Der Verrat Der Drachen: Roman
spürte, wie sein Leben ihr unter den Händen entglitt.
»Shaan!« Aran war neben ihr, zog an ihrem Arm. »Es ist zu spät. Komm.« Sein Gesicht war grimmig und blutbespritzt. Shaan fiel das Atmen schwer; Zorn baute sich in ihr auf.
Shaan, beweg dich! Tallis’ Stimme ertönte in ihrem Kopf. Ein Drache kommt euch holen .
Aran zerrte sie auf die Beine, und Shaan sah durch die weit auseinander stehenden Säulen einer Kolonnade die Freifläche des Hofs. Er war voller kämpfender Soldaten; die Luft war von Schreien, Schlachtenlärm und den dröhnenden Flügelschlägen der Echsen erfüllt.
»Folgt mir! Zieh dein Messer!«, rief Aran. Mit zitternden Händen gehorchte Shaan, packte Nilah am Arm und zog sie mit. Sie rannten auf den Säulengang zu, durch seinen Schatten und auf die andere Seite, wo sie stehen blieben. Es mussten hundert oder mehr Kämpfer auf dem Hof sein, und Shaans Herz setzte aus, als sie einen Blick auf blondes Haar erhaschte und Balkis mitten auf dem Hof in schwere Kämpfe verstrickt sein Schwert schwingen sah. Erleichterung durchströmte sie. Er war noch am Leben. Nicht weit von ihm entfernt drang Rorc, eine Klinge in jeder Hand, auf die Waffenknechte ein. Die Reihe schwarz gekleideter Glaubenstreuer und Reiter rückte in starrer Formation gegen die ungeordneteren Wachen vor und drängte sie an den Rand des Hofs nahe der Ratsgemächer zurück. Über ihnen schwebten die Drachen, sausten immer wieder im Sturzflug über die Waffenknechte hinweg, zwangen sie, sich zu ducken, und lenkten sie ab. Shaan sah, wie Attar vom Rücken seines Drachen Pfeile auf die Wachen abschoss, ein breites Grinsen im Gesicht.
»Wartet, bis sie sie zurückgedrängt haben!«, rief Aran. Shaan nickte und vergewisserte sich, dass Nilah in Sicherheit hinter einer Säule stand. Sie hatte schon früher Menschen kämpfen und sterben sehen, aber noch nie eine Schlacht, noch nie etwas wie dies. So viele waren verletzt, starben; der Druck hinter ihrem Brustbein war so stark, dass sie das Gefühl hatte, er würde vielleicht ihren Brustkorb sprengen.
Die Kämpfe begannen sich auszuweiten; Trupps von Waffenknechten lösten sich, verfolgt von den Glaubenstreuen, und mehrfach mussten Shaan und Aran diejenigen abwehren, die versuchten, an ihnen vorbeizugelangen. Dann erklang plötzlich Tallis’ Stimme in Shaans Verstand.
Jetzt! Lauft jetzt! , rief er, und wie ein Echo hörte sie das Zischen einer Drachin durch ihre Gedanken rollen, die in der uralten Sprache rief: Arak-si, komm!
Shaan zog Nilah hinter der Säule hervor. »Aran!«, rief sie, aber er kämpfte und hörte sie nicht. »Bleib hinter mir.« Shaan hielt ihr Messer gut fest, als sie zu dem freien Stück Pflaster jenseits der Hauptfront der Kämpfer rannten. Sie spürte die Drachin eher, als dass sie sie sah. Der Wind ihrer Flügel wirbelte Staub auf dem Boden auf und schüttelte die Bäume in ihren Kübeln; der Boden erzitterte unter ihren Füßen, als sie auf den Pflastersteinen landete. Aber Tallis saß nicht auf der Drachin. Wo war er?
Geh! , sagte er. Ich muss bleiben und die Schlacht beenden.
»Schnell, steig auf!« Shaan stieß Nilah vorwärts, und die junge Führerin kletterte unbeholfen über das Vorderbein der Drachin auf ihren Rücken. Shaan schob ihr Messer in die Scheide und folgte dichtauf; die Haut der Drachin unter ihren Händen war fast vertraut. Asrith. Shaan begriff, dass sie plötzlich den Namen der Drachin kannte. Sobald sie sie berührt hatte, war das Wissen um den Namen der Drachin so leicht in sie geflossen wie das Verständnis der uralten Worte, die dem vorausgegangen waren.
Arak-si , sagte Asrith in ihrem Verstand. Bereit?
Flieg , befahl Shaan ihr, setzte sich hinter Nilah, hielt sich gut mit den Schenkeln fest und umfasste die Taille der jungen Frau, als die Drachin sich heftig mit den Flügeln schlagend in die Luft erhob. Geneigt flogen sie in einem trägen Kreis über den Palast; Shaan sah, dass eine weitere Schar Waffenknechte auf den zentralen Hof strömte. Die Glaubenstreuen und Reiter würden zwischen den Wachen aufgerieben werden.
Balkis , dachte sie panisch. Tallis! , rief sie und versuchte verzweifelt, ihn inmitten des wirbelnden Durcheinanders aus Drachen in der Luft zu sehen.
Ich sehe . Seine Geiststimme drang klar zu ihr durch, und plötzlich sah sie ihn auf Marathin reitend ein halbes Dutzend Drachen abwärts auf die eindringenden Männer zuführen. Los , sagte er.
Aber Balkis , protestierte sie.
Los! , befahl er Asrith, und Shaan
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