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Der Vollstrecker

Der Vollstrecker

Titel: Der Vollstrecker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Carter
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Leichnam des Priesters war mittlerweile gewaschen worden. Der typische Y-Schnitt, der von den Schultern bis hinunter zum Schambein verlief, war bereits vernäht. Große schwarze Stiche ragten aus dem gespenstisch weißen Fleisch hervor wie giftige Dornen.
    Â»Die Analyse der Fingerabdrücke hat bestätigt, dass es sich bei dem Toten in der Tat um Brett Stewart Nichols alias Vater Fabian handelt. Todeszeitpunkt war am Mittwoch irgendwann zwischen zweiundzwanzig Uhr und Mitternacht.«
    Hunter nickte. »Kurz nachdem die Kirche zugeschlossen wurde.«
    Â»Bis auf die Stelle, an der der Kopf vom Rumpf abgetrennt wurde, weist der Körper keine Verletzungen auf«, sagte der Doktor und zog sich ein frisches Paar Latexhandschuhe über. »Die Enthauptung ist nicht post mortem erfolgt. Für Laien gesprochen: Sie war die Todesursache. Aber jetzt kommt das Interessante: Ich habe keinerlei Anzeichen dafür gefunden, dass das Opfer gefesselt war. Keine Abschürfungen an Hand- oder Fußgelenken.«
    Â»Wurde er betäubt?«, fragte Hunter und beugte sich nach vorn, um den Halsstumpf genauer zu betrachten.
    Kopfschütteln. »Laut toxikologischem Befund konnten im Blut keine Anästhetika nachgewiesen werden.«
    Â»Wieso meinst du, dass er betäubt wurde?«, wollte Garcia von Hunter wissen.
    Â»Die meisten Menschen würden sich doch vermutlich wehren, wenn jemand ihnen den Kopf abschlagen will.«
    Dr. Winston nickte. »Und wegen der fehlenden Abwehrverletzungen wissen wir, dass der Priester sich nicht gewehrt hat. Es ist nicht leicht, jemanden zu enthaupten, der nicht stillhält.«
    Â»Vielleicht wurde er vorher niedergeschlagen und war bewusstlos?«, meinte Garcia.
    Â»Die Möglichkeit muss man natürlich in Betracht ziehen«, antwortete Dr. Winston und ging um den Tisch herum auf die andere Seite. »Aber ohne den Kopf kann ich dazu nichts sagen.«
    Garcia nickte.
    Â»Es gibt allerdings eine Sache, die mich daran zweifeln lässt«, fuhr der Mediziner fort und deutete auf den Halsstumpf. »Der Kopf wurde mit einem einzigen mächtigen Streich vom Körper abgetrennt. Es muss eine äußerst scharfe, präzise Waffe gewesen sein. Keine Hackmarken, keine Sägemarken, und den Angaben der Spurensicherung zufolge waren im näheren Umkreis der Leiche im Boden keine Kratzer, Kerben oder Ähnliches zu sehen. Falls das Opfer bewusstlos war und auf der Erde lag, hätte der Hieb einer derart scharfen Waffe in jedem Fall eine Spur im Stein hinterlassen müssen. Außerdem legt der Schnittverlauf nahe, dass der Priester sich in aufrechter Position befand, als er enthauptet wurde, vermutlich hat er gesessen oder gekniet. Der Hieb kam von oben links, was den Schluss nahelegt, dass der Täter Rechtshänder war.«
    Mehrere Sekunden verstrichen, während Hunter sich Winstons Worte durch den Kopf gehen ließ. »Ich glaube auch nicht, dass er bewusstlos war«, meinte er schließlich, trat von der Leiche zurück und lehnte sich gegen den Tresen, auf dem die Mikroskope standen.
    Â»Warum nicht?«, fragte Garcia. »Das hätte es dem Täter doch um einiges leichter gemacht.«
    Â»Der Täter wollte es aber nicht leicht haben. Du hast den Tatort doch selbst gesehen. Sadistische Mörder empfinden keinerlei Mitgefühl für ihr Opfer. Einen Bewusstlosen zu töten hätte ihm überhaupt keine Befriedigung verschafft. Dieser Mörder wollte die Angst seines Opfers hautnah erleben. Ich wette, er hat Vater Fabian direkt in die Augen gesehen, als er ihm den tödlichen Streich versetzt hat.«
    Ein Schauer durchrieselte Garcias Körper. »Aber wenn er bei Bewusstsein war – wieso hat er sich dann nicht gewehrt? Oder wenigstens die Hände hochgerissen, um sein Gesicht zu schützen? Das ist doch ein ganz natürlicher Reflex.«
    Â»Starr vor Angst«, meinte Hunter.
    Â»Durchaus möglich«, stimmte Dr. Winston zu.
    Â»Willst du damit sagen, dass er einfach dagesessen hat, während der Killer in aller Seelenruhe ausholt, um ihn einen Kopf kürzer zu machen?«
    Â»So etwas passiert.« Dr. Winston nickte. »Es kommt darauf an, wie viel Angst ein Opfer hat, aber es ist nicht ungewöhnlich, dass das Gehirn abschaltet. Bewegungsreize werden dann ganz einfach nicht mehr weitergeleitet. Selbst wenn das Opfer sich bewegen will  – es kann nicht.«
    Â»Daher auch Redewendungen

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