Der Vollstrecker
würde dann solange in der Küche warten, wenn es Ihnen nichts ausmacht.«
Ryan kniff die Augen zusammen und machte ein paar Schritte auf Amanda zu. »Gibtâs ein Problem?«
»Nein, ganz und gar nicht«, wiegelte sie hastig ab. »Alles ist in bester Ordnung.« Doch obwohl sie eine tapfere Miene aufsetzte, lieà er sich nicht täuschen.
»Es ist nicht alles in Ordnung. Sie sind ganz blass geworden, Amanda. Gibt es da noch etwas, das ich übersehen habe?« Ryans Blick glitt fragend durch den Raum.
»Nein, nein â¦Â« Verflixt! Ihre Reaktion hatte ihn verunsichert. »Es hat absolut nichts mit dem Haus oder mit dem Kamin zu tun. Das garantiere ich Ihnen.«
»Womit dann? Ich bin ein ziemlich guter Menschenkenner, und ich sehe ganz genau, dass Ihnen irgendetwas zu schaffen macht.«
Amanda holte tief Luft. »Ich ⦠ich mag offenes Feuer bloà nicht besonders.« Ihr Blick glitt zu Boden, als wäre sie ein schüchternes kleines Mädchen.
Ryan lachte unvermittelt auf. Dann trat er noch einen Schritt näher und versuchte, ihren Blick einzufangen. »Tatsächlich?«
Amanda hob den Kopf und sah geradewegs in Ryans besorgte Augen.
»Ein schlimmes Erlebnis?«, fragte er mit sanfter Stimme.
Ihre Lippen waren zu einer dünnen Linie zusammengepresst. Sie nickte.
Ryan legte ihr die Hand auf die linke Schulter. »Soll ich Ihnen etwas gestehen?«, fragte er nach einem kurzen Schweigen. »Ich selbst habe panische Angst vor Spinnen.«
Sie wagte ein zaghaftes Lächeln.
»Als ich noch klein war, haben wir in einem alten Holzhaus gewohnt, und ich hatte ein Zimmer direkt unterm Dach«, sagte er. »Einmal bin ich nachts beim Lesen eingeschlafen. Es muss ungefähr drei oder vier Uhr in der Früh gewesen sein, als ich aufgewacht bin, weil ich ein Kitzeln im Nacken gespürt habe.«
»Brrr«, machte Amanda und schüttelte sich.
»Ich war noch ganz benommen und habe versucht, mich an der Stelle zu kratzen. Dabei habe ich die Spinne verärgert und sie in den Kragen meines T-Shirts geschoben.«
»Igitt!«
»Es war eine braune Einsiedlerspinne â die Art, die mehrmals hintereinander beiÃen kann. Das Vieh in meinem Hemd muss ziemlichen Kohldampf gehabt haben. Es hat mich insgesamt zwölfmal gebissen.«
Amanda verzog das Gesicht und rieb sich instinktiv den Nacken.
»Zu allem Ãberfluss hat mein Körper sehr stark auf die Bisse reagiert. Ich hatte Fieber, Schüttelfrost, Erbrechen, und überall, wo ich gebissen worden war, bildeten sich riesige weiÃe Blasen. Ich sage Ihnen, wenn es um Spinnen geht, bin ich der allergröÃte Angsthase. Ich muss nur eine sehen, schon wird meine Stimme ganz hoch und piespsig, und ich klinge wie eine Barbiepuppe.«
»Im Ernst?« Amanda lachte leise auf.
»O ja.« Er nickte. »Das kann ziemlich peinlich sein.«
Sie sprach nicht gerne über das, was ihr widerfahren war, aber sie hatte Vertrauen zu ihm gefasst. AuÃerdem musste sie Ryan unbedingt davon überzeugen, dass ihre Reaktion nichts mit dem Haus zu tun hatte.
»Ich war noch ziemlich klein, als es passiert ist«, begann sie und strich sich verlegen den Pony aus der Stirn. »Meine Freundin und ich haben in der Küche gespielt. Wir haben so getan, als würden wir Essen kochen. Ich weià gar nicht mehr genau, wie es dazu gekommen ist, aber irgendwann haben meine Kleider Feuer gefangen.«
Ryan hörte ihr aufmerksam zu.
»In gewisser Weise hatte ich sogar noch Glück«, fuhr sie fort. »Nur die Rückseite von meinem Kleid hat gebrannt. Haben Sie sich jemals verbrannt?«, wollte sie wissen.
Ryan schüttelte den Kopf. »Nicht in dem AusmaÃ.«
»Die Schmerzen kann man eigentlich gar nicht beschreiben.« Sie hielt inne, während sie nach den passenden Worten suchte. »Es ist nicht so, wie wenn man sich verbrüht oder aus Versehen ein heiÃes Bügeleisen anfasst. Kein stechender Schmerz. Es ist so stark, dass das Gehirn abschaltet und man nur noch hofft, dass man gleich stirbt. Ich konnte fühlen, wie meine Haut geschmolzen ist. Ich habe gerochen, wie mein Haar verkohlt.«
Amanda berührte mit der rechten Hand sacht ihr Haar. Ihr Blick war in die Ferne gerichtet. »Wir waren ganz allein zu Hause an dem Tag. Als meine Freundin endlich einen Eimer Wasser besorgt und über mir ausgeschüttet hatte, war der GroÃteil der
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