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Der viktorianische Vibrator: Törichte bis tödliche Erfindungen aus dem Zeitalter der Technik (German Edition)

Der viktorianische Vibrator: Törichte bis tödliche Erfindungen aus dem Zeitalter der Technik (German Edition)

Titel: Der viktorianische Vibrator: Törichte bis tödliche Erfindungen aus dem Zeitalter der Technik (German Edition)
Autoren: Frank Patalong
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sich in den mittlerweile verflossenen zwei Jahren gezeigt, mit welch atemberaubender Geschwindigkeit der technische Fortschritt zum Wohle der militärischen Kommunikation weitergaloppiert war: Viel handlicher war die Technik inzwischen! Siemens und Halske hatten ihren Apparat zu einem schicken, tragbaren Feldtelefon im eigenen, als Rucksack zu tragenden Transportkasten von nur 11,5 Kilogramm Gewicht geschrumpft. Alles was der Telefon-Füsilier nun noch durchs Feld schleppen musste, war der ebenfalls deutlich optimierte Kabelrucksack von läppischen 8 Kilogramm Gewicht – und das bei einer deutlich vergrößerten Reichweite von 500 Metern.
    Was wollte man mehr? Nun, zum Beispiel gar keine Kabel. Bereits 1883 begann das deutsche Militär, zunächst reichlich erfolglose Experimente mit »drahtloser Telegrafie« zu finanzieren – denn natürlich hatte auch die Leitungsverlegung per Fahrrad oder Füsilier im Feld ihre Nachteile. Die Kommissköpfe erwiesen sich damit als echte Technik-Pioniere: Der in geschäftlichen Dingen allgegenwärtige Alva Edison brauchte noch bis 1885, bis er sein erstes eigenes Patent zur drahtlosen Telegrafie anmeldete.
    Es sollte noch rund ein Jahrzehnt dauern, bis sich der Telegrafie und jungen Telefonie mit den ersten echten Erfolgen der Funkerei neue Konkurrenz ankündigte.
    Was Telefonie für eine ganz andere, aber um aktuelle Informationen nicht weniger bemühte Branche bedeuten könnte, erkannte man zuerst in England. Die Times vom 27. Mai 1880 berichtete in eigener Sache über die Einrichtung einer Telefon-Standleitung zwischen Parlament und Redaktion. Entlang dem Ufer der Themse hatte der Zeitungsverlag ein Kabel ziehen lassen, welches das House of Commons mit dem Druckereigebäude der Times verband. An beiden Enden stand ein Edison-Mikrofon, das die zu dieser Zeit qualitativ beste Sprachübertragung gewährleistete. Die Reporter gaben ihre Berichte nun telefonisch durch und waren somit »30 bis 45 Minuten« schneller als die Konkurrenz – durchaus relevant zu einer Zeit, als es noch Zeitungs-Spätausgaben gab und diese das aktuellste Massenmedium darstellten.
    In Europa fiel das Experimentieren mit der neuen Technik leichter als in den USA, weil es hier eigene Patente gab. Bells Patent konnte daher die Entwicklung konkurrierender Techniken nicht weiter behindern. So erklärt sich die irritierende Tatsache, dass quasi zeitgleich zur »Erfindung« des Telefons durch Bell die Geräte an allen möglichen Orten auf der Welt bereits eingesetzt, optimiert und weiterentwickelt wurden. In Wahrheit waren maßgebliche Impulse und Entwicklungen in Sachen Telefonie schließlich schon seit rund 20 Jahren aus Italien, Österreich-Ungarn, Frankreich und Deutschland gekommen. In Berlin betrieb das Telegrafenamt bereits 1880 – ein Jahr vor Inbetriebnahme der ersten Bell-Telefonnetze in Amerika – nicht nur ein kleines Telefonie-Netz für Privatpersonen, sondern bot auch einen Telefon-Weckdienst an, den man abonnieren konnte. Für den Weckdienst soll es sogar abgespeckte, auf einen reinen Klingeltongeber reduzierte telefonische Weckapparate – sogenannte »telefonische Wecker« – gegeben haben. Möglich, dass Edward Bellamy, der in Deutschland studiert hatte, davon wusste, als er seinen »Radiowecker« erträumte.
    In Frankreich hatte man 1887 die Idee, das Telefon dadurch populärer zu machen, indem man ihm einen sofort begreifbaren Nebennutzen gab:
    Um eine ausgebreitete Anwendung des Telephons im häuslichen Leben zu ermöglichen, hat man in Frankreich versucht, demselben durch Verschmelzung mit einem gewöhnlichen Druckknopfe für elektrische Haustelegraphen eine größere Handlichkeit und Bequemlichkeit im Gebrauche, gepaart mit größerer Billigkeit, zu verschaffen und es zu befähigen, die gewöhnlichen Druckknöpfe bei den mit elektrischen Klingeln ausgerüsteten häuslichen Anlagen zu ersetzen und mit sehr geringen Kosten die bisher beschränkte Leistung dieser Anlagen dahin zu erweitern, daß der Rufende mit dem Gerufenen in ein Gespräch treten kann. Dies soll aber ohne jede Vermehrung der bereits in der Anlage vorhandenen Drähte und ohne Aenderung des vorhandenen Leitungsnetzes erreicht werden, sowie unter Mitbenutzung der bereits vorhandenen Apparate, welche bloß um die zum Sprechen erforderlichen vermehrt werden sollen. (Polytechnisches Journal, 1887)
    Bald darauf begannen Anbieter auch in Wien und Nürnberg mit der Einrichtung oder dem Ausbau entsprechender Anlagen. Nur um der
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