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Der Wachsblumenstrauß

Der Wachsblumenstrauß

Titel: Der Wachsblumenstrauß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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trat ins Innere, entledigte sich seines Mantels, legte ihn mitsamt dem Hut auf die kleine Eichentruhe und folgte dann Susan ins Wohnzimmer.
    »Ein trauriger Anlass«, sagte Mr Guthrie, der von Natur aus kein Kind von Traurigkeit schien, sondern ganz im Gegenteil offenbar meist strahlte. »Ein sehr trauriger Anlass. Ich war zufällig gerade in der Gegend und dachte mir, das Mindeste, was ich tun könnte, wäre, zur gerichtlichen Untersuchung zu gehen – und natürlich zur Beerdigung. Die arme Cora, die arme, närrische Cora. Ich kenne sie praktisch seit ihrer Hochzeit, müssen Sie wissen, Mrs Banks. Eine temperamentvolle junge Frau – und sie hat die Malerei sehr ernst genommen – sie hat Pierre Lansquenet sehr ernst genommen – als Maler, meine ich. Im Großen und Ganzen war er ihr kein so schlechter Ehemann. Er hat gern das Auge schweifen lassen, wenn Sie wissen, was ich meine, ja, das hat er gerne – aber Cora fand zum Glück, dass das zu seiner Künstlernatur gehörte. Er war ein Künstler und deswegen unmoralisch! Vielleicht ging sie sogar noch weiter und meinte, er sei unmoralisch und darum ein Künstler! Überhaupt keinen Kunstverstand hatte sie, die arme Cora – obwohl sie in anderer Hinsicht sehr scharfsichtig war, das muss man sagen – ungemein scharfsichtig sogar.«
    »Das sagen alle«, erwiderte Susan. »Ich habe sie kaum gekannt.«
    »Nein, sie hatte mit der Familie gebrochen, weil niemand ihren heiß geliebten Pierre richtig zu schätzen wusste. Sie war ja keine hübsche Frau – aber sie hatte ein gewisses Etwas. Und man konnte so viel Spaß mit ihr haben! Man wusste nie, was sie als Nächstes sagen würde, und man wusste auch nie, ob ihre Naivität echt war oder nur gespielt. Wir haben immer viel mit ihr gelacht. Ein ewiges Kind – das war sie für uns immer. Und als ich sie das letzte Mal sah – ich habe sie auch nach Pierres Tod hin und wieder besucht –, da kam sie mir immer noch wie ein Kind vor.«
    Susan bot Mr Guthrie eine Zigarette an, aber der alte Herr lehnte mit einem Kopfschütteln ab.
    »Danke, liebe Mrs Banks, aber ich rauche nicht. Sicher fragen Sie sich, warum ich gekommen bin. Um ehrlich zu sein, ich habe ein schlechtes Gewissen. Ich hatte Cora vor einigen Wochen versprochen, sie zu besuchen. Meistens habe ich sie einmal im Jahr gesehen, und in letzter Zeit hatte sie ja angefangen, auf Flohmärkten Bilder zu kaufen, und sie wollte, dass ich sie mir ansehe. Ich bin von Beruf Kunstkritiker, müssen Sie wissen. Die meisten Bilder, die Cora gekauft hat, waren natürlich schauerlich, aber im Grunde ist es gar kein so schlechtes Geschäft. Auf diesen Flohmärkten kann man Bilder ja für einen Appel und ein Ei bekommen, und oft sind die Rahmen allein schon mehr wert, als man dafür bezahlt. Zu den großen Auktionen gehen natürlich immer Kunsthändler hin, und Meisterwerke findet man kaum. Aber gerade neulich wurde beim Verkauf eines Bauernhofs ein kleiner Cuyp für ein paar Pfund versteigert. Die Geschichte dahinter war sehr interessant. Eine Kinderfrau hatte das Bild von der Familie geschenkt bekommen, bei der sie jahrelang gearbeitet hatte; niemand hatte eine Ahnung, wie wertvoll es in Wirklichkeit war. Die Kinderfrau gab es einem Neffen, der Bauer war und dem das Pferd darauf so gut gefiel, aber sonst hielt er es einfach für ein etwas verdrecktes altes Bild. Doch, solche Sachen kommen manchmal wirklich vor, und Cora war überzeugt, dass sie einen Blick für Gemälde hatte. Leider stimmte das nicht. Letztes Jahr bat sie mich zu kommen, um mir einen Rembrandt anzusehen. Einen Rembrandt! Es war nicht mal eine halbwegs anständige Kopie von einem! Aber einmal hat sie einen ganz schönen Stich von Bartolozzi ergattert – leider hatte er ein paar Stockflecken. Ich habe es für dreißig Pfund für sie verkauft, und das hat sie natürlich noch mehr angespornt. Als Letztes schrieb sie mir ganz euphorisch von einem italienischen Primitiven, den sie auf einem Trödelmarkt gekauft hätte, und sie hat mir das Versprechen abgenommen, dass ich ihn mir ansehe.«
    »Wahrscheinlich meinte sie das da drüben«, sagte Susan und deutete auf die Wand hinter sich.
    Mr Guthrie erhob sich, setzte sich die Brille auf und betrachtete den Stich.
    »Die arme Cora«, urteilte er nach einer Weile.
    »Da sind noch viele andere«, meinte Susan.
    Mr Guthrie begann eine eingehende Untersuchung der Kunstschätze, die Mrs Lansquenet so hoffnungsvoll erworben hatte. Gelegentlich machte er ein verwundertes

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