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Der Verrat

Der Verrat

Titel: Der Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rowland
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zuzufügen oder ihre Freundschaft zu gewinnen …
    Im Stockwerk unter ihr erhoben sich der Kammerherr und Kommandeur Hoshina und verließen die Schreibstube. Kikuko bewegte sich unter der wärmenden Decke; sie wusste, dass jetzt keine Gefahr mehr bestand, gehört zu werden. Fürstin Yanagisawa jedoch lag regungslos da. Noch immer dachte sie an ihren Besuch in Reikos Villa. Sie erinnerte sich, in der Schreibstube des sōsakan-sama ein Spielzeugpferd gesehen zu haben sowie Männerkleidung, die auf einem Ständer in Reikos Zimmer gehangen hatte. Dieses Haus war ein Ort, an dem Ehemann, Ehefrau und Kind in Harmonie miteinander lebten – ein Ort, der Fürstin Yanagisawa Trost spendete, zugleich aber Nahrung für Neid und Eifersucht bot.
    Die Fürstin wusste immer noch nicht, ob sie den Anteil am Glück, der ihr vom Schicksal vorenthalten worden war, dadurch erlangen konnte, indem sie Reiko Schaden zufügte oder indem sie ihre Freundschaft suchte.
    Doch eins stand für sie fest: Falls sie Reiko bei ihren Ermittlungen helfen konnte, würde sie es tun, weil sie dann die beste Gelegenheit hatte, jene Entscheidung in die Tat umzusetzen, die sie letztlich treffen würde.

18.

     
    R
    eiko stieg aus der Sänfte und ging ins Haus. Sie seufzte niedergeschlagen, während die Hausmädchen ihr aus dem Übermantel halfen. Ihre Hoffnungen, Wisterie und ihren Geliebten aus Hokkaido zu finden, waren an diesem Morgen wieder einmal vergeblich gewesen; die Nachforschungen hatten sich als neuerlicher Fehlschlag erwiesen. Keine der Frauen, die Reiko besucht hatte, schien etwas über den geheimnisvollen Geliebten der Kurtisane zu wissen.
    Auch das Anwesen ihres Vaters im Beamtenviertel unweit des Palasts hatte sie aufgesucht. Magistrat Ueda, der abwechselnd mit dem zweiten Magistraten der Stadt, Aoki, Recht sprach, hatte sich einen Monat freigenommen, sodass nun Aoki die Gerichtsverhandlungen leitete. Reiko hatte sich bei ihrem Vater erkundigt, ob er jemals etwas von dem Mann aus Hokkaido gehört habe. Magistrat Ueda hatte daraufhin seine Unterlagen durchgesehen, war aber auf keinen Hinweis gestoßen. Allmählich erhärtete sich Reikos Verdacht, dass es sich bei den Tagebuchseiten, die Hirata entdeckt hatte, tatsächlich um Fälschungen handelte.
    Bedrückt ging Reiko zum Kinderzimmer, wo Masahiro ein Nickerchen machte. Neben ihm saß O-hana, das Kindermädchen. Ihre gelangweilte Miene hellte sich auf, als sie Reiko erblickte.
    »Reiko- san !«, sagte sie lächelnd. »Endlich seid Ihr zurück. Ist Euch kalt von der Reise? Soll ich Euch heißen Tee bringen?«
    »Ja, bitte«, erwiderte Reiko. »Das wäre jetzt das Richtige.«
    Das Kindermädchen eilte davon, während Reiko Platz nahm und gedankenversunken den schlafenden Masahiro betrachtete. Sie fragte sich, wie sie jetzt weitermachen sollte, nachdem nicht einmal ihre geheimen Quellen Hinweise geliefert hatten. O-hana kam zurück und legte Reiko eine dampfende Schale Tee in die ausgestreckten Hände.
    »Danke«, murmelte Reiko abwesend.
    »Ihr und der sōsakan-sama sucht nach Kurtisane Wisterie, nicht wahr?«, fragte O-hana.
    »Ja.« Reiko bedachte das Kindermädchen mit einem erstaunten Blick. Nie hatte sie mit den Hausangestellten über Sanos Ermittlungen gesprochen. Sie vermutete zwar, dass die Bediensteten heimlich lauschten, doch nie hatten sie die Grenzen des Anstands überschritten und Reiko oder Sano direkt darauf angesprochen, was sie aufgeschnappt hatten.
    »Vielleicht kann ich Euch helfen«, sagte O-hana.
    Reiko musterte die Miene des Kindermädchens genauer: O-hanas Lächeln, die wachen Augen so schwarz wie Kohle und die modische rote Schärpe. Das Mädchen war tüchtig und stets freundlich zu Masahiro, und der kleine Junge hatte es ins Herz geschlossen. Dennoch war Reiko unsicher, wenn es um die Einschätzung O-hanas ging. Das Mädchen war ihr stets ein wenig eingebildet erschienen, gleichzeitig war es darauf bedacht, sich bei ihr und Sano einzuschmeicheln.
    »Und wie willst du mir helfen?«, fragte Reiko.
    »Ich kenne Wisteries Familie.«
    »Woher?«, fragte Reiko und rief sich in Erinnerung, was Sano ihr über die Kurtisane erzählt hatte. »Sie leben weit weg von hier, in der Provinz Dewa.« Außerdem wusste Reiko, dass O-hana aus Edo stammte und nie außerhalb der Stadt gewesen war.
    »Verzeiht, aber da muss ich widersprechen«, sagte O-hana. Ihre Stimme klang freundlich und bescheiden, doch das kaum merkliche spöttische Lächeln ließ erkennen, wie sehr sie es genoss, ihre

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