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Der Verrat

Der Verrat

Titel: Der Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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Obdachlosen zusammengestoßen; vielleicht war er angerempelt worden. Ein Wort hatte das andere gegeben, und dann waren zwei Schüsse gefallen. Die eine Kugel verfehlte den Abgeordneten, die andere traf ihn in den linken Oberarm, durchschlug die Schulter und blieb in der Nähe des Halses stecken.
    Es war kurz nach Einbruch der Dunkelheit geschehen, auf dem Bürgersteig an einer Straße voller Berufsverkehr. Es gab vier Zeugen, denen zufolge der Täter ein Schwarzer gewesen sei, der wie ein Obdachloser ausgesehen habe -eine Beschreibung, die auf ziemlich viele zutraf. Bis der erste der Zeugen ausgestiegen und Burkholder zu Hilfe gekommen war, hatte sich der Mann mit der Pistole längst aus dem Staub gemacht.
    Der Abgeordnete war zum George Washington Hospital gebracht worden, wo man die Kugel in einer zweistündigen Operation entfernt hatte. Sein Zustand war stabil.
    Es war lange her, dass man in Washington auf einen Abgeordneten geschossen hatte. Einige waren überfallen worden, hatten aber keine größeren Schäden erlitten. Diese Überfälle gaben den Opfern eine hervorragende Gelegenheit, Fensterreden gegen die zunehmende Kriminalität und den Verfall der Gesellschaft und ihrer Werte zu halten. Die alleinige Schuld lag natürlich beim jeweiligen politischen Gegner.
    Als ich den Bericht um elf Uhr sah, war Burkholder nicht imstande, irgendwelche Reden zu halten. Ich saß in meinem Sessel, las, sah mir einen Boxkampf an und döste ein bißchen. An diesem Tag gab es aus Washington nicht viel zu berichten
    - bis Burkholder niedergeschossen wurde. Der Nachrichtensprecher gab atemlos das Ereignis bekannt und verlas einen knappen Bericht - im Hintergrund war ein Foto des Abgeordneten eingeblendet - und dann wurde live zum Krankenhaus geschaltet, wo eine Reporterin vor den Türen der Notaufnahme fror, in die Burkholder vier Stunden zuvor eingeliefert worden war. Aber im Hintergrund stand ein Rettungswagen mit Blaulicht, und da die Reporterin weder Blut noch eine Leiche vorweisen konnte, musste sie sich mit dem Vorhandenen behelfen, um eine möglichst sensationelle Story daraus zu machen.
    Die Operation sei gut verlaufen, sagte sie. Die Ärzte hätten ein sehr allgemein gehaltenes Kommunique veröffentlicht. Vor kurzem seien einige Kollegen Burkholders zum Krankenhaus geeilt, und es sei ihr gelungen, sie vor die Kamera zu bekommen: Drei Abgeordnete standen nebeneinander und machten angemessen ernste Gesichter, obgleich Burkholders Leben zu keinem Zeitpunkt in Gefahr gewesen war. Sie blinzelten in die Scheinwerfer und gaben sich den Anschein, als betrachteten sie die Fragen der Reporterin als eine dreiste Verletzung ihrer Privatleben.
    Von keinem der drei hatte ich je gehört. Sie zeigten sich besorgt um ihren Freund, erweckten den Eindruck, als sei sein Zustand weit kritischer, als die Ärzte zugaben, und brauchten kein Stichwort, um ihre Ansichten über Washingtons Niedergang zu äußern.
    Dann kam eine weitere Live-Schaltung zum Tatort. Eine zweite unbeholfene Reporterin stand an der Stelle, wo ES passiert war. Jetzt gab es tatsächlich etwas zu sehen: einen großen Blutfleck, auf den sie mit dramatischer Geste zeigte, genau hier. Sie kniete nieder. Es fehlte nicht viel, und sie hätte mit den Fingerspitzen über den Bürgersteig gestrichen. Ein Polizist kam ins Bild und gab eine ungenaue Zusammenfassung des Tathergangs.
    Es war ein Live-Bericht, und im Hintergrund flackerten die roten und blauen Lichter von Polizeiwagen. Das fiel mir auf, der Reporterin allerdings nicht.
    Es war eine Säuberungsaktion im Gange. Die Washingtoner Polizei sammelte Obdachlose ein und nahm sie mit. Die ganze Nacht hindurch suchte sie die Gegend um Capitol Hill ab und verhaftete jeden, der auf einer Bank schlief, in einem Park herumsaß, auf einem Bürgersteig bettelte und offenbar kein Dach über dem Kopf hatte, wegen Belästigung, Wegwerfens von Abfall, Trunkenheit in der Öffentlichkeit und Betteins.
    Nicht alle landeten im Gefängnis. Zwei Gefangenentransporter fuhren zur Rhode Island Avenue in Northwest und luden die Insassen auf einem Parkplatz neben einem Gemeindezentrum mit einer durchgehend geöffneten Suppenküche ab. Ein anderer mit elf Obdachlosen hielt an der Calvary Mission in der T Street, fünf Blocks von unserem Büro entfernt. Die Männer wurden vor die Wahl gestellt, entweder auszusteigen oder ins Gefängnis zu gehen. Der Wagen leerte sich.

    ZWEIUNDDREISSIG

    Ich beschloss, ein Bett zu kaufen. Ich schlief zu wenig und zu

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