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Der Verrat

Der Verrat

Titel: Der Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barry Eisler
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hereinließ –, ehe sie wirklich alles gründlich durchsucht hatten. Trotzdem, als guter Pfadfinder war ich mit einer einschüssigen 22-Kaliber-Pistole ausgerüstet, die von der CIA entwickelt und kunstvoll im Gehäuse eines Mont-Blanc-Meisterstück- Füllers versteckt worden war. Diese Waffe zog ich jetzt aus dem Rucksack. Falls nötig würde ich den Füller einsetzen, um den Gegner auszuschalten, der mir am nächsten war, und im anschließenden Durcheinander bei allen anderen improvisieren. Sollte es dazu kommen, würde ich die Bezahlung natürlich abschreiben können, daher war die Pistole nur für den Notfall gedacht.
    Ich musste nicht lange warten. Zwanzig Minuten nachdem ich meinen Posten bezogen hatte, hörte ich, wie die Tür zur Suite geöffnet wurde. Im vorderen Raum ging das Licht an. Dann das Geräusch rascher Schritte. Die Tür zum Bad knallte gegen die Wand, unmittelbar gefolgt von heftigen Würgegeräuschen.
    Weder Schritte. Eine Männerstimme: »Monsieur Belghazi …«
    Einer der Bodyguards, vermutete ich. Wieder war ein Würgen zu hören, dann Belghazis Stimme, leise und heiser: »Yallah! « Das Wort kannte ich nicht, aber ich verstand, was es bedeutete. Raus! Sofort!
    Ich hörte, wie der Bodyguard sich entfernte, dann das Geräusch der Vordertür, die sich öffnete und wieder schloss. Belghazi stöhnte und würgte weiter. Vor lauter Hast hatte er nicht mal die Lampe im Bad eingeschaltet, aber aus der Suite fiel Licht herein, und ich sah einen Schatten vor dem Waschtisch, unter dem ich mich verbarg.
    Ich hörte etwas Metallisches auf den Marmorboden aufschlagen und fragte, was das gewesen sein mochte. Dann begriff ich: seine Gürtelschnalle. Staphylokokken verursachen Durchfall, und er musste sich beeilen. Die Geräusche und Gerüche, die gleich darauf folgten, bestätigten meine Diagnose.
    Nach etwa zehn Minuten hörte ich ihn aus dem Raum stolpern. Das Licht im Schlafzimmer ging aus. Ich vermutete, dass er sich aufs Bett geworfen hatte.
    Ich hob leicht den Arm und schaute auf das Leuchtfeld meiner Traser-Uhr. Ich würde ihm noch eine halbe Stunde geben – lange genug, um sicher zu sein, dass das Chloralhydrat vom Körper abgebaut war und sich wohl kaum noch nachweisen ließ, aber nicht so lange, dass er vielleicht schon wieder aufwachte. Staphylokokken würden mit Sicherheit bei der Obduktion festgestellt werden, aber sie kommen natürlich vor, und zwar in Lebensmitteln, daher würde kein Pathologe stutzig werden. Mit ein bisschen Glück würde man die Staphylokokken in Ermangelung einer anderen einleuchtenden Erklärung für die Herzattacke verantwortlich machen, die Belghazi gleich erleiden würde.
    In Wahrheit würden die Herzprobleme durch eine Injektion Kaliumchlorid ausgelöst werden. Ich wollte die Vene in der Achselhöhle nehmen, oder vielleicht auch die obere Augenvene, beides nur schwer zu ermittelnde Einstichpunkte, vor allem mit der Siebzehnernadel, die ich für diesen Zweck vorgesehen hatte. Eine Kaliumchloridinjektion ist eine schmerzlose Todesart, die weltweit, zumindest auf indirekte Art, von selbstmordgeneigten Kardiologen empfohlen wird. Das Kaliumchlorid depolarisiert Zellmembranen im Herzen, was einen vollständigen Herzstillstand und sofortige Bewusstlosigkeit auslöst und schnell zum Tod führt. Nach Eintritt des Todes beginnen natürlich andere Körperzellen sich aufzulösen, so dass Kalium ins Blut gelangt und die Substanz, die überhaupt erst den Ball ins Rollen gebracht hat, nicht mehr nachzuweisen ist.
    Zwanzig Minuten verstrichen, ohne dass ein anderer Laut zu hören war als hin und wieder ein bewusstloses Stöhnen von Belghazi. Ich rollte hinter dem Waschtisch hervor und richtete mich geräuschlos auf. Nur noch wenige Minuten, dann würde ich mit den Vorbereitungen für die Injektion beginnen. Ich hatte ein Fläschchen Chloroform dabei, das ich benutzen würde, falls er sich während der Prozedur wieder regte.
    Da hörte ich, wie eine Keycard in das Türschloss der Suite geschoben wurde. Ich erstarrte und lauschte.
    Ein Moment verging. Ich hörte, wie die Tür aufging. Mit einem Klicken schloss sie sich wieder. Das Licht im Schlafzimmer ging an.
    Ich hielt noch immer den Mont-Blanc-Füller in der Hand. Nun hörte ich Schritte im Nebenzimmer. Belghazi seufzte leise. Dann eine Frauenstimme. »Achille, tu vas bien?« Achille, ist alles in Ordnung? Worauf Belghazi, offenbar völlig weggetreten, nur weiterstöhnte.
    Die Blondine, dachte ich. Ich nahm den Stift in die linke

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