Der Verrat
von Belghazi.«
Er schwieg kurz und sagte dann: »Ich sehe zwei Möglichkeiten: Entweder, die Frau hat Sie als das erkannt, was Sie sind, und wollte nicht, dass Sie ihr dazwischenfunken, was bedeutet, dass sie selbst dahinter steckt. Oder aber Belghazi hat von Ihnen erfahren, und das Team in Hongkong kam von ihm. Aber Belghazi scheint mir die wahrscheinlichere Möglichkeit zu sein. Ich halte die vielen Telefonate und die Belghazi-Mahfouz-Verbindung für keinen Zufall.«
Seine Einschätzung entsprach ziemlich genau meiner eigenen. Ich fragte mich, ob er mehr wusste, als er sagte. Dennoch, ich glaubte nicht, dass er hinter dem Team in Hongkong und Macau steckte. Seit ich mich von Rio aus mit ihm in Verbindung gesetzt hatte, hätte er zahlreiche und bessere Gelegenheiten gehabt, mir eine Falle zu stellen, falls das seine Absicht war.
»Sind Sie immer noch an Belghazi dran?«, fragte ich.
»Selbstverständlich.«
»Wo steckt er jetzt?«
»In Macau, noch immer.«
Ich sah ihn an. »Woher wissen Sie das?«
Er zuckte die Achseln. »Sagen wir einfach, es gibt da ein gewisses Satellitentelefon, das Belghazi irrtümlich für sauber hält. Wieso fragen Sie?«
»Weil es keinen Sinn ergibt, dass er noch in Macau ist. Wieso ist er noch da, was meinen Sie?«
Er zuckte die Achseln. »Darüber haben wir doch schon gesprochen. Er hat geschäftlich in der Region zu tun, und er ist ein Spieler. Wir haben damit gerechnet, dass er in die Kasinos geht. Das macht er immer.«
Ich nickte. »Sie wollen mir also erzählen, dass er noch immer da ist, um zu spielen? Der Mann erfährt, dass man ihn bis nach Macau verfolgt hat und ein oder vielleicht auch zwei Auftragskiller auf ihn angesetzt sind. Woraufhin er so beunruhigt ist, dass er um einen Gefallen in Form eines saudischen Sechs-Mann-Teams bittet, um die Bedrohung zu eliminieren. Das Team wird liquidiert, die Bedrohung besteht noch immer, und Sie erzählen mir, dass er immer noch da ist, nur weil er seinen Urlaub nicht abbrechen will?«
Er sah mich an, und seine Wangen wurden rot. Nach einem langen Moment sagte er: »Sie haben Recht. Es war dumm von mir, angesichts dieser Umstände sein Verhalten nicht anders zu deuten. Sie haben Recht. Lassen Sie mich nachdenken.«
»Nachdenken können Sie, wenn Sie allein sind. Wenn Sie wollen, dass ich die Operation fortsetze, müssen Sie mir Informationen liefern und nicht noch mehr Zeit mit einsamer Meditation vertun.«
Seine Gesichtsfarbe wurde noch dunkler, und ich empfand einen seltsamen Anflug von Mitleid. Der Junge gab sich alle Mühe. Typen wie Dox und mich zu kontrollieren wäre für jeden schwer, erst recht für jemanden in Kanezakis Alter. Er machte seine Sache im Grunde ganz gut, und er wurde immer besser. Er war nur eben noch nicht so gut, wie er sein wollte, und das frustrierte ihn. Aber er würde es schaffen.
»Also gut«, sagte er, »was wollen Sie sonst noch wissen?«
»Ich will vor allem mehr über Crawley wissen. Ich will wissen, was für ein Interesse er an der Sache hat, damit ich verstehen kann, ob, warum und wie er mit Belghazi in Verbindung steht.«
»Ich weiß es nicht«, sagte er, und wieder nahm er den Namen unwidersprochen hin. »Ich werde versuchen, es rauszufinden.«
Ich auch, dachte ich und dachte an die Digitalfotos, die Dox mir gezeigt hatte. Und ich wette, ich bekomme mehr Informationen als du.
»Tun Sie das«, sagte ich. »Und jetzt zu Belghazi. Sie haben mir am Anfang erzählt, dass er in Südostasien ist, um sein Vertriebsnetzwerk auszubauen. Und dass er nur zum Spielen nach Macau kommt, sein Aufenthalt dort also nichts mit dem eigentlichen Zweck seiner Reise zu tun hat.«
Er nickte. »Das war anscheinend nicht ganz korrekt.«
»Richtig. Deshalb lautet die Frage: Warum Macau?«
Er rieb sich das Kinn. »Nun ja, es hat gute Verschiffungsmöglichkeiten. Hongkong natürlich auch. Könnte also ein möglicher Umschlaghafen für die Waffen sein, die er an die Jemaah Islamiah und die Abu Sayyaf und andere fundamentalistische Gruppen in der Region verkauft.«
»Aber es gibt noch andere Häfen, die in Frage kämen. Singapur, Manila –«
»Ja, aber Hongkong ist der umschlagstärkste. Übrigens der umschlagstärkste Hafen der Welt.«
»Na und?«
»Wenn man etwas heimlich verschiffen möchte, getarnt sozusagen, dann würde man es wohl am ehesten über einen Hafen verschicken, der schätzungsweise sechzehn Millionen Container im Jahr umschlägt. Die Nadel im Heuhaufen. Außerdem haben diese Jungs inzwischen
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