Der Verrat
Northeast fuhren. Statt des vorausgesagten Schnees fiel kalter Regen. Der Verkehr war spärlich. Es war ein ungemütlicher Februarmorgen, und nur die Entschlossenen wagten sich auf die Straße.
Wir parkten vor dem mit Vorhängeschlössern gesicherten Tor der städtischen Verwahrstelle an der Georgia Avenue. »Warten Sie hier«, sagte Peeler. Ich konnte die Überreste meines Lexus sehen.
Peeler ging zum Tor und drückte auf den Klingelknopf am Pfosten. Die Schuppentür öffnete sich. Ein kleiner, dünner Polizist trat mit einem Regenschirm heraus, und die beiden redeten kurz miteinander.
Peeler kam zurück, schlug die Tür zu und streifte die Regentropfen von den Schultern. »Er erwartet Sie«, sagte er.
Ich stieg aus, spannte meinen Regenschirm auf und ging rasch zum Tor, wo Officer Winkle ohne eine Spur von Freundlichkeit oder Sympathie auf mich wartete. Er holte ein paar Dutzend Schlüssel hervor, fand irgendwie die drei, die zu den schweren Vorhängeschlössern passten, und sagte, während er das Tor öffnete:
»Hier entlang.« Ich folgte ihm und wich dabei den tiefen, mit braunem Wasser und Matsch gefüllten Löchern aus. Bei jeder Bewegung hatte ich Schmerzen, und so waren meine Sprünge recht unbeholfen. Er ging geradewegs zu meinem Wagen.
Ich sah sogleich auf dem Beifahrersitz nach. Keine Akte. Nach einem Augenblick der Panik fand ich sie unbeschädigt auf dem Boden hinter dem Fahrersitz. Ich hob sie auf und wandte mich zum Gehen, denn ich war nicht in der Stimmung, mir das Wrack, dem ich entronnen war, genauer anzusehen. Das einzige, was zählte, war, dass ich diesen Unfall ohne größere Verletzungen überstanden hatte.
Nächste Woche würde ich mich mit der Versicherungsgesellschaft auseinandersetzen müssen.
»Ist das alles?« fragte Winkle.
»Ja«, sagte ich und wäre am liebsten losgerannt.
»Kommen Sie mit.«
Wir traten in den Schuppen, wo ein zischender Gasbrenner in der Ecke Wärme verströmte. Winkle nahm eins von zehn Klemmbrettern von der Wand und starrte auf die Akte, die ich in der Hand hielt. »Ein brauner Aktenordner«, sagte er, während er schrieb. »Etwa fünf Zentimeter dick.« Ich umklammerte die Akte, als wäre sie aus purem Gold. »Steht da ein Name drauf?«
Ich war nicht in der Lage, Einwände zu erheben. Eine einzige schnoddrige Bemerkung, und man würde mich nie wiedersehen. »Wozu brauchen Sie den?« fragte ich.
»Legen Sie die Akte auf den Tisch.«
Ich legte sie auf den Tisch. »RiverOaks Schrägstrich TAG, Inc.«, sagte er und schrieb. »Nummer TBC-96-3381.« Die Spur, die ich hinterließ, wurde immer breiter.
»Gehört das Ihnen?« fragte er und sah mich mit unverhohlenem Misstrauen an.
»Ja.«
»Gut. Sie können gehen.«
Ich bedankte mich und erhielt keine Antwort. Am liebsten wäre ich zum Tor gerannt, doch das Gehen fiel mir schon schwer genug. Winkle schloss hinter mir die Vorhängeschlösser ab.
Als ich wieder im Wagen saß, drehten Mordecai und Peeler sich um und sahen die Akte an. Keiner von beiden wusste, worum es ging. Ich hatte Mordecai lediglich gesagt, sie sei sehr wichtig, und ich müsse sie holen, bevor sie zusammen mit dem Wagen vernichtet würde.
Soviel Aufwand für eine Akte?
Auf dem Rückweg war ich in Versuchung, sie durchzublättern, tat es aber nicht.
Ich dankte Peeler, verabschiedete mich von Mordecai und fuhr vorsichtig zu meiner neuen Wohnung.
Es ging um Bundesgelder, was in Washington nichts Ungewöhnliches war. Die Post plante eine neue Verteilstelle für zwanzig Millionen Dollar, und RiverOaks war eine der aggressiv auftretenden Immobiliengesellschaften, die sich Hoffnungen machten, diese Stelle bauen, vermieten und verwalten zu dürfen. Mehrere Standorte, allesamt in ärmeren, heruntergekommenen Vierteln, waren in Erwägung gezogen worden. Im vorigen Dezember hatte RiverOaks schließlich eine Liste mit drei Standorten vorgelegt und begonnen, die billigen Grundstücke aufzukaufen, die man brauchen würde.
TAG war eine rechtmäßig eingetragene Gesellschaft, deren alleiniger Besitzer Tillman Gantry war, ein zweifach vorbestrafter ehemaliger Zuhälter und Kleinkrimineller, wie es in einer Aktennotiz hieß. Leute wie er waren in dieser Stadt nichts Ungewöhnliches. Nach seiner gescheiterten Karriere als Krimineller hatte Gantry sich auf Gebrauchtwagen und Grundstücksgeschäfte verlegt. Er kaufte verlassene Häuser auf, ließ sie oberflächlich renovieren und verkaufte oder vermietete sie als Gewerberäume. Es waren vierzehn Objekte
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