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Der Verrat

Der Verrat

Titel: Der Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barry Eisler
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nicht zu der Sorte Mann zu gehören, die man grundlos ärgern sollte.«
    »Das merke ich auch langsam.«
    »Darf ich fragen, weshalb er sich von dir auf den Schlips getreten fühlt?«
    »Das kannst du dir doch sicher denken.«
    Er nickte, dann sagte er: »Er ist kein guter Mensch. Anscheinend kennt er keinerlei Loyalitäten.«
    »Dasselbe sagen meine Kritiker von mir.«
    Er lächelte. »Da irren sie sich. Dein Problem ist, dass du nicht akzeptieren kannst, wo deine Loyalitäten liegen.«
    »Na ja, ich schätze jedenfalls deine unermüdlichen Bemühungen, mir bei dieser Frage zu helfen.«
    Er lächelte beinahe verschämt. »Wir sind schließlich Freunde, oder?«
    Ich überlegte einen Moment. Belghazi hetzt mit Hilfe seines saudischen Geheimdienstkontaktes Mahfouz sechs Araber in Macau und Hongkong auf mich, wie Kanezaki angeblich vermutete. Das Team wird ausgeschaltet. Belghazi begreift, dass sie im Nachteil waren, weil sie in diesem Umfeld so auffielen. In Macau oder in der Nähe läuft irgendwas Großes, und Belghazi kann noch nicht weg. Jetzt fühlt er sich angreifbar. Mir gegenüber angreifbar. Er kommt zu dem Schluss, dass er jemanden mit besseren Ortskenntnissen braucht, jemanden, der in der Masse verschwindet und die Sache korrekt erledigen kann. Und er wendet sich an die Yakuza.
    Ja, den Ablauf konnte ich nachvollziehen. Klar nachvollziehen.
    Verdammt, der Kerl war ein echtes Problem. So langsam schwante mir, was für ein Riesenproblem ich hatte.
    »Ist Belghazis Kontakt zur Yakuza so eng«, fragte ich, »dass sie ihm bei irgendeinem Problem anderswo in Asien helfen würden, wenn er darum bittet?«
    Tatsu nickte. »Ich würde sagen, ja.«
    Mist.
    Mir wurde klar, dass ich Belghazi ausschalten musste. Nicht nur wegen des Geldes, sondern einfach um zu überleben. Und dann begriff ich: Er weiß das. Er versetzt sich schließlich auch in deine Lage. Was wiederum seine Priorität noch klarer macht: dich zu eliminieren.
    Also ein Teufelskreis. Mit einem toten Verlierer.
    Na schön. Ich musste dem ein Ende machen, und zwar schnell. Ich wollte, dass sich dieser Bursche die Radieschen von unten ansah und keine Befehle mehr gab. Wenn möglich, würde er eines »natürlichen Todes« sterben; wenn nicht, auch eines unnatürlichen.
    »Wie kann ich helfen?«, fragte Tatsu.
    Ich überlegte einen Moment und sagte dann: »Du kannst mir alles über meinen neuen Freund erzählen.«
    »Deinen neuen Freund?«
    Ich nickte. »Charles Crawley.«

9
    DELILAH HATTE GESAGT, dass Belghazi ein paar Tage nicht in Macau wäre, und solange sie mir noch im Weg war, konnte ich ohnehin nicht viel tun. Ich beschloss, dass meine eigene kurzfristige Abwesenheit ein relativ kleines Risiko wäre, das durch mögliche Erkenntnisgewinne auf Reisen mehr als nur ausgeglichen werden könnte.
    Ich nahm den Hochgeschwindigkeitszug von Tokio nach Osaka, einem internationalen Flughafen, der nicht ganz so nahe lag wie Tokios Narita-Airport. In einem Internetcafé checkte ich das Bulletin Board. Die Informationen, um die ich Tatsu gebeten hatte, warteten bereits auf mich: Charles Crawley III. Privat-, Büro- und Handynummer; Anschrift seines Arbeitsplatzes, angeblich das Außenministerium, doch in Wahrheit die CIA-Zentrale in Langley und somit für meine Pläne wahrscheinlich nutzlos; und seine Privatanschrift: 2251 Pimmit Drive, West Falls Church, Apartment 811. Ein Städtchen in Virginia. Höchstwahrscheinlich ein Apartmenthaus mit mindestens acht Stockwerken.
    Ich buchte für den nächsten Morgen einen direkten ANA-Flug nach Washington. Dann nahm ich mir für die Nacht ein Zimmer in einem billigen Hotel in Umeda. Ich legte mich ins Bett, aber ich konnte einfach nicht einschlafen. Zu viel Kaffee. Zu viel, worüber ich nachdenken musste.
    Ich stand auf, zog mir den Yukata- Kimonomantelüber, den selbst die preiswertesten Hotels in Japan zur Verfügung stellen, und setzte mich in den unbequemen einzigen Sessel des Zimmers. Ich ließ das Licht ausgeschaltet und wartete auf die nötige Bettschwere. Mir war klar, dass es eine Weile dauern würde.
    Diese Billigzimmer sind immer die schlimmsten. Ein bisschen Luxus kann so betäubend wirken wie ein Schmerzmittel. Ohne das kommt der Schmerz in die entstandene Lücke geströmt wie eiskaltes Wasser durch einen aufgerissenen Schiffsrumpf. Ich spürte, wie sich Erinnerungen heranschoben, drängend, beharrlich, wie Geister, die durch die Dunkelheit um mich herum frischen Mut gefasst hatten.
    Ich war acht Jahre alt, als ich

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