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Der Verschollene

Der Verschollene

Titel: Der Verschollene Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz Kafka
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hervordrang. Der Haupteingang war nur mit einem großen gelben Vorhang verdeckt, der manchmal von einem Luftzug bewegt mächtig in die Gasse hinaus flatterte.
    Sonst war es in der Gasse freilich viel stiller geworden. Die meisten Balkone waren finster, nur in der Ferne fand sich noch hier oder dort ein einzelnes Licht, aber kaum faßte man es für
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    ein Weilchen ins Auge, erhoben sich dort die Leute, und während sie in die Wohnung zurückdrängten griff ein Mann an die Glühlampe und drehte, als letzter auf dem Balkon zurückbleibend nach einem kurzen Blick auf die Gasse das Licht aus.

    "Nun beginnt ja schon die Nacht", sagte sich Karl, "bleibe ich noch länger hier, gehöre ich schon zu ihnen. " Er drehte sich um, um den Vorhang vor der Wohnungstür wegzuziehn. "Was willst Du?" sagte Robinson und stellte sich zwischen Karl und den Vorhang. "Weg will ich", sagte Karl, "laß mich, laß mich! " "Du willst sie doch nicht stören", rief Robinson, "was fällt Dir denn nur ein. " Und er legte Karl die Arme um den Hals, hieng sich mit seiner ganzen Last an ihn, umklammerte mit den Beinen Karls Beine und zog ihn so im Augenblick auf die Erde nieder.
    Aber Karl hatte unter den Liftjungen ein wenig raufen gelernt, und so stieß er Robinson die Faust unter das Kinn, aber schwach und voll Schonung. Der gab Karl noch rasch und ganz rücksichtslos mit dem Knie einen vollen Stoß in den Bauch, fing dann aber, beide Hände am Kinn, so laut zu heulen an, daß von dem benachbarten Balkon ein Mann unter wildem
    Händeklatschen "Ruhe" befahl. Karl lag noch ein wenig still, um den Schmerz, den ihm der Stoß Robinsons verursacht hatte, zu verwinden. Er wendete nur das Gesicht zum Vorhang hin, der ruhig und schwer vor dem offenbar dunklen Zimmer hieng. Es schien ja niemand mehr im Zimmer zu sein, vielleicht war Delamarche mit Brunelda ausgegangen und Karl hatte schon völlige Freiheit. Robinson, der sich wirklich wie ein Wächterhund benahm, war ja endgiltig abgeschüttelt.

    Da ertönten aus der Ferne von der Gasse her stoßweise Trommeln und Trompeten. Einzelne Rufe vieler Leute sammelten sich bald zu einem allgemeinen Schreien. Karl drehte den Kopf und sah wie sich alle Balkone von neuem belebten.
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    Langsam erhob er sich, er konnte sich nicht ganz aufrichten und mußte sich schwer gegen das Geländer drücken. Unten auf den Trottoiren marschierten junge Burschen mit großen Schritten, ausgestreckten Armen, die Mützen in der erhobenen Hand, die Gesichter zurückgewendet. Die Fahrbahn blieb noch frei.
    Einzelne schwenkten auf hohen Stangen Lampione, die von einem gelblichen Rauch umhüllt waren. Gerade traten die Trommler und Trompeter in breiten Reihen ans Licht und Karl staunte über ihre Menge, da hörte er hinter sich Stimmen, drehte sich um und sah den Delamarche den schweren Vorhang heben und dann aus dem Zimmerdunkel Brunelda treten, im roten Kleid, mit einem Spitzenüberwurf um die Schultern, einem dunklen Häubchen über dem wahrscheinlich unfrisierten und bloß aufgehäuften Haar dessen Enden hie und da hervorsahen.
    In der Hand hielt sie einen kleinen ausgespannten Fächer, bewegte ihn aber nicht sondern drückte ihn eng an sich.

    Karl schob sich am Geländer entlang zur Seite um den beiden Platz zu machen. Gewiß würde ihn niemand zum Hierbleiben zwingen, und wenn es auch Delamarche versuchen sollte, Brunelda würde ihn auf seine Bitte sofort entlassen. Sie konnte ihn ja gar nicht leiden, seine Augen erschreckten sie. Aber als er einen Schritt zur Tür hin machte, hatte sie es doch bemerkt und sagte: "Wohin denn Kleiner?" Karl stockte vor den strengen Blicken des Delamarche und Brunelda zog ihn zu sich. "Willst Du Dir denn nicht den Aufzug unten ansehn?" sagte sie und schob ihn vor sich an das Geländer. "Weißt Du, um was es sich handelt?" hörte sie Karl hinter sich sagen und machte ohne Erfolg eine unwillkürliche Bewegung, um sich ihrem Druck zu entziehn. Traurig sah er auf die Gasse hinunter, als sei dort der Grund seiner Traurigkeit.

    Delamarche stand zuerst mit gekreuzten Armen hinter Brunelda, dann lief er ins Zimmer und brachte Brunelda den
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    Operngucker. Unten war hinter den Musikanten der Hauptteil des Aufzuges erschienen. Auf den Schultern eines riesenhaften Mannes saß ein Herr, von dem man in dieser Höhe nichts anderes sah, als seine matt schimmernde Glatze, über der er seinen Zylinderhut ständig grüßend hoch erhoben hielt. Rings um ihn wurden offenbar Holztafeln getragen, die vom

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