Der Verrat
verschleiern.«
»›EDI‹?«
»Eletronic Data Interchange. In Kwai Chung läuft noch wesentlich mehr als in anderen Containerhäfen der Welt alles über Computer. Falls der Hafenmann Zugriff auf das EDI-System und die eigentlichen Container hat, könnte er die erforderlichen Identifizierungscodes, Land/Größe/Typ-Codes usw. abändern und dafür sorgen, dass die Ware in den Containern genau dahin verschifft wird, wo Belghazi sie hinhaben will.«
Ich dachte kurz nach. »Wo ist Belghazi im Augenblick?«
»Noch immer in Macau.« Er sah mich an. »Haben Sie irgendwas Neues über diese Frau herausgefunden? Diese Blondine?«
Delilah. Nun, ich hatte ihre Nachricht bekommen, dass meine Wartezeit fast vorüber war. Aber natürlich konnte ich Kanezaki das nicht sagen.
»Nichts«, sagte ich. »Sie?«
Er schüttelte den Kopf.
»Was ist mit Belghazi?«, fragte ich. »Irgendwelche Anrufe von Terminal Neun?«
»Noch nicht.«
»Also gut, vielleicht können wir ihn uns immer noch schnappen.« Ohne Pause, um meine Forderung möglichst selbstverständlich und einleuchtend klingen zu lassen, sagte ich: »Ich brauche den Namen des NOC und den vom Zwischenagenten sowie genauere Angaben zu den beiden.«
Er schüttelte den Kopf. »Nein. Ausgeschlossen.«
Tja, das hatte nicht geklappt. Ich sah ihn an. »Haben Sie Bedenken bekommen, was diese Operation angeht?«
Wieder schüttelte er den Kopf.
»Weil Sie jetzt wissen, dass es in Ihrer Organisation Leute gibt, die Belghazi nützlich finden? Die ihn bei guter Gesundheit halten wollen?«
Er zuckte die Achseln. »Ich weiß nicht, was die für ein Spiel treiben. Ich habe meinen Auftrag, und mein Auftrag lautet, ihn zu eliminieren. Und da ich weiß, wer er ist, finde ich diesen Auftrag sinnvoll. Wenn mich irgendwer eines Besseren belehren will, dann soll er das verdammt noch mal in aller Deutlichkeit tun.«
»Gut. Ich dachte gerade schon, Sie wären unsicher geworden.«
»Das hat nichts mit Unsicherheit zu tun. Es ist bloß –«
»Hören Sie, ich komme nicht mehr direkt an Belghazi ran, klar? Er hat mein Gesicht gesehen, er weiß, dass er gejagt wird, er wird hypervorsichtig sein. Meine einzige realistische Hoffnung, nah genug an ihn ranzukommen, wäre eine dritte Person. Wie zum Beispiel einer von den beiden eben Erwähnten.«
»Ich verstehe Ihren Standpunkt. Aber Ihnen den Namen eines CIA-Officers zu nennen, das geht einfach nicht – erst recht keinen NOC –, und auch nicht den Namen eines Informanten. Ich hab bei Ihnen schon so manche Regel gebrochen, zugegeben, aber diese werde ich nicht brechen.«
Seine Stimme und seine Miene – und meine jüngste Erfahrung mit Crawley, der selbst im Angesicht des Todes nicht geredet hatte – verrieten mir, dass er mir nicht sagen würde, was ich wissen wollte. Es wäre sinnlos, über Dox zu reden. Selbst wenn ich fragte, hätte ich seiner Antwort nicht trauen können.
Ich dachte nach, und mir kam der Gedanke, dass es vielleicht doch noch eine Möglichkeit gab, Belghazi zu erledigen, auch ohne die Informationen, die Kanezaki keinesfalls herausrücken wollte. Vielleicht würde ich dann die Wartefrist abbrechen müssen, auf die Delilah sich verließ, aber Geschäft ist Geschäft.
»Also gut, noch mal von vorn«, sagte ich. »Welchen Zweck hat eigentlich die Bedingung, dass Belghazi eines ›natürlichen Todes‹ stirbt?«
Er zuckte die Achseln. »Na ja, anfänglich wurde mir gesagt, dass es nach einem natürlichen Tod aussehen soll, weil Belghazi bei anderen Geheimdiensten Freunde und Förderer hat. Aber jetzt –«
»Aber jetzt sieht es doch ganz so aus, als ginge es vor allem darum, seine Beschützer in Ihrem Geheimdienst nicht vor den Kopf zu stoßen.«
»Ja, ich weiß. Das Leben in der CIA ist manchmal seltsam.«
»Ich hab Ihnen ja gesagt, dass bei euch Jungs die rechte Hand und die linke Hand nicht gerade koordiniert arbeiten.«
»Und ich hab Ihnen nicht widersprochen.«
»Und jetzt hat die rechte Hand anscheinend herausgefunden, dass die linke Hand einen Killer auf Belghazi angesetzt hat.«
Er nickte. »Sieht so aus.«
»Aber die haben sich nicht bei Ihnen beschwert. Haben sich nicht an den Dienstweg gehalten. Haben vielleicht davor Angst, wie Sie angedeutet haben.«
»Worauf wollen Sie hinaus?«
Ich zuckte die Achseln. »Vielleicht waren Sie ja übertrieben penibel in Ihrer Interpretation, wie ›natürlich‹ Belghazis Ableben denn nun auszusehen hat. Wenn nämlich Ihre Leute aus unerfindlichen Gründen nicht in der
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