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Der verlorne Sohn

Der verlorne Sohn

Titel: Der verlorne Sohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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schleunigst nach dem Palais des Fürsten von Befour und sagen dort, die Diener Anton und Adolf sollen sofort nach Hotel Union kommen, Miß Starton befinde sich in Gefahr.«
    »Wenn man aber bereits zu Bette ist?«
    »So klingeln Sie.«
    »Soll ich nicht lieber nach der Polizei gehen?«
    »Nein. Dort ist man nicht so unterrichtet, wie die beiden Diener es sind. Man könnte Alles verderben. Erzählen Sie ihnen, was wir gesehen und beobachtet haben.«
    Sie stiegen ein, nachdem der Kutscher seine Weisung empfangen hatte. Er hielt vor dem Hotel, wo Holm ausstieg, und fuhr dann schleunigst weiter.
    Holm ging in das Restaurationszimmer und ließ sogleich den Wirth zu sich kommen.
    »Ist Miß Starton daheim?« fragte er.
    »Ja. Sie war heute bei Hofe, kam aber zeitig wieder. Ich glaube, daß sie bereits zur Ruhe gegangen ist.«
    »Nein; ich sah noch Licht in ihren Fenstern. Ist der neu engagirte Diener da?«
    Der Wirth warf ihm einen schnellen, beobachtenden Blick zu und antwortete:
    »Nein. Seine Anwesenheit ist nicht nöthig.«
    »Wohl weil der Hauptmann gefangen ist?«
    »Ah! Sie kennen die Angelegenheit?«
    »Ja. Der Diener wird in einigen Minuten kommen.«
    »Warum?«
    »Weil eben seine Anwesenheit sehr nöthig ist.«
    Der Wirth entfärbte sich und fragte ängstlich:
    »Sie meinen doch nicht etwa, daß Miß Ellen Starton sich in Gefahr befindet?«
    »Gerade dieses meine ich. Aber bitte, bleiben Sie ruhig! Lassen Sie sich nichts merken! Jetzt hat es noch keine Gefahr. Man wird nichts unternehmen, bevor Ihr Thor geschlossen ist. Halten Sie es also jetzt noch offen.«
    »Sie meinen einen Einbruch?«
    »Ich vermuthe es.«
    »Mein Gott! Der Ruf meines Hauses ist in Gefahr!«
    »O nein, denn die That wird ja verhütet.«
    »Wer soll denn der Thäter sein?«
    »Vor zehn Minuten ist ein Fremder angekommen?«
    »Ja. Dieser also?«
    »Dieser ist es. Hat er sich bereits ausgewiesen?«
    »Nein. Ich lasse das Fremdenbuch erst am nächsten Morgen vorlegen. Das erfordert die Höflichkeit.«
    »Wo logirt er?«
    »Erste Etage.«
    »Nach vorn?«
    »Ja, fast neben den Gemächern der Miß.«
    »Hat er sich schon ganz zurückgezogen?«
    »Nein. Er hat sich noch Essen bestellt, welches er, da es so spät ist, erst in einer Viertelstunde bekommen kann.«
    »So haben wir noch Zeit. Also lassen Sie sich nichts merken. Der Diener Leonhardt wird mit noch einem Herrn kommen. Er mag hier auf mich warten. Jetzt aber lassen Sie mich bei der Miß melden.«
    »Soll sie so spät gestört werden?«
    »Soll sie lieber beraubt und ermordet werden?«
    »Sie haben Recht. Bitte, einen Augenblick Geduld!«
    Er entfernte sich, und nach einiger Zeit kam das Zimmermädchen, um Holm zu sagen, daß er angemeldet worden sei und von der Miß empfangen werden solle. Als er bei der Geliebten eintrat, stand sie in erwartungsvoller, fast erstaunter Haltung mitten im Zimmer. Sie war wohl eben im Begriffe gewesen, sich zur Ruhe zu legen, denn sie trug ein Négligé, in welchem sie ihm reizender und herrlicher vorkam, als er sie jemals gesehen hatte.
    »Herr Doctor!« sagte sie. »Ich heiße Sie willkommen! Es muß aber ein außerordentlicher Beweggrund gewesen sein, der Sie veranlaßte, sich zu so später Stunde noch zu mir zu bemühen.«
    »Das ist er auch. Ich habe um Entschuldigung zu bitten, hoffe aber, Ihre Verzeihung zu erhalten.«
    »Gewiß gern! Sprechen Sie.«
    »Der Wirth hat Ihnen nichts mitgetheilt?«
    »Meinen Sie jetzt?«
    »Ja.«
    »Er war nicht bei mir. Er sendete mir das Mädchen, um mir sagen zu lassen, daß Sie mir eine höchst wichtige und höchst schleunige Mittheilung zu machen hätten. Sie sehen, daß ich in Folge dessen nicht einmal Zeit fand, an meiner Toilette eine Änderung vorzunehmen.«
    »Es kommt allerdings sehr darauf an, keine Minute Zeit zu verlieren. Darf ich sprechen, ohne befürchten zu müssen, Sie allzusehr zu erschrecken?«
    »Ah! Ich ahne. Ich bin bereits vorbereitet. Schweben etwa meine Juwelen in Gefahr?«
    »Ich glaube es; vielleicht auch Sie selbst.«
    »Haben Sie Grund zu dieser Vermuthung?«
    »Ja. Soeben ist ein Fremder angekommen, welcher neben Ihnen einlogirt wurde und den ich sehr in Verdacht habe, daß er Ihnen während der Nacht einen Besuch machen werde. Und drüben auf der Straße steht sein Helfershelfer.«
    »Ich danke Ihnen! Was rathen Sie mir?«
    »Bitte, lassen Sie zunächst die Vorhänge herab. Ich darf es nicht thun, da mich sonst der Mann auf der Straße bemerken würde.«
    Sie folgte seiner Aufforderung, dann

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