Der Wachsblumenstrauß
beschäftigt hatte.
»Mein Onkel Richard ist doch vor seinem Tod hier gewesen, nicht?«, fragte sie.
»Ja.«
»Wann war das genau?«
»Lassen Sie mich überlegen – das muss ein, zwei – fast drei Wochen vor seinem Tod gewesen sein.«
»Hatten Sie das Gefühl, dass er… krank war?«
»Nun, ich würde nicht sagen, dass er wirklich krank aussah. Eigentlich hatte ich eher den Eindruck, dass er gut bei Kräften war. Mrs Lansquenet war sehr überrascht ihn zu sehen. Sie sagte: ›Also, Richard, nach all den Jahren!‹, und er sagte: ›Ich wollte selbst kommen, um zu sehen, wie es dir geht.‹ Und Mrs Lansquenet meinte: ›Mir geht es sehr gut.‹ Ich glaube, sie war ein bisschen beleidigt, dass er so plötzlich und völlig unangemeldet auftauchte nach dem jahrelangen Schweigen. Auf jeden Fall meinte Mr Abernethie: ›Es ist doch wirklich an der Zeit, unseren Groll zu begraben. Du, ich und Timothy sind die Letzten – und mit Timothy kann man doch über nichts reden als über seine Gesundheit.‹ Und dann meinte er noch: ›Pierre hat dich offenbar sehr glücklich gemacht. Ich hatte also Unrecht. Reicht dir das?‹ Das war sehr nett, wie er das sagte. Ein gut aussehender Mann, aber natürlich schon etwas in die Jahre gekommen.«
»Wie lang ist er geblieben?«
»Er war nur zum Mittagessen hier. Rinderrouladen habe ich gemacht. Zum Glück war an dem Tag gerade der Fleischer vorbeigekommen.«
Miss Gilchrists Gedächtnis schien sich fast ausschließlich an kulinarischen Dingen festzumachen.
»Und die beiden haben sich gut verstanden?«
»Aber ja.«
Susan zögerte ein wenig. »War Tante Cora überrascht, als er… gestorben ist?«, fragte sie dann.
»O ja, es ist doch sehr plötzlich gekommen, oder nicht?«
»Ja, es war sehr plötzlich… Ich meine, sein Tod hat sie also überrascht. Er hatte ihr gegenüber wohl nicht erwähnt, dass er so krank war.«
»Nun ja…« Miss Gilchrist überlegte eine Weile. »Doch, hinterher sagte sie, dass er sehr alt geworden sei… ich glaube, sie verwendete das Wort senil.«
»Aber Ihnen kam er nicht senil vor?«
»Äußerlich auf jeden Fall nicht. Aber ich habe kaum mit ihm geredet, ich habe die beiden natürlich allein gelassen.«
Susan betrachtete Miss Gilchrist taxierend. War sie die Art Frau, die an der Tür horchte? Sie war ehrlich, da war Susan sich sicher, sie würde nie stehlen, mit dem Haushaltsgeld schummeln oder Briefe öffnen. Aber Neugier kann sich auch das Mäntelchen der Rechtschaffenheit umhängen. Miss Gilchrist hätte es für nötig befinden können, im Garten in der Nähe eines offenen Fensters zu arbeiten, im Flur Staub zu wischen… Das wäre im Rahmen des Erlaubten. Und dann hätte sie natürlich unweigerlich das Gespräch mit anhören müssen…
»Sie haben von der Unterhaltung gar nichts mitbekommen?«, fragte Susan.
Das war zu direkt. Miss Gilchrist wurde vor Empörung rot.
»In der Tat nicht, Mrs Banks. Es war noch nie meine Art, an Türen zu lauschen!«
Das heißt, dass sie genau das getan hat, dachte Susan. Sonst hätte sie einfach Nein gesagt.
»Es tut mir Leid, Miss Gilchrist«, entschuldigte sie sich, »so habe ich das nicht gemeint. Aber diese Häuser sind doch so schäbig gebaut, da hört man oft unwillentlich alles mit, was im Zimmer nebenan gesprochen wird. Und jetzt, wo beide tot sind, ist der Familie sehr daran gelegen zu wissen, worüber sie sich unterhalten haben.«
Das Cottage war alles andere als schäbig gebaut; es stammte aus einer Zeit, in der noch solide gearbeitet wurde. Aber Miss Gilchrist griff die Ausrede sofort auf.
»Da haben Sie natürlich Recht, Mrs Banks – das Haus ist wirklich sehr klein, und natürlich kann ich verstehen, dass Sie gerne wissen möchten, was zwischen den beiden geredet wurde. Aber ich fürchte, ich kann Ihnen nicht viel weiterhelfen. Soweit ich weiß, haben sie sich über Mr Abernethies Gesundheit unterhalten und bestimmte… nun ja, Vorstellungen, die er hatte. Er sah zwar nicht krank aus, aber er muss doch sehr krank gewesen sein, und wie viele Gebrechliche schob er seine Schwäche auf einen Einfluss von außen. Ich glaube, das ist ganz normal. Meine Tante…«
Miss Gilchrist begann den Krankheitsverlauf bei ihrer Tante zu erläutern.
Susan lenkte ebenso geschickt wie Mr Entwhistle von der alten Dame ab.
»Ja«, sagte sie. »Genau das habe ich mir auch gedacht. Die Dienstboten meines Onkels waren ihm alle sehr zugetan, und natürlich sind sie betroffen, dass er dachte…« Sie brach
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