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Der Verrat

Der Verrat

Titel: Der Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rowland
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des Shōgun für sie ergaben. Wenn der Kammerherr seine Macht verlor, würden sie ihn und seinen Sohn kurzerhand hinrichten. Und was sollte dann aus ihr und Kikuko werden? Würde man auch sie exekutieren?
    »Wenn mein Plan scheitert, wirst auch du dich nicht lange unter einem neuen Herrscher halten«, sagte Yanagisawa zu Hoshina. »Aber wenn alles gut geht, werde ich die Macht über Sano haben – und über alle anderen. Dann brauchst du dich nie mehr zu sorgen, dass Sano dich übertrumpft. Dann kannst du haben, was du willst, ohne dass er dir im Weg steht.«
    Die Fürstin wusste, falls es ihrem Mann gelang, seinen Sohn zum nächsten Shōgun zu machen, würden auch er und Hoshina an Macht und Reichtum gewinnen. Für sich selbst jedoch erwartete die Fürstin keinen Gewinn. Wahrscheinlich würden sie und Kikuko das gleiche Leben weiterführen wie bisher. Diese Aussicht erschien ihr beinahe so schrecklich wie der Tod.
    Nachdenklich meinte Hoshina: »Aber es könnte sein, dass der Shōgun noch viele Jahre herrscht.«
    »Wir sollten dafür beten«, sagte Yanagisawa. »Denn die jetzigen Zustände sind uns gewiss, die Zukunft aber nicht. Niemand kann sagen, was sie uns bringt, egal, wie sorgfältig wir planen.«
    »Dann erwartet Ihr von mir, dass ich darauf achte, den Waffenstillstand zwischen Euch und sōsakan Sano nicht zu stören? Dass ich möglicherweise jahrelang warte, bis die Verhältnisse sich ändern und Ihr die absolute Macht über Sano besitzt?« Ein gereizter Unterton lag in Hoshinas Stimme.
    Der Kammerherr lächelte nur. »Oder bis ich beschließe, den Waffenstillstand zu brechen, weil die Zeit dafür reif ist. Aber du hast immerhin die Freiheit, dich Sano bis dahin weiter in den Weg zu stellen und ihm so viele Schwierigkeiten zu bereiten, wie es dir gefällt.«
    Hoshina erhob sich mit betrübter Miene. Fürstin Yanagisawa hatte beinahe Mitleid mit ihm, denn auch er war ein Sklave ihres Mannes. Zugleich aber bereitete ihr Hoshinas Enttäuschung hämische Freude. Als er in die Villa ihres Mannes gezogen war, hatte die Fürstin mehr als einmal daran gedacht, ihn zu vergiften oder sich nachts in sein Schlafgemach zu schleichen und ihm die Kehle durchzuschneiden. Vielleicht brachte sie eines Tages tatsächlich den Mut auf, Hoshina zu töten, obwohl sie die Strafe ihres Mannes fürchtete und nicht damit rechnen konnte, dass er sich mehr um sie und Kikuko kümmerte, wenn Hoshina beseitigt war.
    Aus all diesen Gründen richtete die Fürstin nun ihren ganzen Hass auf Reiko.
    Reiko war etwa zu der Zeit Mutter eines Sohnes geworden, als Fürstin Yanagisawa erkannt hatte, dass Kikuko behindert sein würde. An einem Tag im vergangenen Sommer, als die Fürstin mit Kikuko eine Pilgerreise zum Zōjō-Tempel unternommen hatte, um dort spirituelle Heilung für ihre Tochter zu finden, hatte sie Reiko und Masahiro zusammen mit mehreren Frauen aus dem Palast auf dem Tempelgelände erblickt. Als sie beobachtet hatte, wie Masahiro plappernd und lachend umhertollte, war sie von tiefer Bitterkeit befallen worden, weil dieser kleine Junge alles besaß, was Kikuko für immer verwehrt war.
    Warum hatten manche Frauen so viel Glück, während andere vom Schicksal so hart gestraft wurden?
    An diesem Tag im Tempel hatte Fürstin Yanagisawa die Vorstellung entwickelt, dass es auf der Welt nur eine bestimmte Menge an Glück gab und dass Reiko mehr als den ihr zustehenden Anteil davon bekommen hatte. Dieser Gedanke verfestigte sich bald zu der Gewissheit, dass Reiko eine Feindin war, die ihr, der Fürstin, jenes Glück gestohlen hatte, das ihr fehlte, sodass sie den ihr zustehenden Anteil nur bekam, wenn sie ihn Reiko fortnahm. Zwar wusste die Fürstin nicht, wie sie das anstellen sollte, doch es schien ihr eine gute Idee, sich als ersten Schritt näher mit ihrer Feindin bekannt zu machen. Deshalb hatte sie das Fest im Palast besucht … wo etwas Unvorhergesehenes geschehen war.
    Zuerst hatte Fürstin Yanagisawa vor Wut geschäumt, als sie erkennen musste, dass Reiko, die sie bisher nur von weitem gesehen hatte, aus der Nähe noch schöner war und dass die Unterschiede zwischen Masahiro und Kikuko noch größer und bedrückender zu sein schienen als erwartet. Doch Reiko war so freundlich und umgänglich gewesen, dass Fürstin Yanagisawa in ihrer Entschlossenheit schwankend geworden war. Als sie Reiko schließlich gebeten hatte, sie besuchen zu dürfen, war sie sich nicht mehr sicher gewesen, ob sie es mit der Absicht tat, Reiko Schaden

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