Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Wachsblumenstrauß

Der Wachsblumenstrauß

Titel: Der Wachsblumenstrauß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
Vom Netzwerk:
ab.
    »Natürlich! Dienstboten sind sehr empfindlich, wenn es um solche Dinge geht. Ich weiß noch, meine Tante…«
    Wieder wurde sie von Susan unterbrochen.
    »Es stimmt doch, dass er die Dienstboten in Verdacht hatte, oder nicht? Ich meine, dass sie ihn vergiften wollten.«
    »Ich weiß nicht… ich… wirklich…«
    Susan deutete ihre Verwirrung richtig.
    »Also nicht die Dienstboten. Wen denn dann? War es eine bestimmte Person?«
    »Ich weiß es nicht, Mrs Banks. Ich weiß es wirklich nicht.«
    Aber als sie das sagte, wich sie Susans Blick aus. Susan vermutete, dass Miss Gilchrist weitaus mehr wusste, als sie zugeben wollte.
    Möglicherweise wusste sie sogar sehr viel…
    Susan beschloss, das Thema für den Augenblick auf sich beruhen zu lassen. »Welche Pläne haben Sie denn für die Zukunft, Miss Gilchrist?«, erkundigte sie sich.
    »Ach, darüber wollte ich noch mit Ihnen reden, Mrs Banks. Ich habe Mr Entwhistle gesagt, dass ich bereit bin, hier wohnen zu bleiben, bis mit dem Haus alles geregelt ist.«
    »Ich weiß. Dafür bin ich Ihnen sehr dankbar.«
    »Und ich wollte Sie fragen, wie lange das wohl dauern wird, weil ich mich natürlich nach einer neuen Stellung umsehen muss.«
    Susan überlegte.
    »Allzu viel gibt es hier nicht zu tun. Eigentlich sollte ich in ein paar Tagen alles aufräumen und den Auktionator herbestellen können.«
    »Sie haben also beschlossen, alles zu verkaufen?«
    »Ja. Und ich vermute, dass es kein Problem sein wird, einen neuen Mieter zu finden?«
    »O nein – die Leute werden sich die Klinke in die Hand drücken. Es gibt so wenige Häuser zu mieten. Normalerweise muss man immer kaufen.«
    »Dann sollte ja alles sehr schnell gehen.« Susan zögerte, bevor sie fortfuhr. »Ich wollte sagen… werden Ihnen drei Monatslöhne genügen?«
    »Das ist sehr freundlich von Ihnen, Mrs Banks, wirklich. Ich weiß Ihr Angebot sehr zu schätzen. Und wären Sie vielleicht bereit… ich meine, dürfte ich Sie bitten… wenn es nötig wäre… mich… mich zu empfehlen? Zu sagen, dass ich bei einer Verwandten von Ihnen gearbeitet habe und dass ich – dass meine Arbeit zufriedenstellend war?«
    »Aber natürlich.«
    »Und… ich weiß nicht, ob ich Sie das fragen soll.« Miss Gilchrists Hände begannen zu zittern, und sie musste sich bemühen, mit fester Stimme zu sprechen. »Aber wäre es vielleicht möglich, dass Sie… die Umstände nicht erwähnen… nicht einmal den Namen?«
    Susan starrte sie an.
    »Ich verstehe Sie nicht.«
    »Sie haben eben nicht darüber nachgedacht, Mrs Banks. Es war ein Mord. Ein Mord, der in allen Zeitungen stand und von dem jeder gelesen hat. Verstehen Sie? Die Leute denken vielleicht: ›Zwei Frauen leben zusammen – eine von ihnen wird umgebracht – womöglich war es die Hausdame.‹ Verstehen Sie, Mrs Banks? Wenn ich nach jemandem suchen würde, dann würde ich… nun, ich würde es mir zweimal überlegen, ob ich mich selbst anstellen würde – wenn Sie verstehen, was ich meine. Man kann doch nie wissen! Darüber habe ich mir große Sorgen gemacht, Mrs Banks. Ich bin nachts oft wach gelegen und habe mir gedacht, dass ich vielleicht keine andere Stelle finde – keine Stelle als Hausdame. Und was soll ich denn sonst tun?«
    Die Frage wurde mit unwillentlichem Pathos gestellt. Susan schämte sich ein wenig, denn erst jetzt wurde ihr die Verzweiflung dieser durch und durch redlichen Frau bewusst, deren Existenz von den Launen und Grillen ihrer Arbeitgeber abhing. Außerdem hatte Miss Gilchrist mit ihrer Befürchtung keineswegs Unrecht. Wenn man es vermeiden konnte, würde man keine Hausdame anstellen, die – wenn auch völlig schuldlos – in einen Mordfall verstrickt war.
    »Aber wenn sie den Täter finden…«, sagte Susan.
    »Dann ist es natürlich kein Problem. Aber werden sie ihn wirklich finden? Ich glaube, die Polizei tappt völlig im Dunkeln. Und wenn sie ihn nicht finden… dann bin ich – vielleicht nicht gerade die Person, die am meisten in Betracht kommt, aber doch immerhin in Betracht.«
    Susan nickte nachdenklich. Es stimmte zwar, dass Miss Gilchrist aus Cora Lansquenets Tod keinen Vorteil zog – aber wer sollte das schon wissen? Außerdem hörte man so viele Geschichten – hässliche Geschichten – über die Ranküne zwischen Frauen, die zusammen lebten – Ranküne, die in einem plötzlichen Gewaltausbruch mündete. Jemand, der die beiden nicht gekannt hatte, könnte glauben, dass es bei Cora Lansquenet und Miss Gilchrist ähnlich gewesen

Weitere Kostenlose Bücher