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Der Vorfahr: Eine Seele in der Steinzeit (German Edition)

Der Vorfahr: Eine Seele in der Steinzeit (German Edition)

Titel: Der Vorfahr: Eine Seele in der Steinzeit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Günter W. Hohenester
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näher. Ich warf ihnen das Gekröse zu. Sie nahmen das Geschenk zufrieden an. Fast ohne Streit widmeten sie sich der Atzung. Den ausgenommenen Hasen spießte ich auf einen geraden Stock. Dann rammte ich zwei kräftige Äste neben dem Feuer in die Erde. Ihre oberen Enden hatte ich vorher gespalten. Ich legte den Hasenspieß darüber und klemmte ihn fest. Von Zeit zu Zeit würde ich ihn weiterdrehen und erneut festklemmen müssen, bis das Fleisch rundum gar war. Ich rollte mein Bärenfell aus. Mit dem Rücken an den Baum gelehnt machte ich es mir bequem. Vom Feuer wehte die warme Luft heran. Sie roch nach Rauch und heißem Fleisch. Ich ließ den Kopf nach hinten sinken und entspannte mich. Meine Gedanken liefen zurück in die Vergangenheit. Sie landeten bei meinem Sturz im Farnkraut!
      

Die Schamanenhütte
    Ich rappelte mich hoch. Mein Zeh schmerzte. Ich bewegte ihn vorsichtig und fand, dass er nicht gebrochen war. Dann suchte ich mit den Augen wieder das Feuer vor der Schamanenhütte. Ein Schatten bewegte sich davor. Der Schamane musste zu Hause sein. Ich schob mich weiter durch den Farn und erreichte die Talsohle. Nachdem ich die hellen Stämme eines Birkenwäldchens hinter mir gelassen hatte, versperrte mir ein schmaler Bach den Weg. Ich rutschte die Böschung hinunter und watete hindurch. Das andere Ufer war sumpfig. Vorsichtig stapfte ich an Land. Meine Füße ließen sich nur schwer aus dem Morast ziehen. Jeden Schritt begleitete ein gurgelndes Schlürfen. Später wurde der Boden trockener. Es ging wieder bergauf. Ich fand einen Wildwechsel. Dem folgte ich durch struppiges Buschwerk. Das Gehölz wurde lichter. Ich erreichte den Fuß des Schamanenhügels. Die Hütte konnte ich jetzt nicht mehr sehen. Nur noch den Schein des Feuers nahm ich wahr. Es ging steil nach oben. Schritt für Schritt arbeitete ich mich hinauf. Um besser voranzukommen, ging ich im Zickzack. Immer wieder blickte ich zur Kante der Steigung auf. Dahinter wurde der Hügel flacher. Er war von hier aus nicht mehr einsehbar. Dort konnte eine Gefahr lauern. Ich wusste nicht, ob ich willkommen war. Der unbewachsene Hang bot keine Deckung. Meine Nerven waren angespannt. Schweiß lief mir unter den Achseln über die Rippen. Kurz vor der Kante hielt ich an und wartete bis mein Atmen ruhiger wurde.
    Über die Berggipfel in meinem Rücken schob sich die Sonne. Ihr Licht und ihre Wärme gaben mir Sicherheit. Langsam hob ich meinen Kopf über die Hügelkante.
    Ich schnupperte. Der Geruch von Verbranntem verpestete die Luft. Jetzt zog mir der beißende Qualm brennenden Fleisches in die Nase. Dunkelheit umgab mich. Ich erschrak. Das durfte nicht wahr sein! 
    Ich öffnete die Augen und saß vor meinem eigenen Feuer unter dem Baum. Ich fluchte. Versunken in meine Erinnerungen hatte ich übersehen, den Hasen zu wenden.
    Yrsig, Yrsig, warum bist du nicht bei mir? Mit dir wäre das nicht passiert. Du hättest den Braten gewendet, während ich vom Schamanen berichtet hätte. Du hättest mich mit großen Augen angeblickt und mir deine klugen Fragen gestellt. Dann hättest du den Hasen vom Feuer genommen und mich gebeten ihn zu zerlegen, wie es die gute Sitte gebot. Das weiche Fleisch vom Rücken hätte ich dir gegeben, weil du es so gern mochtest. Ich hätte die Keulen verzehrt. Zum Nachtisch hätten wir das winzige fette Hirn geteilt. Hasenhirn macht flink und beweglich. Man kann gar nicht genug davon essen. Das sagtest du immer.
    Danach hättest du dich an mich gekuschelt und gebettelt, ich solle weiter vom Schamanen erzählen. Ich hätte deinen kleinen festen Körper an meiner Seite gefühlt und den Duft der Blüten in deinem Haar gerochen. Irgendwann wärst du, in der Geborgenheit des wärmenden Feuers und unserer miteinander vertrauten Körper eingeschlafen. Ich hätte aufgehört zu reden und deinen Schlaf bewacht, bis auch mir die Augen zugefallen wären. Zusammen wären wir dann auf den sanften Flügeln der Träume durch die milde Nacht in den nächsten Morgen hineingeschwebt. Warum bist du nicht hier?
    Ich schluckte die Bitternis in meinem Mund hinunter und machte mich über den Hasen her. Die verkohlten Stellen schabte ich ab. Das Fleisch darunter zeigte eine rosige Farbe. Es war gar. Ich aß. Zwischendurch leckte ich an dem Salzstein, den ich immer mit mir führte. Als ich satt war, verbarg ich den Rest des Hasen unter Steinen, um ihn morgen als Wegzehrung mit mir zu nehmen. Es war sicherer so. Wenn es um Fleisch ging, war den beiden Vögeln des Od

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