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Der viktorianische Vibrator: Törichte bis tödliche Erfindungen aus dem Zeitalter der Technik (German Edition)

Der viktorianische Vibrator: Törichte bis tödliche Erfindungen aus dem Zeitalter der Technik (German Edition)

Titel: Der viktorianische Vibrator: Törichte bis tödliche Erfindungen aus dem Zeitalter der Technik (German Edition)
Autoren: Frank Patalong
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Telekommunikation erleben, sondern auch enorme Umwälzungen des Gesundheitswesens, der Geschlechterrollen und der Gesellschaftshierarchien. Der Film sollte die Welt erobern, das Radio Einzug in den Alltag halten. Automobile, die seit Beginn des 19. Jahrhunderts bekannt waren und vielfach genutzt wurden, auch nach sieben Jahrzehnten aber kaum eine spürbare Rolle spielten, wurden zum Massenphänomen. Strom zog in die Häuser ein, die flächendeckende Wasserversorgung veränderte das Leben. Flugzeuge kreisten am Himmel. Schon Anfang der 1880er Jahre waren die Menschen mehr als bereit, alle möglichen Innovationen beinahe gierig anzunehmen – sofern sie als amüsant oder nützlich wahrgenommen wurden. Beim Telefon war weder das eine noch das andere unbedingt gegeben.

Wer braucht schon ein Telefon?
    1883 machte das einflussreiche deutsche Polytechnische Journal in seiner 247. Ausgabe Inventur über die bis dahin bekannten Telefonkunden in aller Welt. Demzufolge wies Österreich-Ungarn damals 370 Telefon-Teilnehmer auf, Frankreich 200 (plus 2.000 öffentliche Fernsprech-Stationen!) und die USA, wo es Telefonverbindungen nur in drei Städten gab, 1600. Weltweit führend aber war zu dieser Zeit ein Land, das auch heute noch als Hochburg der Telekommunikation, als Großmacht der Quasselstrippen gilt: Italien hatte mit 3.003 Teilnehmern mehr private Telefonanschlüsse als der Rest der Welt zusammen.
    Weltweit gab es dieser Schätzung zufolge also knapp über 5.000 private Telefonanschlüsse – rund 40 Jahre nach den ersten öffentlichen Vorführungen experimenteller Telefon-Vorläufer, 20 Jahre nach den ersten annähernd funktionsfähigen Apparaten und immerhin sieben Jahre nach Vorstellung des ersten tauglichen Bell-Telefons. In diesem vorletzten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts war es nur schwer vorstellbar, dass sich an der wanderdünenhaften Verbreitungsgeschwindigkeit der neuen Technik schnell etwas ändern würde. Der Telegraf schien noch immer das überlegene, weil allerorten verfügbare Kommunikationsmittel – er konnte mit einer gut ausgebauten Infrastruktur punkten.
    Eine echte Nachfrage danach, jederzeit in den eigenen vier Wänden kommunikativ verfügbar zu sein, war schlicht nicht vorhanden. Wozu auch? Per Telefon zu erreichen waren nur wenige Early Adopters, wie man heute sagen würde. Diese mussten in ihre Apparate brüllen, weil die Verbindungsqualitäten noch immer schlecht genug waren, erheblichen Raum für Missverständnisse zu lassen. Das Telegramm hingegen kam eindeutig, unmissverständlich und gestochen scharf beim Empfänger an.
    Wer brauchte also mehr als einen Telegrafen? Wer es eilig hatte, schickte lieber ein Telegramm, das inklusive Boten-Zustellung innerhalb weniger Stunden an jedem Punkt der zivilisierten Welt seinen Empfänger erreichen konnte. Das erste funktionierende transatlantische Kabel wurde bereits im Juli 1866 in Betrieb genommen, ab da brauchte eine Nachricht von New York nach London nur noch Minuten. Schon vier Jahre später verbanden die Briten England und Indien, zwei Jahre später koppelten sie Australien an. Binnen weniger Jahre hatte sich die Welt komplett vernetzt, das Telegramm wurde die E-Mail ihrer Zeit. Wer konnte es noch eiliger haben?
    SCHWIMMEN LERNEN PER TELEFON
    M ithilfe eines speziellen Kopfhörers und Mikrofons unterrichtet ein Trainer aus San Francisco das Schwimmen. Der Schwimmlehrer steht am Rande des Beckens und gibt seine Ratschläge an den Schwimmschüler im Wasser durch.

    Das Gerät, das mit einer Spannung von drei Volt arbeitet, setzt sich aus speziell hergestellten wasserdichten Kopfhörern und Mikrofon sowie einem Telefonkabel zusammen. Der Vorteil dieser Vorrichtung liegt darin, dass Fehler während des Schwimmens korrigiert werden können. Der Erfinder des Swimaphone prüft seinen Apparat, bevor er seine schönen Schülerinnen für ihre Lektionen ins tiefe Wasser schickt.
    ( Modern Mechanics , Juni 1934)

»Öh, hier!« – Die Sehnsucht der Eiligen
    Behörden und andere staatliche Organe zum Beispiel: Auf sofortiges Interesse stieß das Telefon beim Militär, das bereits Ende der 80er Jahre mit mobilen Telefoneinheiten experimentierte, die ihre Kabel per Fahrrad zogen. In Frankreich entwickelten die Militärs ein Dreirad mit Hohlrädern, auf dessen Außenseiten kleine Paddelflächen montiert waren. Das Gefährt sollte Kabel nicht nur an Land ziehen, sondern auch zu Wasser, ähnlich wie ein Tretboot. Trotz eines spektakulär erfolgreichen Versuchs, in
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