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Der versoffene Papagei

Der versoffene Papagei

Titel: Der versoffene Papagei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Borell
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schüttelte sich vor Lachen und gluckste:
    »Immer das alte Lied! Immer das alte Lied!«
    Ich ging in die Küche, wo Tante Elena verbissen mit irgendeiner Sache aus Teig kämpfte.
    »Ich bin heute leider auch zum Mittagessen nicht da.«
    »Immer das alte Lied«, schimpfte sie. »Immer das alte Lied! Du brauchst bald überhaupt nicht mehr heimzukommen. Ich wollte Ravioli machen.«
    »Ich würde lieber hierbleiben und deine Ravioli essen, Tante Elena«, sagte ich betrübt. »Aber ich habe zu tun, und zwar dringend.«
    »Ha!« rief sie. »Er hat zu tun! Was war denn mit diesem Mädchen? Hast du einen Auftrag von ihr?«
    »Ja.«
    »So, so«, machte sie und knallte den Teig auf den Tisch, daß die Küche zitterte, »einen Auftrag hast du! Hat sie auch was angezahlt?«
    Ich zog meine Brieftasche heraus, entnahm ihr einen Zwanziger und sagte:
    »Natürlich hat sie angezahlt. Hier bitte. Du kannst es verwahren.«
    Sie nahm den Schein, hielt ihn gegen das Licht, wischte mit dem nackten Arm darüber hin, um ein Teigklümpchen zu entfernen, und stopfte ihn dann in den Ausschnitt ihrer Bluse.
    »Hätte ich nicht gedacht«, sagte sie, »daß die was anzahlt.«
    Ihre Augen wurden klein vor Lüsternheit.
    »Was ist es denn?« fragte sie. »Irgendwas mit einem Mann?«
    »Ja, genau das.«
    »Sie kriegt ein Kind, was, und der Mann will es natürlich nicht gewesen sein, stimmt’s?«
    »Zwillinge«, sagte ich, nickte ihr zu und flüchtete aus der Küche, ehe mich der Teigklumpen erwischen konnte.
    Ich nahm den Telefonhörer ab und begann zu wählen, dann legte ich den Hörer wieder auf. Wozu sollte ich Bray sagen, daß ich nun wußte, warum Murchison soviel Licht im Schlafzimmer hatte? Ich konnte damit auch allein etwas anfangen.
    Ich fuhr um den Block herum zur Tankstelle. Der Tankwart schaute meinen eingebeulten Wagen an und sagte:
    »Mensch, Tonio, verdammt dumme Sache, was? Steht alles schon haarklein in der Zeitung. Und fünftausend Dollar Kaution! Tu du noch einmal so, als ob du das Benzin nicht zahlen könntest. Hast du diesen Murchison nun in den Dreck gefahren oder nicht?«
    »Ich glaube nicht. Aber hoffentlich schließt sich der Richter dieser Ansicht an.«
    »Sie machen ja einen fürchterlichen Rummel mit diesem Murchison . Das ist schlecht für dich. Sehr schlecht.«
    Mein Tank war voll. Ich zahlte und fuhr los nach Santa Monica. Ich war heilfroh darüber, daß dieses Mädchen noch nichts von Murchisons Tod gewußt hatte, denn sonst wäre sie vielleicht gar nicht gekommen.

    Es war kurz nach eins, als ich vor der Polizeistation in Beverly Hills aus meinem Wagen stieg.
    Ich ging hinein und fragte nach dem Sheriff. Die Polizisten kannten mich nicht, da sie von einer anderen Schicht waren als die von heute nacht . Sie sagten mir, der Sheriff wohne in der südlichen Lomitas Avenue, gegenüber dem Country Club.
    Ich fuhr dorthin und fand ihn in seinem Garten. Er trug geflickte und verwaschene Shorts, ein kariertes Hemd und eine lange grüne Gärtnerschürze. Auf seinem sonnenverbrannten Schädel saß ein verbeulter Strohhut, und seine nackten, mit Haaren dicht bedeckten Beine endeten an den Füßen in riesengroßen erdigen Latschen.
    Er war gerade damit beschäftigt, seine Obstbäume abzusprühen.
    Seine hellen, wachsamen Augen unter den buschigen Brauen verrieten nicht, was er von meinem Besuche hielt.
    »Es steht jetzt fest«, fing ich an, »daß Murchison während der Theatervorstellung mit Atropin vergiftet wurde. Natürlich habe ich es nicht getan, aber Ihre Polizisten wußten es heute nacht ja besser.«
    Er drehte das Ventil an seiner Spritze zu, wischte sich die Hände an der Schürze ab und deutete auf zwei Liegestühle, die weiter hinten im Garten im Schatten einer Fliederhecke standen. Wir gingen dorthin und machten es uns bequem.
    »Sie dürfen es ihnen nicht übelnehmen«, sagte er. »So, wie die Sache heute nacht aussah, haben sie nur ihre Pflicht getan.«
    »Es hätte diesem Klotz von Leutnant keine Verzierung abgebrochen, wenn er Bray gleich angerufen hätte, wie ich das wollte. Aber darüber sollten wir jetzt eigentlich nicht sprechen. Es gibt, glaube ich, Wichtigeres.«
    Er zog eine schwarze Zigarre aus seiner Hemdtasche und sagte:
    »Ich habe leider nur die eine. Was hatten Sie mit Murchison zu tun?«
    »Er hatte Angst, umgebracht zu werden«, erklärte ich. »Zuerst wollte er nicht mit der Sprache herausrücken, aber nach der Vorstellung hatte ich ihn so weit, daß er mir wahrscheinlich alles erzählt hätte.

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