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Der versoffene Papagei

Der versoffene Papagei

Titel: Der versoffene Papagei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Borell
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paar Krümel hin.
    »Das ist alles«, sagte er, ohne mich anzusehen. »Mehr kann ich Ihnen nicht sagen. Aber ich wußte gestern schon, daß nun ein Stein ins Rollen gekommen war.«
    »Es rollen schon ein paar Steinchen mehr«, sagte ich. »Sie hätten schon etwas früher rollen können, Sheriff.«
    »Ich weiß«, nickte er. »Freddy hatte sich gerade als junger Anwalt selbständig gemacht, wissen Sie. Sie haben keine Kinder, nicht wahr?«
    »Nein, noch nicht. Ich bin noch nicht einmal verheiratet.«
    »Ich habe mich für die kommende Wahl nicht mehr aufstellen lassen. Viele verstehen das nicht, aber Sie verstehen es jetzt, nicht wahr?«
    Ich nickte ihm zu und stand auf.
    »Ja, ich verstehe. Aber ich hätte es trotzdem leichter, wenn ich Ihr Foto und den Brief dazu bekommen könnte.«
    Er stand ebenfalls auf, leicht und für sein Alter erstaunlich rasch, und ging auf das Haus zu. Ich folgte ihm. Vor der Haustüre sagte er:
    »Den Brief hat Freddy vernichtet, aber das Foto habe ich noch.«
    Es dauerte mindestens fünf Minuten, bis er wiederkam. Er drückte mir einen Umschlag in die Hand.
    »Vergessen Sie nicht«, bat er, »daß hier alle Leute wissen, daß sie beinahe meine Schwiegertochter geworden wäre. Und denken Sie dran, daß ihre Eltern keine Ahnung davon haben.«
    Ich versprach ihm, es nicht zu vergessen, verabschiedete mich von ihm und fuhr sehr nachdenklich weiter nach Santa Monica. Ich fuhr diesem Alptraum von Bett entgegen.
    Der Garten von Murchisons Haus war leer, und in dem Schwimmbassin trieb kein Schlauchboot. Es standen auch nirgends Liegestühle oder bunte Gartenschirme. Der Garten war tot.
    Auch die Garagentüren waren verschlossen, und die Tür zur Halle war ebenfalls versperrt. Ich klingelte, wartete, klingelte wieder, wartete, und dann blieb ich mit meinem Daumen auf dem Klingelknopf.
    Endlich kam der Diener durch die Halle und öffnete die Tür. Er war etwa vierzig, hager, fast ausgemergelt, und trug auch heute wieder die schwarze Hose und die blau-weiß gestreifte Weste. Er hatte dunkle, unruhige Augen und glatt zurückgekämmte schwarze Haare, die ölig glänzten.
    »Ich möchte mir noch mal das Schlafzimmer anschauen«, fiel ich gleich mit der Tür ins Haus. Ich wollte sehen, ob man solche Aufnahmen unbemerkt von der Terrasse aus machen konnte, denn ich erinnerte mich, daß an diesen Fenstern kein Vorhang war.
    Der Diener stand unter der Tür, die er halb geöffnet hatte, und blickte an mir vorbei in den Garten.
    »Ich weiß nicht, Sir, ob Sie dazu berechtigt sind.«
    »Es genügt«, versicherte ich, »wenn ich das weiß, und Sie können sich drauf verlassen — ich bin berechtigt.«
    »Ich habe keine Erlaubnis, Sie das Haus betreten zu lassen«, sagte er. Seine Stimme klang monoton und unterwürfig, aber der Bursche sah etwa so unterwürfig aus wie ein Krokodil.
    Ich schob ihn mit einem kurzen Ruck beiseite und sagte:
    »Sie können von mir aus die Polizei anrufen, wenn’s Ihnen nicht paßt.«
    Er gab keine Antwort, folgte mir aber ins Schlafzimmer. Dort angekommen, versuchte ich gleich, den Standpunkt zu finden, von wo aus die Aufnahmen gemacht worden waren. Ich trat auf die Terrasse hinaus und verglich das, was ich sah, mit der Fotografie. Doch ich fand keine Stelle, von der aus sie aufgenommen sein konnte.
    Schließlich kam ich zu der Überzeugung, daß die Kamera auf dem Toilettentisch in der Ecke gestanden haben mußte.
    Ich ging zu den Lichtschaltern, knipste die beiden oberen Schalter an, so daß der Raum von hellem Licht durchflutet war, und dann knipste ich an dem unteren Schalter. Nun, wo ich wußte, worauf ich zu achten hatte, hörte ich das leise Geräusch des Kameraverschlusses.
    Ich untersuchte nun den Spiegel über dem Toilettentisch und entdeckte, daß die oberste Rosette, dicht unter der Zimmerdecke, keinen kleinen Spiegel einschloß wie die anderen, sondern das Objektiv der Kamera. Ich sah nun auch, daß in der Ecke hinter dem Spiegel kein freier Raum war, sondern die Mauer hier schräg nach oben ins Zimmer hinein verlief.
    Der Diener hatte mich schweigend beobachtet.
    »Ganz nette Apparatur«, sagte ich. »Wie kommt man denn da dran?«
    Ich stellte mich auf den Tisch, konnte aber nicht finden, wie die Kamera herauszunehmen war.
    »Ich weiß nicht, Sir, was Sie meinen«, sagte der Diener.
    Ich sprang vom Tisch.
    »Es ist ein Merkmal guter Diener«, sagte -ich, »niemals etwas zu wissen. Sie sind ein sehr guter Diener. Wie heißen Sie eigentlich?«
    »James, Sir.«
    »Seit

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