Der Wachsblumenstrauß
ich nichts, Sir. Ich meine, er erzählte mir, dass er zu Mr Timothy fahren würde und dann nach Irgendwas St. Mary.«
»Richtig. Erinnern Sie sich, ob er nach seiner Rückkehr von der Reise etwas über seinen Besuch sagte?«
Lanscombe überlegte.
»Ich weiß es nicht… nicht direkt. Er war sehr froh, wieder hier zu sein. Es hat ihn sehr angestrengt zu reisen und in fremden Häusern zu übernachten – das weiß ich noch, dass er das sagte.«
»Und sonst nichts? Nichts über seine Geschwister?«
Lanscombe runzelte die Stirn.
»Der gnädige Herr hatte die Angewohnheit… nun, er hat gemurmelt, wenn Sie wissen, was ich meine – er hat mit mir geredet, aber eigentlich mehr zu sich selbst – und hat kaum gemerkt, dass ich überhaupt da war – weil er mich so gut kannte.«
»Weil er Sie kannte und Ihnen vertraute.«
»Ich erinnere mich nicht genau, was er sagte – etwas in der Art, er könne sich gar nicht vorstellen, was er mit seinem Geld gemacht hatte – damit meinte er Mr Timothy, glaube ich. Und dann sagte er etwas wie: ›Frauen können neunundneunzig Mal sehr dumm sein und beim hundertsten Mal ausgesprochen klug.‹ Ach ja, und dann sagte er noch: ›Was man wirklich denkt, darüber kann man doch nur mit jemandem aus der eigenen Generation reden. Die denken nicht, dass man sich nur etwas einbildet, wie die jüngeren.‹ Und später sagte er noch – aber ich weiß nicht, in welchem Zusammenhang: ›Es ist nicht gerade schön, jemandem eine Falle stellen zu müssen, aber ich weiß nicht, was ich sonst tun könnte.‹ Aber ich vermute, dass er dabei an den zweiten Gärtner dachte, Sir – es waren Pfirsiche abhanden gekommen.«
Doch Mr Entwhistle glaubte nicht, dass Richard Abernethie dabei an den zweiten Gärtner gedacht hatte. Nach einigen weiteren Fragen dankte er Lanscombe und ging davon. Dabei ließ er sich durch den Kopf gehen, was er alles erfahren hatte. Eigentlich nichts – das heißt nichts, das er nicht vorher schon vermutet hatte. Doch es gab einige Hinweise. Richard hatte nicht an seine Schwägerin Maude gedacht, als er sagte, Frauen könnten dumm und gleichzeitig klug sein, sondern an seine Schwester Cora. Und ihr gegenüber hatte er seine »Einbildungen« erwähnt. Und er hatte davon gesprochen, jemandem eine Falle stellen zu müssen. Aber wem?
III
Mr Entwhistle hatte lange darüber gegrübelt, wie viel er Helen erzählen sollte. Schließlich kam er zu dem Ergebnis, dass er sie ganz ins Vertrauen ziehen konnte.
Zuerst dankte er ihr, dass sie Richards persönliche Gegenstände gesichtet und verschiedene Vorkehrungen bezüglich des Haushalts getroffen hatte. Das Haus wurde mittlerweile schon zum Verkauf angeboten und es gab ein oder zwei potentielle Käufer, die es bald besichtigen würden.
»Private Käufer?«
»Leider nein. Die Y.M.C.A. ist interessiert, ein Club für Jugendliche, und die Treuhänder des Jefferson Trust suchen nach einem geeigneten Haus für ihre Sammlung.«
»Es ist traurig, dass das Haus nicht mehr bewohnt sein wird, aber in der heutigen Zeit ist das wohl aus praktischen Gründen kaum mehr möglich. Ich wollte Sie fragen, ob Sie vielleicht hier bleiben könnten, bis das Haus tatsächlich verkauft ist – oder würde das all Ihre Pläne durchkreuzen?«
»Nein, es passt mir sogar sehr gut. Ich wollte erst im Mai nach Zypern fahren und bin viel lieber hier als in London. Wissen Sie, ich liebe dieses Haus. Leo hat es geliebt, und wir waren zusammen immer sehr glücklich hier.«
»Es gibt noch einen anderen Grund, warum ich Ihnen dankbar wäre, wenn Sie hier blieben. Ein Freund von mir, er heißt Hercule Poirot…«
»Hercule Poirot?«, unterbrach Helen ihn. »Dann glauben Sie…«
»Sie haben von ihm gehört?«
»Ja. Freunde von mir… aber ich dachte, er wäre schon lange tot.«
»Nein, er ist im Gegenteil quicklebendig. Aber natürlich nicht mehr der Jüngste.«
»Nein, der Jüngste kann er nicht mehr sein.«
Es war unverkennbar, dass ihre Gedanken nicht bei dem waren, was sie gerade sagte. Aus ihrem Gesicht war alle Farbe gewichen, und sie sah erschrocken aus.
»Dann glauben Sie… dass Cora Recht hatte? Dass Richard… ermordet wurde?«, stieß sie hervor.
Mr Entwhistle schüttete ihr sein Herz aus. Es war eine große Erleichterung für ihn, Helen mit ihrem klaren Verstand alles anvertrauen zu können.
Als er geendet hatte, sagte sie: »Eigentlich müsste man das Gefühl haben, dass das absolut unmöglich ist… aber das Gefühl habe ich
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