Der Wachsblumenstrauß
es betrachtete. »Das hat Mrs Lansquenets Mann gemalt«, erläuterte Miss Gilchrist. »Unten im Esszimmer hängen noch viel mehr von seinen Bildern.«
»Wie schrecklich.«
»Nun ja, mir selbst gefällt die Art Malerei auch nicht besonders – aber Mrs Lansquenet war sehr stolz auf ihren Mann als Maler und fand, dass sein Werk völlig zu Unrecht unterschätzt wurde.«
»Wo sind Tante Coras Bilder?«
»In meinem Zimmer. Möchten Sie sie sehen?«
Stolz führte Miss Gilchrist ihre Schätze vor.
Susan meinte, ihre Tante habe offenbar eine Vorliebe für Seebäder gehabt.
»Das ist wahr. Wissen Sie, sie hat mit Mr Lansquenet jahrelang in einem kleinen Fischerdorf in der Bretagne gelebt. Fischerboote sind einfach zu malerisch, finden Sie nicht?«
»Offensichtlich«, murmelte Susan. Nach Cora Lansquenets Bildern – detailgetreue und sehr bunte Darstellungen – hätte man eine ganze Postkartensammlung produzieren können, dachte sie. In ihr stieg sogar der Verdacht auf, dass sie von Postkarten abgemalt worden waren.
Doch als sie diese Vermutung äußerte, zeigte sich Miss Gilchrist empört. Mrs Lansquenet hatte immer nach der Natur gemalt! Einmal hatte sie sich sogar einen leichten Sonnenstich geholt, nur weil sie sich weigerte, ihren Malplatz zu verlassen, solange das Licht so schön war.
»Mrs Lansquenet war eine richtige Künstlerin«, schloss Miss Gilchrist vorwurfsvoll.
Sie warf einen Blick auf ihre Uhr.
»Ja, wir sollten uns auf den Weg machen«, meinte Susan. »Ist es weit? Soll ich den Wagen holen?«
Aber Miss Gilchrist versicherte, zu Fuß seien es nur fünf Minuten. Gemeinsam verließen sie das Haus. Mr Entwhistle, der mit dem Zug gekommen war, gesellte sich zu ihnen, und zu dritt betraten sie das Rathaus.
Eine große Zahl Fremder war gekommen. Die gerichtliche Untersuchung brachte nichts Sensationelles an den Tag. Die Identität der Toten wurde festgestellt. Ein medizinischer Gutachter erläuterte die Art der Verletzungen, an denen sie gestorben war. Nichts deute darauf, dass sie Gegenwehr geleistet habe. Die Töte habe zur Zeit des Überfalls vermutlich unter Drogen gestanden und sei völlig überrascht worden. Es sei unwahrscheinlich, dass der Tod später als vier Uhr dreißig eingetreten sei, vermutlich zwischen zwei Uhr und vier Uhr dreißig. Miss Gilchrist sagte aus, dass sie die Leiche gefunden hatte. Ein Polizist und Inspector Morton gaben ihr Zeugnis ab. Zum Schluss fasste der Untersuchungsrichter die Aussagen kurz zusammen, woraufhin die Geschworenen einstimmig auf »Mord durch einen oder mehrere Unbekannte« befanden.
Es war vorüber. Sie traten wieder ins Sonnenlicht hinaus. Ein halbes Dutzend Kameras klickte. Mr Entwhistle führte Susan und Miss Gilchrist ins King’s Arms, wo er vorsorglich einen Tisch in einem abgetrennten Raum hinter der Bar reserviert hatte.
»Das Essen ist nicht allzu gut«, meinte er entschuldigend.
Aber das Essen war ausgezeichnet. Miss Gilchrist schniefte ein wenig und murmelte, alles sei so schrecklich, aber nachdem Mr Entwhistle ihr ein Glas Sherry aufgedrängt hatte, besserte sich ihre Stimmung und sie aß das Irishstew mit herzhaftem Appetit.
»Ich hatte keine Ahnung, dass Sie heute herkommen wollten, Susan«, sagte Mr Entwhistle. »Wir hätten zusammen fahren können.«
»Ich weiß, dass ich gesagt hatte, ich würde nicht kommen. Aber ich hätte es ziemlich herzlos gefunden, wenn niemand von der Familie da gewesen wäre. Ich habe George angerufen, aber er sagte, er hätte zu viel zu tun und könne unmöglich kommen, Rosamund hatte irgendeinen Termin zum Vorsprechen, und Onkel Timothy ist ja ein Wrack. Also musste ich kommen.«
»Ihr Mann wollte Sie nicht begleiten?«
»Greg musste mit seinem Laden abrechnen.«
Als sie den bestürzten Ausdruck auf Miss Gilchrists Gesicht bemerkte, erklärte sie: »Mein Mann arbeitet in einer Apotheke.«
Miss Gilchrist konnte einen Ehemann, der hinter einer Ladentheke arbeitete, zwar überhaupt nicht mit Susans Weltgewandtheit in Einklang bringen, aber sie schlug sich tapfer. »Ach, genau wie Keats«, meinte sie verbindlich.
»Greg ist kein Dichter«, widersprach Susan und fuhr dann fort: »Wir haben große Pläne für die Zukunft – ein Unternehmen, das zweigleisig fährt. Ein Schönheitssalon und dazu ein Labor, in dem wir unsere eigene Kosmetik herstellen.«
»Sehr schön.« Es war offensichtlich, dass diese Idee Miss Gilchrists Billigung fand. »So etwas wie Elizabeth Arden, die ja eigentlich eine Gräfin ist,
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