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Der Verrat

Der Verrat

Titel: Der Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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Reporter nicht wusste, dass ich Lontae persönlich gekannt hatte.
    Der Artikel war lang und ausführlich. Er begann mit der Zwangsräumung und nannte die Betroffenen, darunter auch Devon Hardy, der eine Woche später bei Drake & Sweeney aufgetaucht war und zu dessen Geiseln unter anderem ich gehört hatte.
    Von mir leitete er über zu Mordecai und weiter zum Tod der Burtons. Auch meine Verhaftung wurde erwähnt, obgleich ich dem Reporter nur sehr wenig über die umstrittene Akte gesagt hatte.
    Er hatte Wort gehalten und uns nicht als Quelle preisgegeben. In dem Artikel war nur von »informierten Kreisen« die Rede. Ich hätte ihn nicht besser schreiben können.
    Kein Wort von den Beklagten. Es hatte den Anschein, als hätte sich der Reporter wenig oder gar nicht bemüht, sie zu erreichen.

    EINUNDDREISSIG

    Warner rief um fünf Uhr morgens an. »Bist du wach?« fragte er. Er war in seiner Hotelsuite, lief auf Hochtouren und sprudelte über von Fragen und Bemerkungen zu unserer Klage. Er hatte die Zeitung gelesen.
    Ich zog meinen Schlafsack enger um mich und hörte mir an, wie ich den Fall weiter verfolgen sollte. Warner war Prozessanwalt, und zwar ein sehr guter, und bei dem Gedanken daran, wie man den Fall Burton vor den Geschworenen ausbreiten könnte, lief ihm das Wasser im Mund zusammen. Wir hatten nicht genug gefordert - zehn Millionen waren viel zu wenig. Die richtige Jury, und wir konnten jeden beliebigen Betrag bekommen. Ach, wie gern hätte er den Fall selbst übernommen! Und was war mit Mordecai? War der ein guter Prozessanwalt?
    Und das Honorar? Wir hatten doch sicher einen Vierzig-Prozent-Vertrag?
    Vielleicht gab es doch noch Hoffnung für mich.
    »Zehn Prozent«, sagte ich. Ich lag noch immer im Dunkeln.
    »Was? Zehn Prozent? Bist du verrückt?«
    »Wir sind nicht profitorientiert«, versuchte ich zu erklären, aber er hörte mir gar nicht zu, sondern verfluchte mich, weil ich nicht gieriger gewesen war.
    Die Akte sei ein großes Problem, sagte er, als hätten wir noch nicht daran gedacht. »Kannst du den Fall auch ohne sie gewinnen?«
    »Ja.«
    Er brüllte vor Lachen beim Anblick des alten Jacobs zwischen zwei Verbrechern.
    Seine Maschine nach Atlanta gehe in zwei Stunden - um neun werde er an seinem Schreibtisch sitzen. Er könne es kaum erwarten, die Fotos herumzuzeigen, und werde sie gleich an die Westküste faxen.
    Mitten im Satz legte er auf.
    Ich hatte drei Stunden geschlafen, und obwohl ich mich noch ein paar Mal umdrehte, konnte ich nicht mehr einschlafen. Mein Leben hatte sich so radikal verändert, dass an sanfte Ruhe nicht zu denken war.
    Ich duschte, trank bei den Pakistanis Kaffee, bis es hell wurde, und kaufte Kekse für Ruby.
    Als ich um halb acht am Büro eintraf, standen an der Ecke 14th und Q Street zwei fremde Wagen. Mein Instinkt riet mir weiterzufahren. Ruby war nirgends zu sehen.
    Wenn Tillman Gantry glaubte, Gewalt könne irgendwie zu seiner Verteidigung beitragen, würde er nicht zögern, sie anzuwenden. Mordecai hatte mich gewarnt, auch wenn das nicht nötig gewesen war. Ich rief ihn zu Hause an und sagte ihm, was ich gesehen hatte. Er wollte um halb neun ins Büro kommen, und wir verabredeten, uns dort zu treffen. Er würde Sofia anrufen. Abraham war nicht in der Stadt.
    Seit zwei Wochen hatte ich mich intensiv mit der Klage befasst. Es hatte natürlich auch noch andere wichtige Dinge gegeben. Claire und ich hatten uns getrennt, ich war ausgezogen und hatte neue Fertigkeiten erlernen müssen -, aber ich hatte mich immer wieder mit dem Verfahren gegen RiverOaks und meine ehemalige Kanzlei beschäftigt. Bei jedem großen Fall gab es vor Einreichung der Klage hektische Aktivitäten - wenn die Bombe dann eingeschlagen war und der Staub sich setzte, konnte man tief durchatmen und die Ruhe genießen. An dem Tag, nachdem wir gegen ihn und seine beiden Mitbeklagten vor Gericht gegangen waren, brachte Gantry uns nicht um. Im Büro lief alles normal. Die Telefone läuteten nicht öfter als sonst. Es kamen so viele Mandanten wie sonst. Da die Klage nun eingereicht war, konnte ich mich leichter auf meine anderen Fälle konzentrieren.
    Ich konnte mir die Stimmung in den mit Marmor ausgekleideten Hallen von Drake & Sweeney lebhaft vorstellen. Kein Lächeln, keine Klatschgeschichten an der Kaffeemaschine, keine Witze und Gespräche über Sport in den Korridoren. In einem Beerdigungsinstitut würde es ausgelassener zugehen.
    In der Abteilung für Kartellrecht würden alle, die mich gut

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