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Der verlorne Sohn

Der verlorne Sohn

Titel: Der verlorne Sohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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thun?«
    »Er wird schwören, daß Sie diesen Wechsel wirklich acceptirt haben, Herr Levi.«
    »Sein Schwur wird sein ein Meineid!«
    »Aber Sie werden viele Scherereien haben. Ich an Ihrer Stelle würde ihn nicht hinauswerfen. Ich wüßte ein anderes Mittel, den Wechsel ohne Zahlung zurück zu erhalten.«
    »Welches Mittel wäre das?«
    »Ich würde ihm seinen Revers präsentiren.«
    Salomon Levi that vor Schreck einen Sprung.
    »Revers?« rief er aus.
    »Ja.«
    »Weiß ich doch nicht, was Sie meinen!«
    »Nun, den Revers, welchen er Ihnen ausgestellt hat.«
    »Er hat mir nichts ausgestellt, keinen Revers, kein Papier, keine Zeile, kein einziges Wort!«
    »Ich glaube, Sie sagen die Unwahrheit!«
    »Ich sage Wahrheit! Wie soll ich haben einen Revers? Was soll denn stehen auf dem Revers?«
    »Das werden Sie wissen!«
    »Ich weiß nichts, gar nichts!«
    »Wenn ich nun nach dem Revers suche?«
    »So werden Sie nichts finden.«
    »Ich bin überzeugt, ihn zu finden. Besser aber ist es doch, wenn Sie mir ihn freiwillig geben.«
    »Wie kann ich geben, was ich gar nicht habe?«
    »Gut, so werde ich suchen.«
    »Ja, suchen Sie! Hier ist das Pult, in welchem ich habe alle Schreibereien. Es steht offen. Hier, suchen Sie!«
    Der Staatsanwalt trat an das Pult und sagte:
    »Sie scheinen Ordnung zu lieben; das sehe ich aus der Art und Weise, wie Sie Ihre Sachen hier aufbewahren.«
    »Ordnung ist die erste Hauptsache des Geschäftes.«
    »Ja, man darf nichts zerstreuen, nichts zusammenlegen, was nicht zusammengehört, nicht wahr?«
    »Ja. Und was zusammengehört, das muß bei einander liegen?«
    »Ganz recht! Sie denken also, daß ich den Revers wirklich nicht finden werde?«
    »Wie könnten Sie ihn finden, da er nicht ist vorhanden!«
    »Nun, was zusammengehört, das muß beisammen liegen. Der Revers müßte also da liegen, wo das Loos lag. Meinen Sie nicht auch, Herr Levi?«
    Der Gefragte vermochte nicht zu antworten. Es würgte ihn im Halse. Er konnte nur nicken.
    »Gut, so wollen wir einmal dort nachsehen.«
    Er drückte an der Feder, und das verborgene Fach sprang hervor. Salomon Levi stieß einen Schrei des Entsetzens aus. Er faßte den Beamten am Arme und rief: »Halt, halt! Was thun Sie hier? Was haben Sie nachzusuchen in dem geheimen Kästchen?«
    »Beruhigen Sie sich! Ich will Ihnen nur beweisen, daß ich den Revers wirklich finde.«
    »Nein, nein! Niemand darf greifen in dieses Fach!«
    »Also selbst der Staatsanwalt nicht?«
    »Nein. Dieses Fach ist da nur für mich, aber für keinen Anderen!«
    Er wollte den Beamten vom Pulte fortziehen; dieser aber schüttelte ihn ab und sagte: »Lassen Sie die Hand von mir, sonst rufe ich meine Leute und lasse Ihnen Handschellen anlegen!«
    »Leute? Handschellen?«
    »Ja.«
    »Gott der Gerechte! Haben Sie denn bei sich Polizisten?«
    »Natürlich! Sie stehen draußen und warten nur auf meinen Befehl, herein zu kommen!«
    »Und Handschellen? Ist denn Salomon Levi ein Räuberhauptmann, daß man ihm stecken will die Hände in Eisen!«
    »Sie haben sich nicht an mir zu vergreifen; das ist Alles. Hier liegt ein Papier. Es hat ein sehr frisches Aussehen. Wollen es doch einmal betrachten!«
    Er nahm das oberste Papier aus dem geheimen Fache, entfaltete es und las:
    »Ah, da ist ja der Revers! Nun, Herr Levi, was sagen Sie nun? Leugnen Sie immer noch?«
    »Der Revers? Zeigen Sie?«
    Er griff mit der Hand nach dem Papiere; aber der Anwalt zog es zurück und sagte:
    »Nicht anfassen! Hier, sehen Sie!«
    Er hielt es ihm von Weitem hin. Der Jude schüttelte den Kopf, machte eine Miene größter Verwunderung und sagte:»Ich kenne nicht dieses Papier. Ich habe es nie gesehen.«
    »Das ist doch wunderbar! Wie sollte es in Ihr Pult gekommen sein, und noch dazu in das geheime Fach desselben?«
    »Weiß ich es?«
    »Kennt Jemand außer Ihnen dieses Fach?«
    »Nur meine Frau und meine Tochter Judith.«
    »Hat Ihre Frau oder Tochter vielleicht das Papier hineingeIegt?«
    »Nein. Wie sollten sie kommen zu dem Revers!«
    »Aber sie wissen, daß Sie das Loos gekauft haben?«
    »Nein.«
    »So ist eben ein Wunder geschehen, welches wir untersuchen müssen, Herr Levi.«
    »Ja, untersuchen Sie es, damit ich erfahre, wer mir kann legen fremde Papiere in mein Pult.«
    »Dazu habe ich aber Mehrerlei nöthig. Ich muß zunächst das Loos behalten. Vertrauen Sie es mir an?«
    »Behalten Sie es. Wenn darauf fällt ein Gewinn, werde ich ihn ausgezahlt erhalten trotzdem.«
    »Auch den Revers muß ich

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