Der Verrat Der Drachen: Roman
aufgebrochen und hatte alle verbliebenen Drachen bis auf drei zu Balkis an die Jägerklippe mitgenommen. Nun mussten sie sich nur noch von Tuon und den anderen verabschieden, bevor sie ihre Reise in die Clanlande begannen.
»Bist du sicher, dass du gehen willst?« Shaan wandte sich zu Tuon an ihrer Seite um. »Ich könnte immer noch mit Rorc reden …« Sie ließ die Worte verklingen, als sie sah, wie sich die Augen ihrer Freundin verengten.
»Nein«, sagte Tuon, »ich glaube nicht, dass das eine gute Idee für auch nur einen von uns wäre. Außerdem« – sie versuchte ein Lächeln, das nicht einmal ansatzweise zustande kam – »habe ich es Veila versprochen. Ich kann sie doch nicht mit all den Männern alleinlassen.«
»Wohl kaum.« Shaan nickte, obwohl sie wusste, dass das nicht der Grund war. Sie wussten es beide. Tuon hatte es ihr nicht erzählt, aber Shaan hatte erraten, dass etwas zwischen ihrer Freundin und Rorc vorgefallen war, vielleicht in der ersten Nacht, nachdem sie die Stadt verlassen hatten. Sie hatte Tuon in jener Nacht ins Zelt zurückkehren hören und hatte gelauscht, als sie sich in den Schlaf geweint hatte, hatte aber nicht das Herz gehabt, sie auszufragen. Tuon war so traurig gewesen; vielleicht war es wirklich das Beste, wenn sie ging.
»Ich werde dich vermissen«, sagte sie. »Es tut mir leid, dass es so weit gekommen ist.«
»Was ist, kann man nicht ändern, nicht wahr?« Tuon lächelte jetzt wirklich, ein kurzes, schwaches Verziehen ihrer Lippen. »Du musst dir Gedanken um Größeres machen. Versprich mir, dass du gut über das nachdenken wirst, was in den Schriftrollen steht, wie Veila dir gesagt hat. Dir gefällt ja vielleicht nicht, was sie enthalten, aber vielleicht können sie dir helfen oder dir sogar das Leben retten.«
Shaan seufzte. »Ich werde es versuchen.«
»Na, das ist schon besser als ein Nein.« Tuon nahm ihre Hand. »Hast du Tallis davon erzählt?«
»Ja.« Er hatte sie sofort aufgesucht, nachdem sie Veilas Zelt verlassen hatte, da er ihren Zorn und ihre Verwirrung gespürt hatte. »Er ist mit mir einer Meinung«, sagte sie. »Er würde auch lieber seine eigenen Entscheidungen treffen.«
»Ihr seid wirklich miteinander verwandt, was?«, meinte Tuon. »Aber vielleicht ist er derjenige, der den Schöpferstein spalten könnte. Schließlich ist er jetzt sehr mächtig, nicht wahr?«
»Mir wäre es lieber, wenn er ihn nicht berührt.« Shaan bekam bei der Vorstellung Angst. »Der Stein ist zu stark, Tuon. Es ist fast so, als ob er lebt, lauscht.«
In Tuons Augen stand Besorgnis. »Das ist nur ein Grund mehr, ihn zu zerstören.«
»Wenn es denn so leicht wäre«, murmelte Shaan.
Tuon holte Atem, um zu sprechen, wurde aber davon abgelenkt, dass Morfessa etwas rief. Mit verärgerter Miene entriss er sein Bündel einem der Jäger, der es gerade unter einer Zeltplane hatte festschnüren wollen.
»Sieht aus, als ob es eine wahre Freude sein wird, mit Morfessa zu reisen«, sagte Tuon, als sie sah, wie er den Jäger beiseitestieß.
»Ich bin sicher, dass Veila ihn im Zaum halten wird.« Shaan beugte sich näher heran und senkte die Stimme. »Du solltest aber vielleicht Nilah im Auge behalten. Ich glaube, sie hat irgendeinen anderen Plan als den, sich in den Bergen zu verstecken, bis jemand sie abholen kommt. Das hat sie mir so gut wie gesagt.«
»Hast du Rorc davon erzählt?«, fragte Tuon.
Shaan schüttelte den Kopf. »Ich glaube nicht, dass das viel nützen würde – aber du könntest es Veila gegenüber erwähnen. Behaltet sie im Auge.« Sie sah die junge Führerin an, die mit ver schränkten Armen dastand und das geschäftige Treiben mit verschlossener Miene beobachtete. »Lass dich nicht von ihr herumkommandieren«, sagte sie. »Sie ist jetzt nicht im Palast.«
»Du weißt doch, dass du dir darum keine Sorgen machen musst«, sagte Tuon. »Ich habe nicht vor, ihre Dienerin zu spielen.«
Als hätte sie bemerkt, dass sie über sie sprachen, kam Nilah auf sie zu. Shaan hatte unterwegs kaum mit ihr geredet, sondern die meiste Zeit, die sie nicht auf der Drachin gesessen hatten, mit Tuon verbracht, aber sie betrachtete die junge Frau immer noch als Freundin und bedauerte es fast, sie gehen zu sehen.
»Shaan«, sagte Nilah, »ich wollte dir noch einmal dafür danken, dass du mich aus dem Palast gerettet hast. Und für die Kleider zum Wechseln. Auch dir, Tuon: Ich war es leid, immer nur mein Nachthemd zu tragen.«
»Veila hat mir mehr gegeben, als ich brauchte«,
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