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Der Verrat Der Drachen: Roman

Titel: Der Verrat Der Drachen: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lara Morgan
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gab keine Tür zum Balkon, nur eine breite Öffnung, die den feuchten Duft des Dschungels einließ; Shaan trat hinaus und lehnte sich an die steinerne Brüstung. Sie war auf der Rückseite des Palasts; der Balkon ging auf einen Hof und die rückwärtige Mauer hinaus. Jenseits der Steine lag nur dichter Dschungel. Der Regen war zum Erliegen gekommen, und ein Vogelschwarm rief irgendwo in den Bäumen; dann ertönte das schwere Geräusch von Drachenflügeln, die die Luft peitschten, und ein langer Schatten fiel für einen Moment auf den Balkon, als mehrere der Geschöpfe darüber hinwegstrichen. Shaan konnte schwach das Aufeinanderprallen und Klirren von Stahl und die kehligen Laute von übenden Kriegern hören. Sie schloss die Hand um den Anhänger und fühlte sich schrecklich einsam. Tallis konnte sie jetzt überhaupt nicht mehr spüren; sein Innerstes wurde von den Bergen versperrt. Dafür spürte sie den Schöpferstein deutlich. Ihre linke Hand kribbelte, und sie hörte sein Summen in sich beinahe so stark, wie sie Azoths Präsenz wahrnahm, so, als stünde er direkt vor ihrer Tür. Wieder erfüllten Zweifel ihren Verstand. Ob sie überhaupt in der Lage war, zu tun, was Sabut wollte? Warum hätte Azoth auf sie hören sollen? Er war jetzt, da er den Schöpferstein besaß, so mächtig …
    Als der rosige Schimmer des Sonnenuntergangs sich über den Himmel auszubreiten begann, kamen die Frauen, um sie abzuholen. Shaan hatte den Anhänger abgenommen und in der Holztruhe versteckt.
    Die Frauen führten sie über eine breite Steintreppe hinab auf einen regennassen Hof; die Steine schimmerten vor Feuchtigkeit, während Scanorianer umherhuschten und Fackeln entzündeten. Sie gingen in ein anderes, großes Gebäude hinüber, das drei Stockwerke hoch über dem Boden aufragte. Jenseits davon ertönten die Schritte vieler Füße auf Stein, und als sie sich einem Treppenhaus näherten, kam ein Schwarm Drachen hinter ihrem Rücken aus dem Dschungel herangestrichen. Shaans Herz machte vor Furcht einen Satz. Es waren zu viele, um sie zu zählen: Das Rauschen ihrer Flügel erfüllte den Himmel. Die Luft peitschte auf sie herab, wehte ihr Kleid zurück und drückte es eng an ihren Körper, als die Drachen niedrig über ihren Kopf hinwegflogen. Ein geflüsterter Chor von Arak-si zischte durch ihren Verstand und bereitete ihr unerwartete Schmerzen. Sie griff sich an den Kopf und stieß sie schwer atmend von sich.
    Die ältere Frau beobachtete sie; ihr Gesicht spiegelte eine Mischung aus Argwohn und Besorgnis wider. Hinter ihr sah die jüngere Sklavin verschreckt drein.
    Shaan rang darum, sich wieder zu fangen, bedeutete ihnen, weiterzugehen, und folgte ihnen die Treppen hinauf und einen weiteren geräumigen Flur entlang zu einer breiten, zweiflügligen Holztür, die mit Stahl verstärkt war. Die Frauen ließen sie dort allein, und sie stieß einen der Türflügel auf und betrat einen großen Raum, der vom sanften Leuchten gelblicher Lampen erhellt war. Wie ihr Wohnzimmer ging er auf einen langen, steinernen Balkon hinaus, aber er war drei Mal so groß.
    Azoth wartete, ganz in Schwarz gekleidet: Er trug ein ärmelloses, durchscheinendes Seidenhemd und weite Hosen.
    Er lächelte und streckte ihr eine Hand entgegen. »Shaan, komm her.«
    Sie zögerte. Sein Blick griff über den Abstand zwischen ihnen, so dass sie es schwer fand, irgendetwas anderes als ihn anzusehen. Sie trat einen Schritt in den Raum, noch einen – und dann ließ ein Geräusch sie stehen bleiben. Sie sah eine Person zu seinen Füßen am Boden liegen – eine kleine Frau mit dunklem Haar.
    Alterin! Shaans Muskeln zogen sich schmerzhaft zusammen.
    »Ja, sie ist es«, sagte Azoth ruhig. »Wir hatten eine … Auseinandersetzung.«
    Alterin wälzte sich langsam in eine sitzende Stellung und sah Shaan an. Sie war eine andere Frau als diejenige, die ihr vor Monaten geholfen hatte. Sie wirkte kleiner, niedergeschlagen. Ihre Wange war zerschnitten, und der Drang zu heilen stieg in Shaans Brust auf.
    »Warum ist sie verletzt?«, fragte sie und versuchte, ihre Stimme gleichmütig zu halten. Er durfte nicht wissen, wie sehr es sie schmerzte, Alterin so zu sehen.
    »Sie hat mir getrotzt«, sagte Azoth und sah dann auf Alterin herab. »Das hättest du nicht tun sollen. Ich tue dir nicht gern weh.«
    »Ich habe Euch nicht getrotzt«, sagte Alterin leise. »Ich war nur verwundert über … Euren Gast.«
    Ihre dunklen Augen richteten sich auf Shaan, und der Ausdruck, der in ihnen

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