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Der viktorianische Vibrator: Törichte bis tödliche Erfindungen aus dem Zeitalter der Technik (German Edition)

Der viktorianische Vibrator: Törichte bis tödliche Erfindungen aus dem Zeitalter der Technik (German Edition)

Titel: Der viktorianische Vibrator: Törichte bis tödliche Erfindungen aus dem Zeitalter der Technik (German Edition)
Autoren: Frank Patalong
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Auch die Qualität des Lichts war eine andere, und sie war anders nutzbar. Elektrische Lampen konnte man an der Decke in der Mitte des Zimmers aufhängen, ohne dass darunter ein Schattenraum entstand, wie das etwa bei den auf Brennstoff basierten Lampen der Fall war. Ein deutscher Hersteller warb für sein elektrisches Licht mit dem Werbeslogan: »Das einzige Licht, das nach unten leuchtet!« – so profan das heute klingt, damals war es etwas Besonderes. Gaslampen schienen nach oben und verteilten das Licht mithilfe von Reflektoren nach unten, in der Mitte blieb dabei oft ein düsterer Punkt. Die Gaslampenentwickler konterten die Innovationsattacke mit der Entwicklung von Schlauchlampen, die ebenfalls »nach unten« brannten – wir kennen dieses Prinzip von unseren heutigen Campinglampen, auch sie setzen auf einen Glühkörper statt auf eine offene Flamme.
    Was die Gasanbieter jedoch noch nicht entwickelt hatten, war eine flexible Kraftquelle. Das Licht bahnte dem Strom den Weg in die privaten Haushalte: Prinzipiell ließ sich jeder Lichtanschluss auch dazu nutzen, ein elektrisches Gerät zu betreiben. Die Birnenfassung wurde so zum Vorläufer der Steckdose. Tatsächlich verfügte eine erste auf das Stromnetz gestützte Generation von Elektrogeräten über Birnen-Kontakte, mit denen sich der Strom aus dem Lichtnetz ziehen ließ. Bis weit in die 30er Jahre des 20. Jahrhunderts hinein blieben solche Steckermodelle im Angebot, trotz der zunehmenden Verbreitung regulärer Haushalts-Stromanschlüsse ab der Jahrhundertwende.
    Mit Strom gespielt hatte man seit dem 18. Jahrhundert, ihn in kleinem Maße und batteriegestützt genutzt seit dem Beginn des 19. Jahrhunderts. Wirklich elektrifiziert wurde die Welt jedoch erst auf dem Umweg über das Licht.
    Das Bild vom elektrisch erleuchteten New Orleans 1883 zeigt, wie sehr das die Menschen damals beeindruckt haben muss
    ZAPP DEN ZOSSEN
    D ie meisten Männer haben tiefstes Verständnis dafür, dass man den Wechsel der Fußbekleidung als Qual empfinden kann. Und im Gegensatz zu Pferden nagelt man uns die neuen Sohlen nicht einmal unter die Füße.
    Es ist nicht bekannt, was Pferde von dieser Prozedur halten. Seit rund 2.200 Jahren nagelt man ihnen U-förmige Eisen unter die Hufe, um diese zu schützen: Erfunden haben das angeblich die Kelten. Nötig ist das, weil wir das Pferd als Nutztier über Böden führen, die es nicht freiwillig begehen würde, und das auch noch mit Reiter und Kutsche – darauf hatte es die 55 Millionen Jahre alte Evolution nicht wirklich vorbereitet. In seinem natürlichen Normalzustand würde der gemeine Zossen sonst höchstwahrscheinlich mit Vorliebe faul in der Gegend herumstehen und grasen und nur im Notfall in schnellere Bewegung verfallen – auch das eine Parallele zu vielen männlichen Vertretern der Gattung Homo sapiens.
    S tattdessen ist er als Nutztier gefragt, und darum braucht er Hufeisen. 2.200 Jahre hin oder her gefällt das so mancher Märe ganz und gar nicht. Wie gut, dass man auch dieses Problem mit Elektrizität lösen kann.
    Zumindest wenn man dem renommierten Scientific American vom 28. Juni 1884 glauben kann: Dem französischen Wissenschaftsblatt Science et Nature folgend berichtete das Blatt über die Experimente eines Herrn Defoy.
    Jener hatte entdeckt, dass einer seiner besonders renitenten Gäule, der sich stets sehr gewaltsam gegen das Beschlagen der Hufe wehrte, ganz vortrefflich beruhigen ließ, wenn man ihm zwei Elektroden an der Zunge befestigte und für rund 15 Sekunden unter Strom setzte.
    N un ist das allein bemerkenswert genug, aber noch längst nicht alles. Zur Versuchsanordnung gehörte nämlich eine eigens konstruierte Trense, an der nicht nur die Elektroden befestigt waren, sondern auch der Induktor, in dem sich die Spannung aufbaut – und der summte.

    Was dann geschah, schilderte auch das Polytechnische Journal mit einiger Verwunderung:
    Kaum waren die Strome 15 Secunden durch die Zunge gesendet worden, so wurde das Pferd still, lies sich den Fus heben und beschlagen. Dabei war die Spule des Inductors ganz nahe an das Ohr des Pferdes gehalten worden, so das das Pferd das Summen des Hammers des Inductors horen konnte. Als spater der Experimentator sich wieder vor das Pferd stellte und dieses Summen mit dem Munde nachahmte, ohne den Inductor in Thatigkeit zu setzen, so nahm das Pferd dieselbe verdutzte Stellung ein und lies sich ruhig beschlagen. Der Inductor wirkte dabei nur sehr schwach und nicht sehr
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