Der Verrat Der Drachen: Roman
Tallis an, als er den Stein hochhob; seine Augen waren blauer als der Himmel, und Tallis wusste, dass er, wenn er nach seiner Waffe griff, tot sein würde, bevor er sie erreichte.
»Ich bin Paretim.« Der blauäugige Gott straffte sich. »Du bist der verbotene Nachkomme unseres Bruders, die andere Hälfte der zwei.«
Tallis antwortete nicht. Er hatte keine Worte mehr. Alles war verschwunden. Azoth hatte verloren, aber er hatte zugleich gewonnen. Jenseits des Gottes sah er die Verwirrung, als die Überlebenden bemerkten, dass Azoths Armee den Kampf aufgab. Der seltsame, grollende Odem des dunklen Gottes hing in der Luft, und die Scanorianer verneigten sich alle bis zum Boden. Die Furcht der Drachen bildete einen dumpfen Schrei in seinem Geist, und er sah einen Alhanti davonlaufen; hinter seinen Füßen stoben Staubwolken auf. Die verbliebenen Kämpfer aus den Clans und aus Rorcs Armee standen erschöpft und verwirrt zwischen den knienden Scanorianern.
»Er hätte dich nicht erschaffen sollen«, sagte Paretim. »Hier gibt es jetzt keinen Platz mehr für dich.«
»Der Stein, der Stein!«, flüsterte die rothaarige Göttin, während sie das schwarze Bruchstück in seiner Hand anstarrte. »Unser.« Ihre Finger streckten sich danach aus und hielten inne, bevor ihre Hände sich berührten. Ihre Augen leuchteten vor Besessenheit, vor Wahnsinn. Keine Frage, warum Shaan nicht gewollt hatte, dass sie den Stein bekamen.
Tallis stand langsam auf. Die Vorahnung, die ihn seit Wochen immer wieder heimgesucht hatte, stieg ihm in die Kehle, als Paretim ihn anlächelte und sich dann dem Weißhaarigen zuwandte. »Epherin.« Er streckte die Hand mit dem Stein aus, und der schlanke Gott trat mit eifriger Miene vor und hielt die Hand schon ausgestreckt, als der Dunklere ebenfalls zu ihnen trat. Tallis wusste, dass er gehen musste – er musste seine Mutter und seinen Vater erreichen, wenn sie noch am Leben waren, und fliehen. Er machte sich nicht die Mühe, sein Schwert aufzuheben, sondern begann zu laufen, rannte an den Vieren vorbei, als sie die Hände über dem Stein zusammenführten. Die Haut seines Rückens spannte sich an und kribbelte, als er durch den Sand zurück zum Schlachtfeld stürmte. »Lauft!«, schrie er den noch aufrecht stehenden Clansmännern zu. »Kehrt in die Wüste zurück, los!« Sie starrten ihn an; dann spürte er seltsame Hitze auf seinem Rücken, und ein helles Licht loderte ringsum und quer über den Himmel auf.
»Lauft!«, schrie er und sah, wie Furcht auf den Gesichtern der Nächststehenden heraufdämmerte. Alle bis auf die Scanorianer gerieten in Bewegung. Er wagte es nicht, sich umzuschauen, um zu sehen, was die Götter taten, aber er konnte die Veränderung in der Luft spüren, die Zusammenballung von Macht. Er sprang über Tote, rannte durch sehr lebendige, da panische Clansmänner, und suchte nach seinem Vater.
»Rorc!«, rief er, aber jetzt herrschte Chaos, da die Überlebenden zu flüchten versuchten und über die Scanorianer stolperten, die wie erstarrt daknieten. Er sah einen blonden Kopf: Balkis, der auf dem Boden inmitten einer Anzahl von Leichen lag.
»Balkis!« Er lief auf ihn zu, stolperte unterwegs. Der Reiter lag mit dem Gesicht nach unten; seine Lederweste war aufgerissen, und Blut quoll ihm aus der Seite, aber er bewegte sich, als Tallis sich neben ihn hockte. »Kannst du aufstehen?« Er packte seinen Arm, als Balkis sich stöhnend mit schmerzverzerrtem Gesicht herumwälzte.
»Shaan?« Er zuckte zusammen, als Tallis einen Arm um ihn legte und ihn auf die Beine hievte. »Wo ist sie?« Balkis’ Augen waren in dem Versuch, klar zu sehen, halb geschlossen, und Tallis spürte einen warmen Schwall Blut über seine Hand tropfen.
»Komm.« Er schleifte den blonden Krieger mit sich, während er weiter Ausschau nach seinem Vater hielt.
»Tallis!«, erscholl die Stimme seiner Mutter, und er sah sie auf sich zurennen; sie kämpfte sich mit bleichem Gesicht über die Leichen.
»Wo ist Rorc?«, rief er, aber bevor sie antworten konnte, spürte er einen seltsamen Sog in der Luft, eine Anspannung in allem, als ob Gezeiten die Welt zurückrissen, dorthin, wo die Vier Götter standen.
»Runter!«, rief er und zog Balkis mit sich zu Boden. »Duck den Kopf!«, schrie er und hoffte, dass seine Mutter ihn auch hörte, als ein klagender Ton die Luft durchschnitt, gefolgt von einem gewaltigen Aufwallen von Macht. Gerade noch rechtzeitig raffte er zusammen, was von seiner eigenen Macht übrig war, und
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