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Der Verrat

Der Verrat

Titel: Der Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barry Eisler
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gemeinsame Erlebnisse in Vietnam, als Tatsu von der Vorläuferorganisation der Keisatsucho nach Vietnam geschickt worden war und ich aufgrund meiner Japanischkenntnisse den Auftrag hatte, als Verbindungsmann zu fungieren; an die Menschen, die wir dort gekannt, die Freunde, die wir verloren hatten.
    Ich merkte, wie sehr mir diese Form des freundschaftlichen Gesprächs gefehlt hatte, dass dergleichen in meinem Leben praktisch nicht mehr vorkam. Und Tatsu war einer der wenigen Menschen, vielleicht sogar der einzige, der mir noch geblieben war, der mich noch aus der Zeit vor Vietnam und all dem anderen kannte, das mich schließlich definieren sollte, aus einer Zeit, die mir bei den seltenen Gelegenheiten, wenn ich überhaupt mal daran denke, so losgelöst und fern erscheint wie eine Erinnerung aus einem anderen Leben.
    Ich merkte auch, dass ich Midori zum Teil deshalb so vermisste. Bei ihr hatte ich dasselbe Gefühl gehabt. Bei ihr hatte ich Idiot geglaubt, dass ich meine derzeitige Haut vielleicht sogar würde abstreifen und im unbefleckten Körper dieser Inkarnation neu auferstehen können.
    Kein schlechter Traum, eigentlich, aber eben ein Traum.
    Als wir gegessen hatten und Tatsu einen Tee und ich einen zweiten Kaffee trank, sagte er: »Ich dachte, es interessiert dich vielleicht, dass kürzlich ein Gentleman namens Charles Crawley in Tokio war. Er besitzt die Akkreditierung des US-Außenministeriums. Er hat sich mit der Keisatsucho in Verbindung gesetzt und Erkundigungen nach dir eingezogen. Kennst du den Mann?«
    Zuerst Dox, dann Kanezaki und jetzt Tatsu. Mr. Crawley hatte inzwischen einen festen Platz auf meinem Radarschirm.
    »Ich kenne den Namen«, sagte ich. »Was habt ihr ihm erzählt?«
    Er zuckte die Achseln. »Dass wir eine ganze Akte über dich haben.«
    »Und dann?«
    Wieder ein Achselzucken. »Haben wir ihm die Akte gegeben.«
    Ich blickte ihn fassungslos an. »Ihr habt ihm so mir nichts dir nichts die Keisatsucho-Akte über mich gegeben?«
    Er sah mich an und sagte: »Selbstverständlich«, und zwar in seinem typischen Tonfall, der so viel besagte wie: Warum muss ich diesen Leuten eigentlich immer alles haarklein erklären? Dann stockte er kurz und fügte hinzu: »Die offizielle Akte.«
    Ich musste schmunzeln über diesen durchtriebenen Mistkerl, während Erleichterung und sogar ein wenig Dankbarkeit den Ärger über diesen schlechten Scherz dämpften. Die »offizielle« Akte war mit Sicherheit aller wirklich wichtigen Erkenntnisse beraubt, die Tatsu niemandem anvertrauen würde, vor allem nicht seinen Vorgesetzten, weil diese bruchstückhaften Informationen zu viel darüber verraten würden, dass er in seinem Kampf gegen die japanische Korruption gelegentlich auf nicht ganz legale Methoden zurückgriff.
    »Was weiß die offizielle Akte über mein Verbleiben zu berichten?«
    »Dass du höchstwahrscheinlich noch immer in Japan bist. Offenbar bist du mehrfach in den größeren Städten gesehen worden -Tokio, Osaka, Fukuoka, Sapporo.«
    »Tatsächlich«, sagte ich.
    Er zuckte die Achseln. »Ich hab natürlich so meine eigenen Vermutungen, wo du vielleicht sonst sein könntest. Aber wozu soll ich eine offizielle Akte mit Spekulationen vollstopfen?«
    Er hatte also meine Akte manipuliert. Womit er mir einen Gefallen getan hatte. Ich wusste, dass das einen Gegengefallen nach sich ziehen würde. Wenn nicht heute, dann ein anderes Mal.
    Ich nickte, dachte nach. »Und was ist nun mit diesem verdammten Kameranetzwerk, das ihr hier habt?«
    Tatsu hatte Zugriff auf das modernste Netzwerk von Überwachungskameras weltweit, das mit einer komplizierten Gesichtserkennungssoftware verbunden war. Mit Hilfe dieses Netzwerks hatte er mich schon einmal gefunden, nachdem ich Tokio verlassen und mich in Osaka niedergelassen hatte.
    »Im Moment versucht niemand, dich darüber zu finden. Sollte sich das ändern, werde ich es dich wissen lassen.«
    »Danke. Jetzt erzähl mir mal was über den Mann, zu dem ich dir im Bulletin Board Informationen gegeben habe.«
    »Belghazi.«
    »Ja.«
    »Ich gehe davon aus, dass du schon reichlich Hintergrundinformationen hast?«
    »Hab ich. Zunächst interessieren mich aktuellere Erkenntnisse.«
    Er nickte. »Belghazi versorgt einige Yakuza-Gruppen mit leichten Waffen, hauptsächlich über die russische Mafia in Wladiwostok. In letzter Zeit hat er bei diesen Gruppen Erkundigungen über dich eingezogen. Ich vermute, du hast ihn mit irgendwas geärgert.«
    »Das wäre möglich.«
    »Er scheint mir

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