doch!«
»Entweder weiß sie wirklich nichts, oder sie hat einen Grund, es nicht zu sagen.«
»Die Schmiede wissen es.«
»Sie werden es gestehen müssen. Ich werde überhaupt dafür sorgen, daß sie sich baldigst aller ihrer Geheimnisse entledigen. Wir haben noch so Vieles zu besprechen, liebe Alma. Darf ich Dich morgen besuchen?«
»O bitte, komm!«
»Und heute fahre ich Dich heim?«
»Willst Du denn, Du lieber, lieber Mann?«
»Nicht gern!«
»Ah! Nicht? Warum?«
»Weil, so lange ich Dich heimfahren muß, Du an einem anderen Orte wohnst als ich.«
»Du meinst, ich sollte eigentlich bei Dir wohnen?«
»Ja! Ich muß mich aber noch gedulden.«
Ungefähr um dieselbe Zeit traten zwei junge Herren in ein Haus des Altmarktes. Die erste Etage desselben enthielt eine Weinlocalität,
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