Der Verrat Der Drachen: Roman
erwiderte Tuon.
Nilah lächelte. »Es ist schade, dass wir nicht mehr Zeit zum Reden hatten, Shaan. Ich sehe, dass du immer noch Balkis’ Familienstein trägst.« Ihre Augen füllten sich mit verschwörerischer Heiterkeit. »Du kannst mir erzählen, wie gut er war, wenn wir uns wiedersehen. Ich hoffe, für dich geht bei den Clans alles gut.«
»Ich bin überzeugt, dass Rorc dich in jedem Fall benachrichtigen wird«, antwortete Shaan.
»Vermutlich, aber wir kennen doch beide seine Vorgehensweise. Ich habe aber meine eigenen Vorstellungen …«
»Nilah!«, rief Morfessa. »Komm, es wird Zeit.«
Die junge Führerin rollte die Augen und sah Tuon an. »Der alte Mann behandelt mich immer noch wie ein Kind. Ich bin froh, dass du mitkommst, dann habe ich jemand anderen zum Reden.«
»Es wird sicher interessant«, sagte Tuon.
Nilah streckte Shaan die Hand hin. »Auf Wiedersehen, Nachkommin«, sagte sie.
Shaan fühlte sich an ihre erste Begegnung mit der jungen Frau im Gasthaus Zum Drachen erinnert und schüttelte ihr die Hand. »Pass auf dich auf, Nilah.«
»Keine Sorge, dort, wo wir hinreisen, gibt es keine Wirtshäuser – leider.« Das Lächeln der jungen Frau wurde breiter; dann ging sie zurück zu den Muthus.
»Das gibt Ärger«, sagte Tuon unhörbar und legte Shaan eine Hand auf den Arm. »Komm, ich glaube, ich muss auch los.«
Sie gingen zu den wartenden Muthus, bei denen Rorc letzte Worte mit Veila wechselte. Er schaute auf, als sie näher kamen, und Shaan glaubte, irgendetwas in seinen Augen aufblitzen zu sehen, als er Tuon ansah. Aber es war bald verschwunden, als er Morfessa die Hand schüttelte und den Glaubenstreuen, die die Reisenden als Wachen begleiteten, letzte Anweisungen erteilte.
»Wir werden einen Botenvogel schicken, sobald wir die Entscheidung der Clans kennen«, sagte er. »Tuon, pass gut auf Veila auf, und … auf dich.«
»Das werden wir tun«, sagte sie, »pass du auch auf dich auf.« Sie sah ihn einen Moment lang traurig an, bevor sie auf das Muthu stieg, das einer der Jäger für sie bereithielt. Ivar, der schon auf dem Muthu neben ihrem saß, nickte Shaan zu, als sie vortrat, um sich ein letztes Mal zu verabschieden.
»Sei vorsichtig«, sagte sie.
»Ich komme schon zurecht.« Tuon ergriff ihre Hand. »Achte du darauf, dass dein Bruder auf dich aufpasst.« Ihre Augen waren bekümmert, als sie sie ansah. »Wer weiß, wann wir einander wiedersehen.« Sie beugte sich herunter und küsste Shaan auf die Wange.
Shaan drückte ihr die Hand ein allerletztes Mal, konnte aber nicht sprechen, da sie mit den Tränen kämpfte, als sie zurücktrat. Die Glaubenstreuen stiegen auf und setzten sich auf einen scharfen Befehl hin in Bewegung. Tuon drehte sich um und winkte Shaan zu; dann begannen die Muthus zu traben, und Staubwolken wirbelten unter ihren Hufen auf.
»Es ist immer schwer, Abschied zu nehmen.« Mailun blieb neben ihr stehen, während die anderen ihre eigenen Reisevorbereitungen zu treffen begannen. »Tuon ist eine gute Freundin von dir, nicht wahr?«
»Wir haben uns kennen gelernt, als ich neun Jahre alt war«, sagte Shaan.
Mailun lächelte traurig und sah der verschwindenden Staubwolke nach. »Ich musste eine gute Freundin zurücklassen, als ich die Eislande verließ«, sagte sie. »Ich vermisse sie noch immer.« Sie seufzte und sah Shaan an. »Die Seherin, Veila, erzählte mir, der Prophet hätte etwas über dich und einen Tempel geschrieben, ein steinernes Auge, das blind vor sich hinstarrt«, sagte sie vorsichtig. »Sie dachte, ich sollte es wissen – da wir beide annehmen, dass er den Tempel des Kaa meint, einen Ort in den Clanlanden.«
Shaan nickte und verschränkte die Arme vor der Brust. Sie war sich nicht sicher, was sie davon halten sollte, dass Veila ihrer Mutter davon erzählt hatte.
»Es tut mir leid, wenn du nicht wolltest, dass ich es erfahre«, sagte Mailun, doch Shaan schüttelte den Kopf.
»Es spielt keine Rolle; ich nehme an, die Seherin hatte ihre Gründe.«
»Es gibt eine Träumerin bei den Jalwalah – Shila«, sagte Mailun. »Sie erzählte mir Dinge, die ich nicht hören wollte, Dinge, die die Führer ihr gesagt hatten – sie verlangen so viel, nehmen so viel. Es ist manchmal schwer zu ertragen.« Sie zögerte und legte Shaan dann langsam und zögerlich eine Hand auf die Schulter. »Ich weiß, dass Jahre zwischen uns liegen, Tochter, und vielleicht sind zu viele verloren, aber ich wäre gern deine Freundin – wenn du eine brauchst.« Ihre Hand
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