Der Verrat
Terminal und dass wir dort zuschlagen werden. Das ist gut, aber kann ich unbemerkt in Position gehen und wieder verschwinden? Hab ich Deckung? Kann ich ungesehen schießen? Hab ich eine ungehinderte Sicht auf das Ziel?«
Ich nickte und zog einen Stapel Blätter aus der Innentasche meines Jacketts. »Das hier sind Ausdrucke von der Firma, die Containerterminal Neun betreibt«, erläuterte ich ihm. »Damit müsstest du dir schon mal einen ersten Eindruck verschaffen können.«
Ich reichte ihm die Papiere, und er fing an, sie durchzusehen. »Meine Güte«, sagte er und hielt bei einem Blatt inne, »ist das ein Grundriss vom Terminal?«
Ich lächelte. »Ist schon erstaunlich, was man im Internet alles findet.«
Er nickte. »Tja, also das hier ist wirklich ein guter Anfang. Aber ich komme trotzdem nicht drum herum, mir vor Ort ein Bild zu machen.«
»Ich hab schon einen Van gemietet. Wir fahren rüber, sobald du dich mit den Raupen gestärkt hast.«
»Vielleicht wäre es weniger auffällig, wenn ich die Örtlichkeit allein auskundschafte.«
»Gute Idee, da wimmelt’s ja auch nur so von weißen spitzbärtigen Muskelprotzen, die in Kwai Chung rumschnüffeln. Da fällst du bestimmt keinem auf.«
Er grinste. »Ein ziemlich überzeugendes Argument, Partner.« Kwai Chung mit seinem riesigen Containerhafen liegt in den New Territories, ein Name, den die Briten sich einfallen ließen, als sie das Gebiet im Jahre 1898 »pachteten«, und den man auch nach der Rückgabe an China fast ein Jahrhundert später beibehält. Obwohl die sanften Hügel jetzt unter den Stahlbetonwäldern der Mietshochhäuser verborgen sind, hat der Ort dennoch etwas Zeitloses, einen langsameren Rhythmus, als er nur wenige Kilometer weiter südlich auf der Insel Hongkong zu spüren ist.
Wir fuhren über den Highway 3 zum Containerhafen. Da es zu auffällig gewesen wäre, wenn wir das Hafengebiet mehrfach durchquert hätten, kauften wir unterwegs eine Videokamera.
Ich fuhr, Dox filmte. Als wir die Cheung Fi Road entlangfuhren, die breite Straße, die zum Terminal Neun führt, sah Dox sich die Gegend auf der anderen Seite an und sagte: »Na, das sieht mir doch ganz nach einem prächtigen Scharfschützengelände aus. Prächtig, prächtig, prächtig.«
Ich blickte hinüber, um festzustellen, was diese Reaktion bei ihm ausgelöst hatte, und ich sah eine Reihe terrassenförmiger Hügel, die rund hundertfünfzig Meter über der Straße anstiegen und einen wunderbaren Blick auf das Terminal boten. Einige der Hügel waren bewaldet, andere grasbewachsen, wieder andere waren offenbar Bauland geworden, denn auf ihnen standen halbfertige Apartmenthäuser. Dox konnte sich seine Annäherungs- und Rückzugsrouten, seine Deckung, die Position und eine ungehinderte Schusslinie aussuchen. Er hatte Recht. Es war perfekt.
Wir setzten uns in Tsim Sha Tsui in einen Teeladen, um alles zu besprechen. Dox war sehr zufrieden mit dem Gelände, aber mir war nicht ganz wohl zumute.
»Das Problem ist, dass unsere Informationen eingeschränkt sind«, sagte ich. »Kanezaki kann über Belghazis Satellitentelefon ermitteln, wann Belghazi auf dem Weg nach Hongkong ist. Und er wird uns rechtzeitig Bescheid geben. Und auch das Zeitfenster ist okay. Belghazi scheint seine Geschäfte in Kwai Chung immer zwischen zwei und vier Uhr morgens zu machen. Aber wir wissen nicht, welchen Wagen er fahren wird. Wir wissen nicht, ob er vor der Einfahrt aussteigt oder im Wagen bleibt und reinfährt.«
»Was meinst du, worauf er wartet? Du hast doch gesagt, er ist schon seit einer Woche wieder in Macau.«
Ich zuckte die Achseln. »Zum Teil hängt es wahrscheinlich wirklich mit seiner Spielsucht zusammen. Zum Teil will er wohl für jeden, der sich fragt, was er hier in der Region treibt, den Schein wahren. Und vielleicht hat es auch mit irgendeiner Lieferung zu tun, die in Kwai Chung verschifft werden soll. Kann sein, dass es dabei Probleme mit der Logistik gegeben hat, dass das Schiff aufgehalten wurde. Es gibt viele Gründe, warum er länger hier geblieben ist, als er ursprünglich vorhatte.«
Dox schwieg einen Moment und sagte dann: »Da ist noch was. Du hast gesagt, er ist ein vorsichtiger Mann und er weiß, dass du hinter ihm her bist, deshalb ist er ganz besonders nervös. Was, wenn er sich für seinen kleinen Ausflug an den Pier ein gepanzertes Fahrzeug mietet? Hier in Hongkong, wo es so viele stinkreiche Leute gibt, ist es bestimmt kein Problem, einen gepanzerten Mercedes oder BMW zu
Weitere Kostenlose Bücher