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Der Verschollene

Der Verschollene

Titel: Der Verschollene Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz Kafka
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worden, die niemand vermauert und die Zugluf geht durch das ganze Haus. Wenn ich nicht die Ohren voll Watte hätte, könnte ich nicht bestehn." „Da muß ich wohl lauter reden?" fragte Karl. „Nein, Sie haben eine klare Stimme", sagte der Diener. „Aber um auf diesen Bau zurückzukommen, besonders hier in der Nähe der Kapelle, die später unbedingt von dem übrigen Haus abgesperrt werden muß, ist die Zugluf gar nicht auszu- halten." „Die Brüstung, an der man in diesem Gang vorüberkommt geht also in eine Kapelle hinaus?" „Ja." „Das habe ich mir gleich gedacht", sagte Karl. „Sie ist sehr sehenswert", sagte der Diener, „wäre sie nicht ge- wesen, hätte wohl Herr Mack das Haus nicht gekauf." „Herr Mack?" fragte Karl, „ich dachte, das Haus gehöre Herrn Pollunder." „Allerdings", sagte der Diener, „aber Herr Mack hat doch bei diesem Kauf den Ausschlag gegeben. Sie kennen Herrn Mack nicht?" „O ja", sagte Karl. „Aber in welcher Verbindung ist er denn mit Herrn Pollunder?" „Er ist der Bräutigam des Fräu- leins", sagte der Diener. „Das wußte ich freilich nicht", sagte Karl und blieb stehn. „Setzt Sie das in solches Erstaunen?" fragte der Diener. „Ich will es nur mir zu- rechtlegen. Wenn man solche Beziehungen nicht kennt, kann man ja die größten Fehler machen", antwortete Karl. „Es wundert mich nur, daß man Ihnen davon nichts gesagt hat", sagte der Diener. „Ja wirklich", sagte Karl beschämt. „Wahrscheinlich dachte man, Sie wüßten es", sagte der Diener, „es ist ja keine Neuigkeit. Hier sind wir übrigens", und er öffnete eine Tür, hinter der sich eine Treppe zeigte, die senkrecht zu der Hintertüre des ebenso wie bei der Ankunf hell beleuchteten Speise- zimmers führte. Ehe Karl in das Speisezimmer eintrat, aus dem man die Stimmen Herrn Pollunders und Herrn Greens unverändert wie vor nun wohl schon zwei Stun- den hörte, sagte der Diener: „Wenn Sie wollen, erwarte ich Sie hier und führe Sie dann in Ihr Zimmer. Es macht immerhin Schwierigkeiten, sich gleich am ersten Abend hier auszukennen." „Ich werde nicht mehr in mein Zim- mer zurückgehn", sagte Karl und wußte nicht warum er bei dieser Auskunf traurig wurde, „Es wird nicht so arg sein", sagte der Diener ein wenig überlegen lächelnd und klopfe ihm auf den Arm. Er hatte sich wahrscheinlich Karls Worte dahin erklärt, daß Karl beabsichtige, wäh- rend der ganzen Nacht im Speisezimmer zu bleiben, sich mit den Herren zu unterhalten und mit ihnen zu trinken. Karl wollte jetzt keine Bekenntnisse machen, außerdem dachte er, der Diener, der ihm besser gefiel als die andern hiesigen Diener, könne ihm ja dann die Wegrichtung nach New York zeigen und sagte deshalb: „Wenn Sie hier warten wollen, so ist das sicherlich eine große Freundlichkeit von Ihnen und ich nehme sie dankbar an. Jedenfalls werde ich in einer kleinen Weile herauskom- men und Ihnen dann sagen, was ich weiter tun werde. Ich denke schon, daß mir Ihre Hilfe noch nötig sein wird." „Gut", sagte der Diener, stellte die Laterne auf den Boden und setzte sich auf ein niedriges Postament, dessen Leere wahrscheinlich auch mit dem Umbau des Hauses zusammenhieng, „ich werde also hier warten." „Die Kerze können Sie auch bei mir lassen", sagte der Diener noch, als Karl mit der brennenden Kerze in den Saal gehen wollte. „Ich bin aber zerstreut", sagte Karl und reichte die Kerze dem Diener hin, welcher ihm bloß zunickte, ohne daß man wußte, ob er es mit Absicht tat oder ob es eine Folge dessen war, daß er mit der Hand seinen Bart strich.
       Karl öffnete die Tür, die ohne seine Schuld laut er- klirrte, denn sie bestand aus einer einzigen Glasplatte die sich fast bog, wenn die Tür rasch geöffnet und nur an der Klinke festgehalten wurde. Karl ließ die Tür er- schrocken los, denn er hatte gerade besonders still ein- treten wollen. Ohne sich mehr umzudrehn, merkte er noch, wie hinter ihm der Diener, der offenbar von sei- nem Postament herabgestiegen war, vorsichtig und ohne das geringste Geräusch die Türe schloß. „Verzeihen Sie daß ich störe", sagte er zu den beiden Herren, die ihn mit ihren großen erstaunten Gesichtern ansahen. Gleichzeitig aber überflog er mit einem Blick den Saal, ob er nicht irgendwo schnell seinen Hut finden könne. Er war aber nirgends zu sehn, der Eßtisch war völlig abgeräumt, vielleicht war der Hut unangenehmer Weise irgendwie in die Küche fortgetragen worden. „Wo ha- ben Sie denn Klara gelassen?"

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