Der Verrat
Tankstelle gewesen, doch jetzt betrieb man eine Werkstatt und ein Abschleppunternehmen, verkaufte Gebrauchtwagen und vermietete Lieferwagen. Alle Fenster des Gebäudes waren mit schwarzen Gitterstäben gesichert. Leon parkte so nah wie möglich am Eingang. »Geben Sie mir Deckung«, sagte ich und ging mit schnellen Schritten hinein. Die Tür schlug zurück, als ich sie aufstieß, und prallte gegen meinen linken Arm. Ich krümmte mich vor Schmerzen. Ein Mechaniker in ölverschmiertem Overall bog um eine Ecke und starrte mich feindselig an.
Ich erklärte ihm, warum ich gekommen war. Er nahm ein Klemmbrett und studierte die Zettel, die darauf befestigt waren. In einem der hinteren Räume hörte ich fluchende Männerstimmen - sicher spielten sie Würfel und tranken Whisky, und wahrscheinlich wurde hier auch Crack verkauft.
»Der Wagen ist noch bei den Bullen«, sagte der Mechaniker.
»Und wissen Sie auch, warum?« fragte ich ihn.
»Eigentlich nicht. Hat die Sache irgendwas mit einem Verbrechen oder so zu tun?«
> A
»Ja, aber mein Wagen war nicht darin verwickelt.« .
Er sah mich ausdruckslos an. Offenbar hatte er seine eigenen Probleme.
»Haben Sie eine Ahnung, wo er sein könnte?« fragte ich und versuchte, freundlich zu bleiben.
»Wenn ein Wagen beschlagnahmt wird, bringen sie ihn meistens zu einer Verwahrstelle an der Georgia Avenue, nördlich der Howard University.«
»Wie viele Verwahrstellen hat die Stadt?«
Er zuckte die Schultern und wandte sich zum Gehen. »Mehr als die eine jedenfalls«, sagte er und verschwand.
Diesmal öffnete ich die Tür vorsichtiger. Ich eilte zum Wagen.
Als wir die Verwahrstelle gefunden hatten, war es bereits dunkel. Ein halber Block war mit Maschen- und Stacheldraht eingezäunt. Dahinter standen Hunderte von Unfallwagen kreuz und quer durcheinander. Manche waren sogar übereinandergestapelt.
Leon stand neben mir auf dem Bürgersteig und spähte durch den Zaun. »Da drüben«, sagte ich und zeigte auf meinen Lexus, der neben einem Schuppen mit dem Kühler uns zugewandt stand. Links vorne hatte die Wucht des Aufpralls alles demoliert.
Der Kotflügel war abgerissen, der Motor lag frei und war nur noch Schrott.
»Sie haben ein Riesenglück gehabt«, sagte Leon.
Neben meinem Wagen stand der Jaguar. Das Dach war plattgedrückt, sämtliche Fenster waren zersplittert.
In dem Schuppen befand sich eine Art Büro, doch es war abgeschlossen und dunkel.
Die Tore waren mit schweren Ketten gesichert. Der Stacheldraht glitzerte im Regen. An der nächsten Ecke lungerten einige dunkle Gestalten herum. Ich konnte spüren, dass sie uns beobachteten.
»Lassen Sie uns hier verschwinden«, sagte ich.
Leon fuhr mich zum National Airport, den einzigen Ort in dieser Stadt, von dem ich wusste, dass man dort einen Wagen mieten konnte.
Der Tisch war gedeckt, und auf dem Herd stand mitgebrachtes Essen vom Chinesen.
Claire wartete auf mich und hatte sich Sorgen gemacht, auch wenn sie mir nicht verriet, wie viel Sorgen sie sich gemacht hatte. Ich sagte ihr, ich hätte auf Anraten meiner Versicherung einen Wagen gemietet. Sie untersuchte mich gewissenhaft und ließ mich eine Tablette schlucken.
»Ich dachte, du wolltest dich ausruhen«, sagte sie.
»Ich hab’s versucht, aber es ging nicht. Ich habe Hunger.«
Dies würde unser letztes gemeinsames Essen als Ehepaar sein. Unsere Beziehung endete, wie sie begonnen hatte: mit einer schnellen Mahlzeit, die jemand anderes zubereitet hatte.
»Kennst du einen Hector Palma?« fragte sie während des Essens.
Ich schluckte. »Ja.«
»Er hat vor einer Stunde angerufen und gesagt, dass er dich unbedingt sprechen muss. Wer ist er?«
»Ein Anwaltsgehilfe aus der Kanzlei. Ich sollte heute morgen einen meiner Fälle mit ihm durchgehen. Er steht ganz schön unter Druck.«
»Scheint so. Er will sich heute Abend um neun mit dir treffen, bei Nathan’s in der M Street.« »Warum in einer Bar?« fragte ich. »Hat er nicht gesagt. Es klang verdächtig.«
Mir verging der Appetit, doch ich aß weiter, um mir nichts anmerken zu lassen.
Es war eine unnötige Vorsichtsmaßnahme. Claire war das alles vollkommen gleichgültig.
Ich ging zu Fuß zur M Street, in einem leichten Regen, der sich immer mehr mit Schnee vermischte, und unter ziemlich großen Schmerzen. Freitags abends war es praktisch unmöglich, dort einen Parkplatz zu finden. Außerdem brauchte ich ein bißchen Bewegung und einen klaren Kopf.
Dieses Treffen konnte nur bedeuten, dass es Schwierigkeiten
Weitere Kostenlose Bücher