Der Vollstrecker
zu gewinnen und vielleicht über einige letzte Details Gewissheit zu erlangen.
»Also gut.« Er sprach langsam und mit Bedacht. »Früher hieÃen Sie Michael Madden. Ihre Frau lebte unter dem Namen Katherine Davis. Sie waren beide Schüler an der Compton High. Genau wie viele andere auch wurden Sie schikaniert und ausgelacht, und das nicht nur in der Schule. Damals gab es in Ihrer Nachbarschaft eine bestimmte Gruppe von Kids, die einen regelrechten Sport daraus gemacht haben. Sie haben Sie beide in einem solchen MaÃe gedemütigt, dass Sie anfingen, Ihr Spiegelbild zu hassen. Sie konnten es nicht mehr ertragen, sich selbst zu sehen.« Hunter hielt inne und blickte Tyler forschend ins Gesicht. »Diese Gruppe war auch bekannt als Strutters Gang.«
Tyler wirkte nicht im Mindesten überrascht. »Dann haben Sie es also endlich herausgefunden? Ich bin froh. Ich habe mir schon Sorgen gemacht, dass niemand jemals darauf kommen würde.«
»Und genau deshalb haben Sie uns auch auf die Bilder auf dem Kaminsims hingewiesen. Zuerst hatten wir sie übersehen, und das konnten Sie uns nicht durchgehen lassen. Sie durften nicht zulassen, dass Ihre Opfer einem anderen Täter zugeschrieben wurden. Sie wollten, dass wir die Sache mit dem Mobbing rausfinden.«
Tyler lächelte.
Hunter fuhr mit fester Stimme fort. »Dann sind Sie zu Geld gekommen. Zu sehr viel Geld. Sie hatten genug, um sich damit jeden Wunsch zu erfüllen, einschlieÃlich eines neuen Lebens irgendwo ganz weit weg. Wo niemand wusste, wer Sie waren. Wo niemand Sie mehr quälen würde. Aber das war nicht genug. Der Schaden war bereits angerichtet. Jedes Mal, wenn Sie in den Spiegel sahen, haben Sie sich gehasst.«
»Mit Geld kann man alles kaufen, Detective.«
»Auch ein neues Gesicht«, versetzte Hunter.
Tyler lachte. »Jetzt hören Sie bloà nicht auf. Meine Lebensgeschichte fängt ja gerade erst an, interessant zu werden.« Er lehnte sich gegen die Wand, schien vollkommen entspannt.
Hunter fuhr fort. »Sie haben sich eine neue Identität zugelegt â Dan Tyler. Von da an hatten Sie ein gutes Leben. Sie haben Strutter und seine Gang so gut wie vergessen, stimmtâs? Aber irgendwas hat die Erinnerung wieder zurückgebracht.« Hunter verstummte und wartete auf eine Reaktion von Tyler. Es kam keine. »War es Kates Tod? Haben Sie deshalb beschlossen, sie zu verfolgen und mit ihren schlimmsten Ãngsten zu quälen? Weil Ihre schlimmste Angst wahr geworden war?«
Tyler sah ihn fasziniert an. »Meine schlimmste Angst?«
Seine nächsten Worte musste Hunter mit aller Sorgfalt wählen. »Den Menschen zu verlieren, den Sie mehr als alles andere auf der Welt geliebt haben. Ihre Frau. Das war Ihre gröÃte Angst, nicht wahr?«
Tyler klatschte langsam in die Hände. »Ich bin beeindruckt. Sie wissen tatsächlich mehr, als ich dachte.« Er griff nach etwas auf dem Metalltisch, und Hunter versteifte sich unwillkürlich. »Haben Sie das ganz alleine herausgefunden, oder hat sie es Ihnen gesagt?« Tyler hielt die L. A. Times mit Mollies Foto in die Höhe.
Erst jetzt wandte Hunter den Blick von Tyler ab. Rasch durchsuchte er den Raum nach einem Versteck. Nichts.
»Wo ist sie? Wo ist Mollie?«, fragte er beschwörend.
Tyler runzelte die Stirn. »Was denn â Sie glauben, sie ist hier? Wieso sollte sie hier sein?«
»Weil sie eine Gefahr für Sie und für Ihren Plan war. Weil sie weiÃ, wer Sie sind.«
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T yler warf den Kopf zurück und lachte ein seltsames, gurgelndes Lachen, das Hunter eine Gänsehaut verursachte.
»Nein, sie war keine Gefahr, und sie weià auch nicht, wer ich bin.« In seiner Stimme klang ein leiser Spott mit. »Ich bin ihr ganz nahe gekommen, Detective. Ich habe ihr sogar die Hand geschüttelt. Sie ist wirklich ein süÃes Ding.«
Hunter spürte, wie ihm die Kehle eng wurde.
»Selbst nachdem sie meine Hand berührt hatte, hat sie mich nicht erkannt. Sie hatte keine Ahnung, wer ich war. Womit auch immer sie Ihnen geholfen und was auch immer sie gespürt hat, es war nicht stark genug, um mir gefährlich zu werden.« Tyler lachte leise. »Wenn ich sie hätte töten wollen, dann wäre sie schon tot.«
Hunter hielt Tylers Blick mit derselben Entschlossenheit stand.
»Sie glauben, Sie haben alles durchschaut, was, Detective? Sie haben keine Ahnung, was
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