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Der Vorfahr: Eine Seele in der Steinzeit (German Edition)

Der Vorfahr: Eine Seele in der Steinzeit (German Edition)

Titel: Der Vorfahr: Eine Seele in der Steinzeit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Günter W. Hohenester
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gleichen geistigen Stufe stand, wie jener Hakalim, von dem Ojun gesprochen hatte.
    Wir ließen Fanut unter seinem Busch zurück und liefen in einem lockeren Trab der Ansiedlung mit der großen Feuerstelle entgegen.
    Als wir den Ortseingang erreichten, kam uns eine Horde Kinder entgegen. Sie riefen laut: » Ojun,. Ojun, Ojun!« Bis sie erkannten, dass der Mann neben ihm ein Fremder war. Die Kleinsten blieben erschrocken stehen, bissen sich auf die Unterlippe, oder steckten einen Finger in die Nase, während sie mich mit großen Kulleraugen anstarrten. Die Größeren liefen erst ein paar Schritte zurück, um mich dann aus sicherem Abstand in Augenschein zu nehmen.
    Ojun griff in seinen Schulterbeutel und warf eine Handvoll Nüsse unter sie. Dazu sagte er: »Lauft und sagt den anderen Bescheid, dass ich Asfa mitbringe, Asfa der die Steine sprechen lässt.«
    Die Kinder balgten sich eine Zeitlang um die Nüsse. Dann sprangen sie vor uns her und riefen: »Ojun kommt mit Asfa. Ojun kommt mit Asfa.«
    Der Lärm erregte Aufmerksamkeit. Die Feuerholzträger verhielten den Schritt. Vor den Fellhütten und in den Eingängen der Höhlen erschienen Frauen und Männer, die uns neugierig entgegenstarrten.
    Am Platz des großen Feuers ließ Ojun sein Bündel fallen und winkte mit erhobenen Armen die Leute herbei. Die Holzträger warfen ihre Lasten zu Boden. Die kochenden Weiber erhoben sich von ihren Feuern und wischten sich die Hände an den Fellröcken ab. Die ruhenden Jäger wälzten sich von ihren Lagern. Der Figurenschnitzer legte seinen Mammutzahn zu Seite und erhob sich mühsam. Alle eilten zum Feuerplatz, um zu hören, was Ojun ihnen zu sagen hatte.
    »Hört her«, erhob nun dieser seine Stimme. »Ich habe euch einen Gast mitgebracht. Es ist Asfa, den das Große alte Mammut schickt und der die Steine sprechen lässt. Asfa, der ein Nachfahre ist des großen Od.«
    Die Menschen ringsum erhoben ihre Arme und deuteten die Geste der Unterwerfung an.
    »Sei uns willkommen Asfa«, ertönte es ringsum.
    Auch ich hob die Arme und deutete ebenfalls die Geste der Unterwerfung an.
    »Ich begrüße euch, ihr Freunde«, sprach ich feierlich.
    »Asfa «, fuhr Ojun fort. »Wird eine Weile bei uns bleiben und in unserem Gebiet leben und jagen. Erkennt ihn jetzt als einen der Unseren.«
    »Wir erkennen ihn als einen der Unseren«, murmelten alle durcheinander.
    »Ich danke euch«, sagte ich.
    Damit war getan, was die gute Sitte gebot. Ojun und ich setzten uns.
    »Ein Fest! Ein Fest! Lasst uns ein Fest feiern.« Es war der Figurenschnitzer, der diesen Vorschlag machte. Einige der Umstehenden schlugen ihm begeistert auf die Schulter.
    »Ja, lasst uns ein Fest feiern. Ein Begrüßungsfest«, jubelten sie. Aus dem Hintergrund ertönte eine brüchige Fistelstimme: »Ja, ja. Ein Pilzefest, ein Pilzefest.« Die Stimme gehörte einer ausgemergelten männlichen Gestalt aus deren Ohren Büschel von Wiesenblumen hingen. Sie wippte im Sitzen unaufhörlich mit dem Oberkörper hin und her. Ein breitschultriger Hüne mit nicht zu übersehendem Bauchansatz und lockigem Haar kam den Hang herunter. Er trug ein Rentier über der Schulter. Am Feuerplatz angekommen warf er es auf die Erde und rief: »Das hier spendiere ich. Los macht euch an die Arbeit ihr Weiber.«
    Der Figurenschnitzer humpelte zu seiner Fellhütte und kam mit einer großen Muschel zurück. Er setzte sie an die Lippen und blies ein lautes Signal darauf. Die dumpfen Töne hallten als Echo von den Bergen zurück.
    »Er ruft alle die Lust haben zum Fest herbei«, bemerkte Ojun.
    Die Holzträger machten sich daran, ihre Last auf dem Feuerplatz aufzuschichten. Einige der Weiber begannen, das Rentier auszunehmen. Andere entfachten ein Kochfeuer neben der großen Feuerstelle. Wieder andere holten Fleischbrocken herbei, oder brachten Schüsseln aus Tierschädeln mit einem Brei aus den zerstampften Samen der großen Gräser. Dazu kamen frische Früchte auf flachen Holzschalen. Alle fertigen Gerichte stellten sie auf einer langen Steinplatte neben dem Trinkfelsen ab, der sich vor einer kleinen Höhle, nicht weit vom großen Feuer befand. Einige der Männer trugen mit enthaarten Fellen bespannte Trommeln herbei. Einer hatte eine große Rohrflöte. Zwei andere holten Hollunderflöten von unterschiedlicher Länge, die der Größe nach geordnet aneinandergebunden waren. Die Männer mit den Instrumenten versammelten sich auf einer künstlich angelegten kleinen Erhöhung etwa drei Schritte vom großen Feuer

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