Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Wachsblumenstrauß

Der Wachsblumenstrauß

Titel: Der Wachsblumenstrauß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
Vom Netzwerk:
Mortimers Tod schon nicht mehr.«
    »Ja, das hat ihn gebrochen. Und dann war er krank – und Kranke haben ja manchmal seltsame Ideen. Ich könnte mir vorstellen, dass es bei Mr Abernethie in den letzten Tagen ähnlich war. Manchmal sprach er von Feinden, dass jemand ihm etwas antun wollte – ist das möglich? Vielleicht dachte er sogar, ihm würde etwas ins Essen getan?«
    Der alte Lanscombe sah überrascht aus – überrascht und gekränkt.
    »Ich kann mich an nichts dergleichen erinnern, Sir.«
    Entwhistle betrachtete ihn aufmerksam.
    »Sie waren ihm ein treuer Butler, Lanscombe, das weiß ich. Aber wenn Mr Abernethie solche Gedanken gehabt hätte, wäre das… äh… völlig bedeutungslos gewesen, ein natürliches Symptom… bei einigen Krankheiten ist das so.«
    »Tatsächlich, Sir? Ich kann nur sagen, dass Mr Abernethie mir gegenüber nie dergleichen erwähnte, oder auch nur in meiner Hörweite.«
    Diplomatisch ging Mr Entwhistle zu einem anderen Thema über.
    »Vor seinem Tod hat er doch einige seiner Verwandten nach Enderby eingeladen, nicht? Seinen Neffen und seine beiden Nichten mit ihren Männern?«
    »Ja, Sir, das stimmt.«
    »Freute er sich über die Besuche? Oder war er eher enttäuscht?«
    Lanscombes Augen nahmen einen distanzierten Ausdruck an, sein steifer Rücken wurde noch steifer.
    »Dazu kann ich Ihnen nichts sagen, Sir.«
    »Ich glaube schon, dass Sie das könnten.« Mr Entwhistles Ton war verständnisvoll. »Was Sie eigentlich sagen wollen, ist doch, dass es Ihnen nicht zusteht, etwas darüber zu sagen. Aber es gibt Zeiten, da muss man seinem Gefühl für Anstand ein wenig Gewalt antun. Ich war einer der ältesten Freunde Ihres gnädigen Herrn. Er stand mir sehr nahe. Sie ihm auch. Deswegen frage ich Sie nach Ihrer Meinung als Mensch, nicht als Butler.«
    Lanscombe schwieg einen Moment, dann fragte er in neutraler Stimme: »Geht etwas… nicht mit rechten Dingen zu, Sir?«
    »Ich weiß es nicht«, antwortete Mr Entwhistle aufrichtig. »Ich hoffe nicht. Aber ich möchte gerne Gewissheit haben. Haben Sie selbst auch das Gefühl gehabt, dass etwas nicht ganz… mit rechten Dingen zuging?«
    »Erst seit der Beerdigung, Sir. Und ich kann Ihnen nicht sagen, was es genau ist. Aber Mrs Leo und Mrs Timothy waren auch nicht ganz sie selbst an dem Abend, nachdem die anderen abgefahren waren.«
    »Sie kennen die Verfügungen des Testaments?«
    »Ja, Sir. Mrs Leo hat sie mir mitgeteilt; sie dachte, ich würde das vielleicht gerne wissen. Wenn ich mir die Bemerkung erlauben darf, Sir, in meinen Augen ist das Testament sehr gerecht.«
    »Doch, es ist ein gerechtes Testament. Alle Erben werden gleichmäßig bedacht. Aber ich glaube, es ist nicht das Testament, das Mr Abernethie gleich nach dem Tod seines Sohnes zu machen gedachte. Können Sie mir jetzt die Frage beantworten, die ich Ihnen vorhin stellte?«
    »Nach meiner persönlichen Meinung…«
    »Das versteht sich von selbst.«
    »Nach dem Besuch von Mr George war Mr Abernethie sehr enttäuscht, Sir… Ich glaube, er hatte gehofft, dass Mr George vielleicht Mr Mortimer ähnlich wäre. Wenn ich das so sagen darf, Sir, Mr George genügte nicht seinen Anforderungen. Miss Lauras Ehemann hatte nie den Erwartungen entsprochen, und ich fürchte, Mr George ist ihm nachgeschlagen.« Lanscombe machte eine kurze Pause, ehe er fortfuhr. »Dann kamen die jungen Damen mit ihren Ehemännern. Miss Susan hat ihn sofort beeindruckt – sie ist eine sehr lebhafte und attraktive junge Dame, aber meiner Ansicht nach konnte er ihren Mann nicht leiden. Heutzutage treffen junge Damen oft eine ungewöhnliche Wahl, Sir.«
    »Und das andere Paar?«
    »Darüber kann ich nicht viel sagen. Ein sehr freundliches und gut aussehendes junges Paar. Ich glaube, der gnädige Herr hat sich über ihren Besuch sehr gefreut – aber ich glaube nicht…« Der alte Mann zögerte.
    »Ja, Lanscombe?«
    »Nun ja, der gnädige Herr hatte nie viel vom Theater gehalten. Eines Tages sagte er zu mir: ›Ich kann nicht verstehen, wie jemand theaterbesessen sein kann. Es ist doch ein verrücktes Leben. Es bringt die Leute um das letzte bisschen Verstand, das sie vielleicht besitzen. Und für die Moral ist es auch nicht gut. Man verliert doch jeden Sinn für Verhältnismäßigkeit.‹ Natürlich bezog er sich nicht direkt auf…«
    »Nein, natürlich nicht. Und nach diesen Besuchen ist Mr Abernethie selbst weggefahren – zuerst zu seinem Bruder und dann zu seiner Schwester, Mrs Lansquenet.«
    »Davon wusste

Weitere Kostenlose Bücher