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Der Verrat

Der Verrat

Titel: Der Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barry Eisler
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erst die Frauen! Ich würde mich bestimmt dreimal am Tag verlieben. Am ersten Morgen, als ich im Hotel angekommen bin, die Frau an der Rezeption … Wahnsinn, die mussten mich praktisch wiederbeleben, so klasse war die.«
    »Du hättest das Zeug zum Reiseschriftsteller«, stellte ich fest.
    »Mensch, da würd ich nicht nein sagen. Es ist schwierig für Leute wie uns, weißt du? Mit einem gewissen Lebenslauf wirst du nur noch für bestimmte Jobs angeheuert.«
    »Dir scheint’s ganz gut dabei zu gehen«, bemerkte ich.
    Er kickte ein bisschen Sand hoch und sah hinaus auf den Ozean. »Aber hier ist es echt schön. Schon lange hier?«
    Sein Südstaatenakzent wurde immer stärker. Ich fiel nicht darauf rein, aber es hätte auch keinen Sinn gehabt, ihn darauf anzusprechen. Sollte er ruhig glauben, dass ich ihn unterschätzte, so wie er meistens unterschätzt wurde.
    »Ein paar Monate«, antwortete ich. »Ich bin ziemlich viel unterwegs. Damit Leute wie du mich nicht finden.«
    Er zog die Stirn kraus. »Ach, komm schon, was hätte ich denn machen sollen? Wenn einer Glück hat, findet er ’nen Job als Bodyguard für irgendwelche reichen Arschlöcher, macht Risikoanalysen und lebt ein schönes Leben in den Gästezimmern von irgend’ner Villa in Brentwood. Die richtigen Glückspilze bringen Hollywoodtypen bei, wie sie überzeugend Soldaten spielen, oder sie dürfen irgendwelche Scheiße für die Kameras in die Luft jagen. Und die, die kein Glück haben? Wachleute in Einkaufszentren und Nachtwächter. Ersteres hat sich mir nicht geboten, und auf Letzteres scheiß ich. Also bin ich hier.«
    »Wieso bist du nicht zu Blackwater Security oder einem ähnlichen Laden gegangen?«
    Er zuckte die Achseln. »Hab ich versucht. Aber ich musste feststellen, dass die Geschäftswelt mir einfach nicht die gewünschten finanziellen Chancen bot. Und du weißt ja, wie das mit Chancen ist, Kumpel. Die sind dünn gesät.«
    Wieder schwiegen wir einen Moment lang. Dann fragte ich: »Warum haben sie dich hergeschickt?«
    Er griff nach unten und rieb sich das Knie. »Du weißt, warum. Wir kennen uns, und sie haben sich gedacht, du würdest mir vertrauen.« Er lächelte. »Tust du doch, oder?«
    »Ja klar«, erwiderte ich. »Hundertprozentig.«
    »Na siehst du«, fuhr er ungerührt fort, als hätte er meinen Sarkasmus nicht mitbekommen. »Außerdem soll ich dir wohl verklickern, dass das, was die vorhaben, eine reale Sache ist, damit du ja sagst. Ich bin so ’ne Art Referenz, wenn du verstehst, was ich meine.«
    »Ja klar«, sagte ich wieder.
    »Okay. Es geht also um Folgendes: Ich hab ein bisschen für Uncle Sam gearbeitet, inoffizieller Kram, unter der Hand. Hohes Risiko, hohes ›Am-Ende-kriegen-sie-dich-am Arsch‹-Potential, aber lukrativ.«
    »Ja?«
    »Ja. Die dachten, du wärst vielleicht interessiert. Dich zu kontaktieren war übrigens nicht meine Idee. Ich wusste nicht mal, dass es dich noch gibt, Mann. ’ne Menge Leute, die wir in Afghanistan kannten, sind heute gar nicht mehr gut zu Fuß.«
    »Wessen Idee war es dann?«
    »Pass auf, es gibt so ein Programm. Was Neues, was Großes. Die engagieren Leute wie dich und mich, und die zahlen gutes Geld, das will ich damit sagen.«
    »Dox, wer zum Teufel sind ›die‹?«
    Ich sah ihn abwartend an.
    Er lächelte und schüttelte den Kopf. »Komm schon, Mann, du weißt, wer ›die‹ sind.« Er fröstelte in gespielter Begeisterung.
    »Die Company.«
    »Genau. Die haben so ’ne Art neues Mandat. Das müsstest du dir von denen erklären lassen.«
    »Ich würde es gern zuerst von dir hören.«
    »He, ich weiß da nicht so richtig Bescheid. Und ich darf dir nicht sagen, was ich so alles getrieben hab. Ich verrate dir nur eins: Die haben mir viel Geld dafür bezahlt, dass Leute, die Schwierigkeiten machen, aufhören, Schwierigkeiten zu machen. Und dir wollen sie das gleiche Angebot machen.«
    »Durch deinen Kontaktmann?«
    Er nickte. »Ich hab eine Nummer, die du anrufen sollst.«
    Ich schrieb mir die Nummer verschlüsselt auf, dann ließ ich ihn stehen und machte mich auf den Weg zu Naomis Wohnung. Wenn sie vorgehabt hätten, mich zu töten, hätten sie nicht vorher jemanden geschickt, den ich kannte, um Kontakt zu mir aufzunehmen. Sie hätten gewusst, dass ich danach nur noch mehr auf der Hut gewesen wäre und vielleicht sogar die Flucht ergriffen hätte.
    Nein, ich hatte das Gefühl, dass Dox’ Geschichte stimmte. Aber ich wollte trotzdem nicht nachlässig werden.
    Auf dem Weg zu Naomis Wohnung

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