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Der verruchte Spion

Der verruchte Spion

Titel: Der verruchte Spion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Celeste Bradley
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alte Seide roch nach Benzol und Staub. Willa
nieste zweimal, sobald sie ihren Kopf durch den Halsausschnitt steckte.
    Sie standen im Zimmer von Moira und John, denn in Willas eigenem Zimmer wurden gerade mit großer Hast ihre Habseligkeiten gepackt.
    »Keine Bange«, sagte Moira beruhigend. »Er ist ein anständiger Kerl, das sehe ich ihm an. Vielleicht ist er sogar ein Lord. John sagt, sein Pferd sei ein edles Tier, und diese Stiefel, die er da trägt, wurden extra für ihn in der Bond Street gefertigt, da gehe ich jede Wette ein. Wie du weißt, war ich schon einmal in London. Ich kenne mich mit solchen Dingen aus.«
    Willa machte sich nicht die Mühe, Moira daran zu erinnern, dass diese Reise schon mehr als zwanzig Jahre zurücklag und nur wenige Wochen gedauert hatte. Sogar dieser kleine Ausflug war weiter gegangen, als Willa jemals in ihrem Leben gekommen war, wenn man einmal von ihrer Reise als Säugling absah, die sie denselben Weg in umgekehrter Richtung hatte nehmen lassen.
    Außerdem hatte Moira in all den Jahren von dieser Geschichte gezehrt, und in ihrer Vorstellung war London zu einem mystischen Ort mit goldgepflasterten Straßen und Süßwarenläden an jeder Straßenecke geworden. Mit Sicherheit war es mehr als das.
    »Aber er könnte irgendwer sein! Ein … ein Straßenräuber oder gar ein Zigeuner!«
    »Unsinn. Er ist ein feiner, gut aussehender Gentleman. Er weiß, was sich gehört, und ist bereit, seine Pflicht zu tun. Ehrbar, das ist er. Was bedeutet, dass er genau der Richtige für dich ist. Vergiss nicht, dass du kein einfaches Dorfmädchen bist. Die bist mindestens genauso eine Dame wie alle anderen in London, wenn du mich fragst. Deine liebe Mutter war jedenfalls eine. Und sie sah in diesem Kleid einfach großartig aus.«

    Moira schniefte leise, als sie das Kleid geradezog. Willa bedauerte es, traurige Erinnerungen in ihr wachgerufen zu haben. Ihre Mutter war eine Dame gewesen, daran bestand kein Zweifel, und Moira ihre treu ergebene Zofe bis zu ihrem Tod.
    Das Kleid saß perfekt. Willa kniff die Augen zusammen, als sie ihr Abbild in dem fleckigen Spiegel betrachtete. Ihre Mutter war zierlich gewesen, geradezu petite in Busen und Hüften. Das genaue Gegenteil von ihr selbst. »Moira, wie kommt es, dass mir das Kleid so gut passt?«
    Moira nestelte an den Falten des Rockes herum. »Oh, ich habe es vor drei Jahren an den Nähten etwas herausgelassen, als ich dachte, William Beckham könnte der Richtige sein.«
    »Ach ja, Wills. Glaubst du, er kann auf dem linken Ohr wieder hören?«
    »Da bin ich mir sicher, Liebes«, entgegnete Moira tröstend. »Es war ja nur eine geringfügige Explosion. Kaum mehr als ein kleiner Feuerwerkskörper.«
    »Ich hoffe es«, sagte Willa ernst. »Man kann mit Schwarzpulver gar nicht vorsichtig genug sein. Andererseits hätte ich sein Geschenk wohl kaum neben dem Herd abgelegt, wenn ich geahnt hätte, dass es so leicht entflammbar ist.«
    Moira schloss die letzten der vielen winzigen Knöpfe auf der Rückseite des Kleides. »Fertig.« Sie lächelte Willa über deren Schulter im Spiegel an. »Bereit für deinen Bräutigam.«
    Ihren Bräutigam. Ihren Gemahl. »Aber Moira, ein Mann von der Straße?«
    »Nun, er war gut genug, dass du die Nacht neben ihm liegen konntest, nicht wahr?« Moira stemmte die Fäuste auf ihre ausladenden Hüften. »Hör mir gut zu: Du kannst froh sein, dass niemand hier im Dorf Schlechtes von dir denkt,
sonst wäre dein Ruf ruiniert. Wie dem auch sei, es ist gut, dass du ihn nicht auch noch geküsst hast.«
    Willa entgegnete nichts, doch offensichtlich sprach die Röte, die ihr ins Gesicht stieg, Bände. Moiras finsterer Blick verwandelte sich in offenes Entsetzen. Sie hastete zum Fenster und stieß die Läden auf.
    »James Cooper, bist du immer noch nicht mit dem Bogen fertig? Wo steckt der Pfarrer aus Edgeton?«
    Das Hämmern hörte auf, und die Stimme des Küfers drang vom Anger zu ihnen hinauf. »John wollte gegen Mittag mit ihm zurück sein, Missus. Soll ich die Bänke lassen?«
    »Gütiger Himmel, ja! Wir müssen das hier so schnell wie möglich hinter uns bringen.«
    Sie wandte sich vom Fenster ab und sah Willa missbilligend an. »Hör mir zu. Der Mann hat ohne Schaden zu nehmen die Nacht mit dir verbracht. Jetzt heirate ihn und krieg ihn so schnell wie möglich in dein Bett. Ich hab genau das, was du dafür brauchst.«
    Sie führte Willa zu einem Gebilde aus feinem Batist, das an einem Haken hinter der Tür hing. Die feine

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