Der Vormacher
sich langsam, da hält sie plötzlich inne. Im selben Moment entfährt mir ein leichter Ächzer. Erst jetzt fällt mir auf, dass ich mitgestöhnt haben muss, jedenfalls ein paarmal! Theodora rührt sich nicht mehr, sie liegt stocksteif auf ihrem Bett. Wahrscheinlich hat sie die Ohren gespitzt und lauscht, ob sie sich nicht getäuscht hat, ob da wirklich ein Geräusch war. Ich verharre genauso reglos wie sie, ich versuche, die Luft anzuhalten, aber das ist schwierig, also atme ich ganz leise, so leise wie möglich. Da bewegt sie sich. Sie schlägt die Decke zur Seite und setzt sich auf, mir gegenüber, sodass ich ihren Schoß sehen kann. Es ist dunkel dort, ein Bein steht im Weg, ich ahne mehr, als ich sehe. Doch ich kann nicht verhindern, dass sich meine Saat löst, mein Schwanz schießt, ein-, zwei-, dreimal, mein Rücken zittert, ich muss mir auf die Lippe beißen, um nicht laut zu stöhnen. Es gelingt mir, die weiße Flüssigkeit in der anderen Hand zu fangen, und ohne weiter abzuwarten, flüchte ich in mein Zimmer, ich humple, krieche, bewege mich halb auf den Knien, halb auf der einen, unbefleckten Hand. Ich weiß nicht, wie, aber es gelingt mir, ohne ein Geräusch in mein Zimmer zu kommen, nur kann ich die Tür nicht zuziehen, das Geräusch könnte sie nicht überhören, ich lasse sie einen Spalt weit offen, schnell greife ich nach einem Schal, der an der Wand hängt, und wische mir die Hand ab.
»Henri?«
Sie steht im Flur. Ich wische meinen Schwanz sauber und ziehe die Hose hoch. Ob sie mich riechen kann? Jana kann mich immer riechen.
»Henri?«
Ihre Stimme klingt ängstlich. Ich antworte undeutlich, als ob sie mich aus dem Schlaf gerissen hätte.
»Was ist denn?«
»Ich habe ein Geräusch gehört«, sagt sie, »es klang wie ein Tier, hier auf dem Flur.«
»Ich habe nichts gehört«, erwidere ich. »Ich schlafe.«
Ich schlurfe hörbar auf der Stelle, als bewegte ich mich durchs Zimmer. Dann ziehe ich meinen Bademantel über und stecke schlaftrunken meinen Kopf durch den Türspalt. Theodora steht vor mir, aus ihrem Zimmer fallt Licht in den Flur. Sie trägt nichts außer einem langen T-Shirt. Ich muss mich beherrschen, um nicht auf ihre Brüste zu starren.
»Alles in Ordnung?«, frage ich.
»Da war was«, sagt sie. »Ich habe es gehört!«
Wir gehen zusammen in die Küche, ins Bad, wir öffnen die Tür zur Toilette, wir kontrollieren das Wohnungsschloss und den kleinen Balkon.
»Ich muss wohl geträumt haben«, sagt sie zweifelnd.
»Bestimmt«, sage ich. »Ich leg mich wieder schlafen. Falls etwas ist, falls du nicht schlafen kannst, ruf mich ruhig!«
»Danke«, sagt sie. Aber sie ruft mich nicht, obwohl ich noch eine Stunde lang wach liege.
A m nächsten Abend besuche ich Jana. Meistens komme ich morgens vor oder nachmittags nach der Arbeit. Heute jedoch hat sie mir eine SMS geschickt – eine SMS, das ist untypisch für Jana, die ruft lieber zehn Mal an! – und gefragt, ob ich nicht abends kommen könnte, um acht, zum Abendessen. Abendessen im Krankenhaus?
»Ich wäre gern zum Essen ausgegangen«, sagt sie zur Begrüßung, »aber der Arzt hat mir abgeraten. Deshalb habe ich was bestellt.«
Auf dem kleinen Tischchen in ihrem Zimmer brennt eine Kerze, daneben stehen Weingläser und zwei Gedecke, außerdem zwei zu Schwänen gefaltete Stoffservietten. Ich erkenne den Kerzenständer, er steht normalerweise zu Hause im Schlafzimmer. Draußen ist es noch hell, es dämmert erst um neun. Jana hat ihr schwarzes Kleid angezogen und sich geschminkt.
»Wie sehe ich aus?«, fragt sie mit einem schüchternen Lächeln.
Wie sieht sie aus? Ihr Gesicht ist mager geworden, ihre früher so rosige Haut ein wenig fahl, und ihre Hüftknochen sind durch das Kleid zu sehen. Aber ihre Augen glänzen, und sie wirkt fröhlich, beinah aufgezogen.
»Wunderschön«, sage ich und nehme sie in die Arme. Sie überrascht mich mit einem langen Kuss. Wir haben uns wochenlang nicht mehr so geküsst, nur leicht auf den Mund oder auf die Wange. Ich erschrecke ein wenig, ich erwarte einen kranken, vielleicht einen alten Geschmack, aber sie schmeckt wie früher, mit einem Hauch Zahnpasta.
»Ich will noch mal so einen Abend«, sagt sie, als ihre Lippen sich von meinen gelöst haben, »so einen Abend wie früher. Einen romantischen Abend nur für uns zwei.«
Sie nimmt eine Flasche Weißwein aus einem Kühler.
»Ich dachte, du darfst nichts trinken?«, frage ich erstaunt.
»Ach«, sagt sie, »ach. Wer soll
Weitere Kostenlose Bücher