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Der verlorne Sohn

Der verlorne Sohn

Titel: Der verlorne Sohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Wink, welcher sofort befolgt wurde. Sie traten Alle in das Zimmer, und nun bemerkte der Wirth, als die beiden Damen sich entschleierten, zu seiner großen Ueberraschung, daß sie tüchtige Schnurrbärte hatten.
    Der, welcher bisher gesprochen hatte, sagte lachend:
    »Herr Wirth, erlauben Sie, daß wir uns Ihnen vorstellen! Ich bin der Fürst von Befour, allerdings in einer Kleidung, welche ich für gewöhnlich nicht zu tragen pflege – – –«
    »Welche Ehre, welche Ehre!« stammelte der Hotelbesitzer, indem er sich tief verneigte.
    »Dieser andere Herr ist der Herr Assessor von Schubert, Amtsanwalt hier in der Residenz.«
    »Habe die Ehre, habe die Ehre!«
    »Kennen Sie diese bärtige Dame?«
    »Nein, habe die Ehre noch nicht gehabt.«
    »O doch! Es ist Herr Leonhardt, welcher bereits das Vergnügen hatte, als Diener Miß Startons bei Ihnen zu wohnen.«
    »Sapperment!« entfuhr es dem Wirthe. »Das ist ja ein ganz anderes Gesicht.«
    »Aber doch derselbe Mann. Und diese andere Dame ist ein College von ihm. Wir erfuhren, daß draußen auf der Straße ein Aufpasser steht; darum wählten wir für diese beiden Herren Frauenüberkleider, damit wir nicht etwa Verdacht erregten. Wollen hier ablegen!«
    Die beiden Polizisten Adolf und Anton nahmen ihre Damenhüte ab und zogen ihre Damenmäntel aus und zeigten sich nun in ihrer Männerkleidung.
    »Jetzt, Herr Doctor, erzählen Sie vor allen Dingen,« wendete sich der Fürst an Holm.
    »Hat der Musikus nicht genau berichtet?« fragte dieser.
    »Doch, aber ich möchte es auch von Ihnen hören.«
    »Erlauben Sie zunächst, daß der Wirth meiner Weisung folgt. Miß Starton muß schnell ausquartirt werden.«
    »Natürlich! Das mag geschehen, während wir uns hier instruiren. Gehen Sie also!«
    Der Wirth entfernte sich. Der Zimmerkellner war eben bereit, dem verdächtigen Fremden das Essen zu serviren. Damit wurde dieser Letztere so beschäftigt, daß er gar nicht Zeit fand, das indessen Vorgehende zu bemerken.
    Die Tänzerin erhielt mit ihrer kleinen Negerin andere Zimmer angewiesen und nahm ihre sämtlichen Effecten mit nach oben. Als der Wirth dann in seine Wohnstube zurückkehrte, sagte der Fürst eben: »Der Riese kann es nicht sein; aber es ist die Möglichkeit vorhanden, daß es sein Bruder ist. Wer aber ist der Andere? Können Sie ihn mir beschreiben?«
    Diese Frage war an den Wirth gerichtet, welcher ein möglichst genaues Signalement des Fremden lieferte.
    »Hm! Kenne ihn nicht,« sagte der Fürst.
    »Jedenfalls ein Verbündeter des gefangenen Hauptmannes,« meinte der Diener Adolf.
    »Anders nicht. Wie aber wollen sie bei der Miß eindringen? Sollten sie die Schlüssel besitzen?«
    »Jedenfalls.«
    »Hm! Wüßte ich nicht, daß wir den Hauptmann fest haben, so würde ich behaupten, daß er es sei. Na, wir werden ihn ja kennen lernen. Jetzt fragt es sich nur, wie der Riese in das Hotel kommen soll.«
    »Vielleicht soll er sich einschleichen.«
    »Das glaube ich nicht; das wäre zu gewagt. Eher nehme ich an, daß er zum Fenster einsteigen soll. Hat der Fremde Gepäck bei sich?«
    »Ja, eine Reisetasche in Kofferform.«
    »Vielleicht befindet sich eine Strickleiter darin. Wollen dies einmal beobachten. Haben Sie noch Gäste vorn in der Restauration?«
    »Nein. Der Letzte ist vor fünf Minuten fort.«
    »Ist noch Licht in der bisherigen Wohnung der Miß?«
    »Nur im Schlafzimmer.«
    »Recht so! Diese Kerls werden natürlich nicht eher beginnen, als bis Alles dunkel ist. Wir werden sie in der Wohnung der Miß erwarten. Sie bringen uns jetzt hinauf, ohne daß der Gast es bemerkt. Dann verlöschen Sie alle Lichter und schließen die Thüren so fest zu, daß Niemand passiren kann. Sie selbst verhalten sich mit Ihrem Personale vollständig passiv. Wir bringen die Angelegenheit ganz allein in Ordnung. Herr Assessor, brennen wir uns die Laternen an!«
    Sie steckten zwei Blendlaternen an, die sie dann in ihre Taschen verbargen. Der Wirth ging voran, um sich zu überzeugen, daß der fremde Gast nichts bemerke, und führte sie in das Logis der Tänzerin.
    Dort angekommen, verriegelte der Fürst von den drei nach dem Corridore führenden Thüren zwei, während er die dritte nur verschloß und dann den Schlüssel abzog.
    »Auf diese Weise können sie nur zu dieser einen Thür eindringen,« sagte er. »Wir wissen also genau, wo wir sie zu erwarten haben. Jetzt, Herr Wirth, lassen Sie uns allein und machen Sie Ihr Haus dunkel!«
    Als der Wirth gegangen war, fuhr der Fürst

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