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Der Vorfahr: Eine Seele in der Steinzeit (German Edition)

Der Vorfahr: Eine Seele in der Steinzeit (German Edition)

Titel: Der Vorfahr: Eine Seele in der Steinzeit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Günter W. Hohenester
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dunkel geworden. Der große Stern stand am Himmel. Ich lud mir mein Gepäck auf und gab den Vögeln des Od ein Zeichen. Sie schwangen sich vor mir in die Nacht. Zwischen ihnen erstrahlte ein Lichtbogen, der mir den Weg wies.
    Der Mond tauchte die Ebene in ein kaltes, bläuliches Licht. Weit voraus, hoch über dem Licht der Vögel des Od grüßte der große Stern mit seinem Strahl. Ich wanderte durch knietiefes Gras. Stille lag über dem Land. Nur das Sirren der nieder brechenden Halme unter meinen Füßen war zu hören. Von der Erde stieg ein Rest Sonnenwärme empor und füllte die Luft mit dem frischen Duft der Wiesenkräuter. Mein Atem bildete Dampfwolken vor meinem Gesicht.
    Die Vögel des Od legten ein gutes Tempo vor. Trotz der nächtlichen Kühle fing ich an zu schwitzen. Der größte Teil meiner Ausrüstung steckte in einem großen Sack, den ich an zwei Riemen über dem Rücken trug. Das Bärenfell hatte ich zusammengerollt darüber gepackt. Es schützte meine Schulter vor dem Druck des Kurzspeers, an dem der Wassersack hing. Die Speerschleuder baumelte an ihrer Schlaufe vor meiner Brust. Das Steinbeil und mein Messer steckten an der Hüfte im Gürtel. Auf den Langspeer hatte ich verzichtet. Meine Eichenholzkeule trug ich in der Hand. Es war keine moderne Waffe. Aber ich liebte sie. Sie war glatt poliert. Am Kopf war ein Stein eingesetzt. Er war so genau eingepasst, dass kein Übergang zwischen Holz und Stein sichtbar war. Der schlanke Schaft endete in einem runden Knauf. So konnte sie mir nicht entgleiten. Die Mädchen am großen Feuer strichen gerne mit der Hand über meine Keule. Manche kicherten schrill, wenn sie den Knauf befühlten. Sie stießen dann nach mir und liefen zum Wald. Ich wusste, was das bedeuten sollte. Aber ich blieb sitzen. Ich rannte ihnen nicht hinterher. Denn nur du, Yrsig, warst in meinen Gedanken. Mein ganzes Fühlen gehörte dir. Da war kein Verlangen in mir nach anderen Weibern. Auch wenn sie mich einen Schlappschwanz hießen, die Männer am Feuer. Oder die Achseln zuckten und den Kopf schüttelten. Oder sich ausschütten wollten vor Lachen über meinen Verzicht. Ich wollte nur dich. Sonst keine.
    Da ist ein Geräusch zu meiner Rechten. Etwas raschelt im Gras. Ich fahre herum. Eine gezackte Spur schlängelt sich von mir fort. Ein Hase! Mein Herz pocht. Mein Auge nimmt Maß. Mein Arm holt aus. Die Keule schwingt nach oben. Zwei Hasensprünge voraus zielen. Loslassen. Die Keule wirbelt durch die Luft. Ich renne hinterher. Am Ende der Zackenspur bildet sich ein Knäuel. Ich habe getroffen! Da liegt der Hase. Neben ihm die Keule. Ich stürze mich auf ihn. Eine Hand krallt sich in sein Fell. Ich packe ihn an den Ohren. Ich ergreife die Keule. Ich schlage zu. Ich treffe das Genick. Es gibt ein dumpfes knackendes Geräusch. Der warme Körper unter meiner Hand zuckt in einem letzten Fluchtversuch. Dann erstarren seine Muskeln.
    Ich erwachte wie aus einem Rausch. Der Hase war tot. Mein Herz hämmerte in der Brust. Mein Atem ging heftig. Dann ließ die Spannung nach. Meine Seele erschrak. Ich senkte den Kopf. Trauer erfasste mich. Sie rang mich nieder. Alle Kraft verließ mich. Meine Stirn berührte das Fell des Hasen. Sein Geruch stieg mir in die Nase. Ich glaubte seine großen geöffneten Augen sähen mich traurig an. Ich seufzte. Ich hatte seinen Tod nicht gewollt. Nicht einmal sein Fleisch. Das Jagdfieber hatte mich töten lassen. Ohne Absicht, ohne eigenes Zutun. Niedergeschlagen bat ich meinen toten Bruder, den Hasen, um Verzeihung. Danach richtete ich mich auf den Knien auf, hob die Arme den Sternen entgegen und flehte alle Tiere der Erde an, eines von ihnen auszuwählen, das bereit war der Seele des Hasen in seinem Kopf Unterschlupf zu gewähren, bis diese sich an ihren Zustand gewöhnt habe und bereit war eine neue Form des Daseins zu beginnen.
     

Die Rast
    Die beiden Vögel des Od hatten einen vertrockneten Baum gefunden. Sie saßen auf einem der knorrigen Äste und hielten nach mir Ausschau. Ich warf mir den Hasen über den Rücken und gesellte mich zu ihnen. Der Boden unter dem Baum war mit trockenen Ästen übersät. Gerade das brauchte ich jetzt. Die würden ein gutes Feuer abgeben. Ich untersuchte die Umgebung des Baumes. Keine Raubtierlosung auf dem Boden. Keine Spuren. Der Platz war gut. Ich fand sogar etwas trockenen Baumschwamm zum Entzünden des Feuers. Als die Flammen prasselnd hoch schlugen, zog ich den Hasen ab und nahm ihn aus. Die Vögel des Od kamen neugierig

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