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Der Verrat

Der Verrat

Titel: Der Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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eingezogen bin.«
    »Und er wollte das Geld in bar?«
    »Immer in bar.«
    »Haben Sie jeden Monat Miete bezahlt?«
    »Ich hab’s versucht. Er kam immer am fünfzehnten.«
    »Waren Sie, als Sie vertrieben wurden, mit der Miete im Rückstand?«
    »Ein bißchen.«
    »Wie viel?«
    »Einen Monat vielleicht.«
    »War das der Grund für die Zwangsräumung?«
    »Weiß ich nicht. Sie haben uns keinen Grund gesagt. Sie haben einfach alle rausgeschmissen.«
    »Kannten Sie die anderen Leute in dem Lagerhaus?«
    »Ein paar. Aber eigentlich hat sich jeder um seinen eigenen Kram gekümmert.
    Jede Wohnung hatte eine Tür mit einem guten Schloss.«
    »Diese Frau, die Sie vorhin erwähnt haben, die Mutter, die Widerstand geleistet hat - kannten Sie die?«
    »Nein. Ich hatte sie vielleicht ein-, zweimal gesehen. Sie wohnte am anderen Ende.«
    »Am anderen Ende?«
    »Ja. In der Mitte des Gebäudes gab’s keine Anschlüsse für Wasser und Kanalisation, also haben sie die Zwischenwände an den Enden eingezogen.«
    »Konnten Sie von Ihrer Wohnung aus die Wohnung der Frau sehen?«
    »Nein. Das Lagerhaus war ziemlich groß.«
    »Wie groß war Ihre Wohnung?«
    »Zwei Zimmer. Wie viele Quadratmeter es waren, weiß ich nicht.«
    »Elektrizität?«
    »Ja. Sie hatten ein paar Leitungen gelegt. Wir konnten Radios und so weiter anschließen. Wir hatten Licht. Es gab fließendes Wasser, aber bloß Gemeinschaftsklos.«
    »Heizung?«
    »Nicht viel. Es war kalt, aber nicht annähernd so kalt wie auf der Straße.«
    »Dann waren Sie also zufrieden?«
    »Es war in Ordnung. Ich meine, für hundert Scheine pro Monat war’s nicht schlecht.«
    »Sie sagten, dass Sie ein paar andere Leute dort kannten. Wie hießen die?«
    »Herman Harris und Shine So und so.«
    »Wo sind sie jetzt?«

    »Ich hab sie seitdem nicht mehr gesehen.«
    »Und wo wohnen Sie jetzt?«
    »Beim CCNV.«
    Mordecai zog eine Visitenkarte aus der Tasche und reichte sie Lam. »Wie lange werden Sie dort bleiben?«
    »Ich weiß nicht.«
    »Würden Sie mit mir in Verbindung bleiben?«
    »Warum?«
    »Weil Sie vielleicht bald einen Anwalt brauchen werden. Rufen Sie mich bitte an, wenn Sie in eine andere Unterkunft oder eine eigene Wohnung ziehen.«
    Lam steckte die Karte wortlos ein. Wir bedankten uns bei Liza und fuhren zurück ins Büro.
    Wie bei jedem Verfahren gab es auch hier mehrere denkbare Vorgehensweisen. Wir hatten drei Gegner - River-Oaks, Drake & Sweeney und TAG - und waren nicht darauf erpicht, dieser Liste noch weitere hinzuzufügen.
    Die erste Möglichkeit war ein Hinterhalt. Die zweite war »Serve und Volley«.
    Bei einem Hinterhalt würden wir unsere Anschuldigungen grob umreißen, Klage erheben, die Sache an die Presse durchsickern lassen und hoffen, dass wir genug Beweise zusammenbekamen. Der Vorteil hierbei war, dass die Gegenseite bloßgestellt wurde und der Überraschungseffekt und hoffentlich auch die öffentliche Meinung zu unseren Gunsten arbeiten würden. Der Nachteil war, dass diese Methode einem Sprung von der Klippe entsprach, den man in der durch nichts gedeckten Überzeugung unternimmt, dass irgendwo da unten ein Netz gespannt ist.
    Bei »Serve und Volley« würden wir die Gegenpartei zunächst nicht verklagen, sondern ihr einen Brief schreiben, in dem wir dieselben Anschuldigungen erhoben und sie zu einem Gespräch über die Angelegenheit aufforderten. Es würden Briefe gewechselt werden, und im großen und ganzen würde jede Seite schon im voraus wissen, was die andere tun würde. Wenn wir einen Verstoß gegen Gesetze oder Bestimmungen nachweisen konnten, würde man uns vermutlich eine stille außergerichtliche Einigung vorschlagen. Es musste nicht unbedingt zu einem Prozess kommen.
    Die Methode des Hinterhalts gefiel Mordecai und mir aus zwei Gründen. Erstens: Die Kanzlei hatte offenbar nicht vor, mich in Ruhe zu lassen; die beiden Durchsuchungen waren ein deutliches Zeichen dafür, dass Arthur und der Vorstand sowie Rafter und seine hartgesottenen Prozessanwälte es auf mich abgesehen hatten. Meine Verhaftung würde eine schöne Zeitungsmeldung abgeben, und man würde sie sofort durchsickern lassen, um weiteren Druck auf mich auszuüben. Wir mussten zum Gegenangriff bereit sein.
    Der zweite Grund war der Dreh- und Angelpunkt unseres Falls: Hector und die anderen Zeugen konnten nur dann zu einer Aussage gezwungen werden, wenn wir Klage erhoben. Wenn dann die Beweismittel offengelegt werden mussten, würden wir Gelegenheit haben, den Beklagten alle möglichen

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