Der Vollstrecker
im Gegensatz zu allen anderen, keine Bierflaschen oder Whiskygläser in der Hand.
Alle waren sie gekommen, vom Polizeichef bis zu dem Studenten, der im Morddezernat die Post verteilte. Sogar der Bürgermeister wurde erwartet. Angesichts der Tatsache, dass William Bolter stolze achtzehn Jahre lang dem Morddezernat vorgestanden hatte, war das nicht weiter verwunderlich. Die meisten Detectives hatten nie unter einem anderen Captain gedient. Es gab keinen, der Captain Bolter nicht den einen oder anderen Gefallen schuldete â auch nicht Robert Hunter.
Hunter und Garcia hatten den ganzen Tag in der Kirche der Sieben Heiligen und in der unmittelbaren Nachbarschaft zugebracht. Die Befragung der Nachbarn jedoch hatte â bis auf verängstigte Blicke und stummes Entsetzen â nichts ergeben. Fragen über Fragen wirbelten in Hunters Kopf herum, aber er wusste, dass er die Antworten nicht erzwingen konnte. Sie würden Zeit brauchen.
»Ob du es glaubst oder nicht, die haben einen zehn Jahre alten Macallan hinter der Theke«, sagte Garcia und schob sich neben Hunter, in den Händen zwei halbvolle Whiskytumbler.
Single Malt Scotch war Hunters groÃe Leidenschaft. Anders als viele andere verstand er es, Whisky zu genieÃen, statt sich bloà mit ihm zu betrinken.
»Auf Captain Bolter.« Er hob sein Glas, und Garcia stieà mit ihm an. »Wo steckt eigentlich Anna?«, fragte Hunter und sah sich um.
Anna Preston war Garcias Frau. Sie waren schon auf der Highschool ein Paar gewesen und hatten gleich nach dem Abschluss geheiratet.
»Sie sitzt an der Bar und unterhält sich mit den anderen Frauen.« Garcia schnitt eine bedauernde Grimasse. »Wir bleiben nicht lange.«
»Ich auch nicht«, sagte Hunter. »Fährst du nachher noch mal zurück in die Kirche?«
»Roberrrrrt!«, schrie Detective Kyle Byrne dazwischen, packte Hunter am Arm und riss die Flasche Budweiser hoch, die er in der Rechten hielt. »Ein Toasssst auf Captain Bolterrr!«
Hunter schmunzelte und stieà bereitwillig mit Kyle an.
»He! Wo willstân hin?«, lallte dieser gleich darauf, als Hunter Anstalten machte, sich in Richtung Bar zu verdrücken. »Trink noâ was mit uns!« Er zeigte mit unsicherer Hand auf einen Tisch, an dem mehrere Detectives zusammensaÃen, allesamt sturzbetrunken.
Hunter nickte den Kollegen zu. »Bin gleich wieder da, Kyle. Ich muss bloà kurz ein paar Leuten guten Tag sagen. Carlos kann euch solange Gesellschaft leisten.« Er klopfte Garcia ein paar Mal auf den Rücken, woraufhin dieser ihm einen entsetzten Blick zuwarf, als könne er nicht fassen, von seinem Partner so schändlich verraten worden zu sein.
»Carlosss! Komm trinken.« Kyle schleifte Garcia mit sich davon.
Eine Hand landete schwer auf Hunters Schulter, noch bevor er die Bar erreicht hatte. Er drehte sich um, bereit, erneut auf den Captain anzustoÃen.
»Soso. Haben Sie sich also doch noch bequemt, hier aufzukreuzen.«
Captain Bolter war zweifellos eine beeindruckende Erscheinung. Groà und wuchtig wie ein Rhinozeros. Obwohl er auf die siebzig zuging, hatte er noch immer volles, silbergraues Haar und einen buschigen Schnauzer, der seit über zwanzig Jahren sein Markenzeichen war. Seine bloÃe Gestalt flöÃte jedem Gegenüber Respekt ein.
»Captain«, sagte Hunter freudig überrascht. »Dachten Sie etwa, ich würde mich drücken?«
Captain Bolter legte Hunter den rechten Arm um die Schultern. »Kommen Sie, wir verziehen uns kurz nach drauÃen. Ich könnte es nicht ertragen, auch nur noch ein einziges Mal auf mein Wohl anzustoÃen.«
13
B ei inzwischen klarem Himmel fühlte sich der Abend noch kälter an als erwartet. Hunter zog den ReiÃverschluss seiner Lederjacke hoch, während Captain Bolter eine Felipe Power aus der Innentasche seines Blazers fischte. »Auch eine?«, fragte er.
»Nein, danke.«
»Heute ist meine Abschiedsparty, seien Sie kein Spielverderber.«
»Ich halte mich lieber an den Scotch.« Hunter hob sein Glas. »Von den Dingern da wird mir schwindlig.«
»Sie klingen ja wie ein Mädchen.«
Hunter lachte. »Ein Mädchen, das Ihnen neulich am SchieÃstand den Arsch versohlt hat.«
Captain Bolter stimmte in Hunters Lachen mit ein. »Ihnen ist schon klar, dass ich Sie habe gewinnen lassen, oder?«
»Natürlich haben Sie das.«
»Also, ich
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